Kings of New York

Kapitel 6

Ein lautes Hämmern lässt mich aufwachen. Es dauert einen kurzen Moment bis ich weiß, woher das Hämmern kommt.

»Schwesterchen! Aufstehen! Heut ist ein großartiger Tag!«

»Man! Verpiss dich Liam! Ich bin tot müde!«, keife ich durch die geschlossene Tür.

Anscheinend war ich nicht sonderlich überzeugend. Liam öffnet die Tür und lässt sich auf mein Bett plumpsen. Er sieht wirklich ziemlich gut aus. Er ist groß und trainiert. Hat ähnlich dunkelblondes Haar wie ich und hübsche blaue Augen. Kein Wunder, dass so viele Mädels auf ihn abfahren. Etwas Festes will er aber nicht. Er meint immer, er muss sich auf das College konzentrieren. Für Liam sind die Regeln seitdem er auf dem College ist wie weggeblasen. Er kann machen was er will. Vorausgesetzt es gibt keine schlechte PR...

»Los, steh auf! Ich brauche deine Hilfe«

»Wofür?«, knurre ich und vergrabe meinen Kopf unter meinem Kissen.

»Ich will jemanden bestimmten einladen. Du musst mir dabei helfen.«

»Wenn es um eine Eroberung geht – vergiss es!«

Liam fässt unter die Bettdecke und beginnt mich zu kitzeln. Boah... und das am Morgen. Ich könnte gerade richtig ausrasten. Es ist Samstag und somit Zeit zum Ausschlafen.

»Man, Liam! Lass das!«, knurre ich.

Er legt einen kurzen Kitzel-Stopp ein. »Aber nur, wenn du mir hilfst.«

»Ok...Um wen geht's?«

»Ich möchte, dass du arrangierst, dass Ava Hobbs heute Abend kommt.«

»Was willst du von ihr?«, zische ich. Ava ist eines der liebsten Mädchen auf der Windsor High und ich habe keine Bock Liam bei seinen Eroberungsspielen zu helfen. Ich will nicht für gebrochene Herzen verantwortlich sein.

Ava hat von Natur aus rötliche Haare. Sehr lange und diese trägt sie meistens gelockt. Sie ist in meinem Cheerleader-Team und wirklich ein süßes Mädchen. Verdammt, ich will meine Mädchen beschützen.

»Lass das mal meine Sorge sein...«, grummelt Liam zurück.

»Sag schon! Sonst kannst du es gleich vergessen« Liam scheint einen Moment lang zu überlegen, bis er vermutlich mit einer Halbwahrheit ankommt.

»Sie würde gut zu Cole passen... Er braucht jemanden!«

»Cole?«, stottere ich. Cole ist noch ein schlimmerer Frauenheld als Liam und er sucht sicher nichts Festes. Er ist Liams bester Freund und der große Bruder von Taylor. Liam und Cole studieren zusammen Recht an der NYU und sind seit Studienbeginn „Best-Buddies".

»Ja Cole! Machst du es oder nicht?«

»Nur für die Party, klar? Und Zoe und ich kommen ohne Murren von Dir rein!«

»Na also, geht doch Schwesterchen.« Zufrieden steht Liam auf und geht in Richtung Flur, ehe er sich nochmal umdreht »Dir könnte auch mal jemand was Gutes tun. Dann wirst du vielleichtmal etwas entspannter« Liam zwinkert mir zu und verlässt mein Zimmer.

Ich weiß genau, dass er das nicht so meint. Er würde jeden Typen der mir zu nahe kommt erstmal durch das FBI überprüfen lassen – gefühlt zumindest.

Grummelnd krieche ich aus meinem Bett und greife zu meinem Handy. Schnell checke ich die Nachrichten und finde dabei eine von Zoe:

Hi,

tut mir leiden wegen gestern!

Sehen wir uns heute Abend? Sean und ich holen dich um 23 Uhr ab.
XX, Z

Mir fällt ein Stein vom Herzen. Was nicht bedeutet, dass ich das mit meinem Vater nicht mehr besprechen werde. Aber immerhin sind wir uns wieder grün.

Auf der Upper East Side gibt es eine goldene Regel: Komm niemals zu früh zu einer Party. 23 Uhr ist in unseren Kreisen also schon ziemlich früh. Aber ich werde jetzt keinen Zoff riskieren, also antworte ich fix, dass alles klar geht und ich mich heute Vormittag noch um ein Kleid kümmern werde.

Dann rufe ich, wie von Liam befohlen, Ava an und lade sie zu der Party ein. Sie ist völlig aus dem Häuschen und fragt, ob sie noch jemanden mitbringen kann, was ich bejahe.

»Schick mir einfach den Namen deiner Freundin über den Messenger. Bis später.«, flöte ich in den Hörer. Oh man, manchmal hat es auch Vorteile die Leiterin des Cheerleader-Teams und der Tanzgruppe zu sein. Und nicht zu vergessen: Die Tochter des Senators.

Schnell tippe ich eine Nachricht an Liam, das alles geklappt hat und er Ava und eine gewisse Jamie Young, die ich nicht kenne, auf die Gästeliste setzen soll.

Als Antwort kommt nur:
Saubere Arbeit, Sis!
Bis später!

Noch im Schlafanzug flitze ich die Treppe hinunter und hole mir mein Frühstück aus dem Kühlschrank. Lilly, unsere Haushälterin hat das Frühstück bereits vorbereitet. Sie ist ein wahrer Engel. Auf sie könnte meine Familie niemals verzichten.

Mein Vollkornsandwich noch kauend, flitze ich die Treppe wieder hoch, um mich für meinen Stadtbummel zurecht zu machen. Ich schlüpfe in eine schwarze Röhrenjeans und einen dunkelroten Kaschmir Pullover mit V-Ausschnitt. Passend dazu trage ich meine neuen Over-Knee-Stiefel und meine schwarze Prada Handtasche. Meine blonden Haare habe ich zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ich hasse mein Leben nicht immer. Wenn ich zum Beispiel alleine shoppen gehen darf, ist das eigentlich ziemlich super. Niemand der mich nervt!