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Tyler

Es klingelte. Ich hörte wie meine Mutter die Tür öffnete und jemanden begrüßte. Ein paar Augenblicke später klopfte es an meiner Zimmertür.
"Herein?"
Die Tür öffnete sich und da stand Josh. Ich hatte mit jedem außer Josh gerechnet. Er hatte den Kontakt zu mir abgebrochen. Wir hatten nicht mal geschrieben, was mir schwer zugesetzt hatte, und jetzt stand er dort in meinem Zimmer.
Ich lag auf meinem Bett und musste ziemlich gammelig aussehen. Ich musterte ihn. Er hatte geweint. Wieso?
"H-hey." stotterte er. Moment, Josh stotterte so gut wie nie!
"Hey?"sagte ich unsicher.
"Ich...ich hab deine ähm CD bekommen."sagte, nein flüsterte er.
Er hatte sie gehört. Wenn er mich so gut kannte, wie ich es annahm, hatte er die Bedeutungen hinter den Texten gehört.
"I-ich... sind die... sind deine Lieder über, über mich?"fragte er vorsichtig.
Ich nickte stumm. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Plötzlich war er mit einigen großen Schritten bei mir und kniete sich vor mich auf den Boden. Unsere Gesichter trennten nur noch Zentimeter voneinander und ich musste schlucken.
"Was fühlst du?"flüsterte Josh, von neuem Selbstbewusstsein erfüllt. Ich sah ihm in die Augen und mein Blick wanderte unwillkürlich zu seinen Lippen. Und ohne, dass ich es bemerkt hatte, hatte ich den Abstand überbrückt und küsste ihn.
Zuerst war der Kuss zart und unsicher, doch er wurde schnell Leidenschaftlicher. Wie oft hatte ich mir ausgemalt, wie sich Joshs Lippen auf meinen Anfühlen würden. Wie oft, hatte ich mir gewünscht, ihn so zu küssen. Wie oft, hatte ich mir diese Szene im Kopf ausgemalt. Doch das alles jetzt, in der Wirklichkeit zu fühlen, war atemberaubend. Ich ließ mich in den Kuss fallen und konzentrierte mich nur noch auf Josh. Auf seine Lippen die sanft auf meinen lagen, seinen Atem auf meiner Haut und seine Hände an meinen Wangen. Sanft strich er mit der Zunge über meine Unterlippe. Ich keuchte in den Kuss hinein und öffnete meine Lippen. Zaghaft, umspielte seine Zungenspitze meine und erkundete meinen Mund. Was zunächst unschuldig begonnen hatte, wurde nun immer hitziger. Josh war mittlerweile zu mir aufs Bett gestiegen, oder viel mehr, auf mich. Ich fuhr mit den Händen seinen starken Rücken entlang, erkundete seinen Körper und er tat das selbe. Es war so schön was er tat, dass ich mich unwillkürlich fragte, ob er das schon mal getan hatte und da wurde es mir schlagartig bewusst. Ja, er hatte es schon getan, mit meiner kleinen Schwester.
Schwer Atmend löste ich mich von ihm. Ich konnte das nicht. Noch nicht. Ich hatte nicht mal gewusst, dass Josh so empfand wie ich und jetzt lagen wir auf meinem Bett und knutschten herum als wäre es das normalste der Welt.
"Josh ich... ich bin noch nicht soweit. Du... du hast dich... gerade erst von meiner Schwester getrennt u-und ich wusste nicht mal, dass du so für mich empfindest. Versteh das jetzt bitte nicht falsch ich, ich brauche einfach nur ein bisschen Zeit, um das alles zu verarbeiten."
Er rollte sich von mir herunter und stand auf. Traurig sah er mich an.
"In Ordnung. Aber... bitte, ich bin immer noch dein Freund. Wenn dich... irgendwas belastet kannst du mit mir reden. Daran hat sich nichts geändert." Und mit diesen Worten, verließ er mein Zimmer.

Josh

Ich musste mich beherrschen nicht in Tränen auszubrechen. Ich verstand warum er Zeit brauchte, doch das machte es nicht weniger Schmerzhaft. Schnell verließ ich sein Haus und rannte in den Wald.
Warum hatten wir uns eigentlich geküsst? Ich wollte doch einfach nur mit ihm reden. Ihm alles erklären und hoffen, dass er es verstand. Doch ich hatte mich von meinen Gefühlen steuern lassen, hatte die Kontrolle über mich verloren. Wahrscheinlich hatte ich ihn damit verschreckt. Womöglich hatte ich seine Zeichen auch falsch gedeutet und er liebte mich überhaupt nicht. Ich war noch verwirrter als vorher. Ich fühlte mich verloren in meinen Gefühlen. Es war wie ein Knoten aus vielen verschiedenen Seilen. Sie alle gehörten zu einem bestimmten Wollknäuel, doch in dem Knoten hatte ich keine Chance sie zu entwirren oder gar zuzuordnen.
Ja, das waren meine Gefühle. Ein großer Knoten, der in meinem Hals steckte und sich nicht entwirren ließ.
Ich schluchzte. Mist. Ich wollte doch nicht weinen.
Okay, ein Seil hatte ich frei bekommen. Auf die grobe Art. Es gehörte zu dem Liebeskummer-Wollknäuel. Und damit war auch ein anderes Seil frei gekommen. Diese jedoch gehörte in das Liebe-Knäuel. Und da war noch eins. Dieses konnte ich dem Demütigungs-Knäuel zuordnen.
Mittlerweile war ich so weit in den Wald gerannt, dass ich nicht mehr wusste wo ich war. Ich hatte nicht auf den Weg geachtet. Das war mir noch nie passiert, doch es gibt immer ein erstes Mal, oder? Erschöpft ließ ich mich gegen einen Baumstamm sinken. So langsam verstand ich Tyler zumindest ein bisschen. Ich fühlte mich verloren und ungeliebt. Wobei, er hatte nie gesagt, dass er mich nicht liebte, aber auch nicht, das er mich liebte. Ich war soo verunsichert. Nichts schien mehr sinn zu machen. Wieder begann die Tränen, in heißen Strömen über mein Gesicht zu fließen. Lange Zeit saß ich einfach nur da und weinte. Irgendwann wurde ich müde und schlief ein. Es war unbequem, doch ich war viel zu erschöpft um mir den Weg zurück nach hause zu suchen.
Und so sackte ich, in einen unruhigen, schmerzfreien Schlaf.

Holding On To You [Joshler]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt