Kapitel 28

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»Fräulein! Du wartest. Der Direktor deiner Schule hat heute angerufen«, bringt Mom wütend hervor. Oh – verdammt. Diese Labertasche. Gerade dachte ich, dass ich mich ausnahmsweise mal davonschleichen kann, doch daraus wird anscheinend nichts. Langsam drehe ich mich zu meiner Mom um und schaue sie verlegen an. Ihr Gesicht zeigt Enttäuschung.

»Du bist im Unterricht eingeschlafen. Und du hast gestern nicht Bescheid gesagt. Was ist nur los mit dir?«, bohrt sie nach.

»Ich konnte einfach nicht einschlafen. Kommt nicht wieder vor, Mom.«

»Das stimmt. Unter der Woche schläfst du nicht mehr bei Zoe. Hausarrest, Fräulein«

»Aber...«

»Kein Aber! Sei froh, dass ich deinem Dad nichts davon erzähle.«

»Tust du nicht?«, frage ich verwundert nach.

»Nein. Geh jetzt hoch. Du brauchst heute nicht mehr runter kommen. Schlaf dich aus«

Geknickt gehe ich hinauf in mein Zimmer. Super. Der Tag kann nicht besser laufen. Ich frage mich wirklich, was mein Ziel von dieser Aktion hier sein soll. Dates mit Kielan King und Einschlafen in der Schule. Das bin nicht ich. Oder vielmehr war ich das bisher nicht. Und durch Kielan steigt ja auch kein Mensch durch. Er ist in irgendwas verwickelt und ich bin mir nicht so sicher, ob ich das alles so genau wissen will. Seine magische Anziehungskraft, macht es jedoch wirklich schwer auf Abstand zu gehen. Und vor allem wenn er vor mir steht, kann ich nicht nein sagen. Der Abend gestern war wirklich lustig. Ich war abgelenkt und hatte mal wieder so richtig Spaß. Der gestrige Kielan gefiel mir gut. Aber dann verschwindet er wieder und macht Dinge, die ich einfach nicht nachvollziehen kann.

Seit einer Woche habe ich nun nichts mehr von ihm gehört. Ich bin wieder in die Rolle der braven Tochter geschlüpft und war jeden Tag pünktlich zu Hause. Meine Mom hat sich wieder beruhigt und auch in der Schule lief es diese Woche wieder besser. Die letzten Tage habe ich mir eingeredet, dass dieses Stillschweigen absolut gut ist und nur der einzige Weg. Trotzdem werde ich nachts in meinen Träumen immer an ihn erinnert. Ich träume davon frei zu sein und mit ihm durchzubrennen. Meistens wache ich dann schweißgebadet auf und bekomme regelrechte Beklemmungen. Warum zum Teufel träume ich sowas?

Heute Abend naht der für alle so lang ersehnte Herbstball. Ich muss mit Taylor Daniels hingehen und habe eigentlich gar keine Lust. Meine Mom hingegen plant schon das Foto vor dem Kaminsims und ich aufgeregter als ich. Sie hat sich ernsthaft eingeredet, dass da etwas läuft. Derzeit weiß ich absolut nicht, wie ich aus der Nummer wieder rauskommen soll.

Frisch geduscht trete ich aus der Dusche und höre mein Handy auf dem Nachtschrank summen. Schnell springe ich auf mein Handy zu und entdecke drei ungelesene Nachrichten:

Unbekannt – 17:01 Uhr
Heute ist Herbstball, oder?

Unbekannt – 17:02 Uhr

Habe gehört du gehst mit Daniels Junior.

Unbekannt – 17:03 Uhr
Das passt mir nicht.
KK

Das ist ja mehr als frech. Er meldet sich eine halbe Ewigkeit nicht, um mir dann Vorschriften zu machen. Kurz überlege ich, wie und ob ich darauf reagieren sollte, aber entscheide mich dann dafür ihn mit Stillschweigen zu strafen.

In der Zeit in der ich mich umziehe und meine Haare mache, piept das Handy weitere zweimal. Man ey, der Typ ist hartnäckig.

Unbekannt – 17:10 Uhr
Letzte Chance, Allie. Sonst sage ich für dich ab.

Unbekannt – 17:16 Uhr
Okay, Chance vertan.

Was zum Teufel hat er vor... Ich kann ihm ja nicht mal antworten, da er von unbekannt schreibt. Dies fällt mir erst jetzt ein. Das muss ihm doch auch klar sein...

In zehn Minuten wollte Taylor hier sein, nervös steige ich die Treppen runter und werde bereits von Mom erwartet.

»Toll siehst du aus, Schatz! Wann kommt Taylor?«

»So in den nächsten Minuten, denke ich!«

Freudig klatscht Mom in die Hände: »Ich freue mich so für dich. Ein richtiges Date!«

Genervt rolle ich mit den Augen. »Du weißt schon, dass das unsere Väter arrangiert haben?«

Mom tut so als würde sie davon gar nichts mitkriegen und spielt weiter an ihrer Kamera rum.

Der Fahrstuhl piept und deutet an, dass jemand dabei ist hinauf zu fahren. Gott sei Dank. Taylor hat es geschafft...

Doch als die Fahrstuhltür wenige Sekunden später aufspringt erstarre ich. Dort steht Kielan im Smoking. Ich beobachte sofort die Reaktion von Mom die sichtlich verwundert guckt.

»Guten Abend. Mein Name ist Kielan Smith – ich soll Mrs. McKenzie zum Herbstball fahren. Mr. Daniels erwartet Sie bereits«

Mom's Gesicht fällt in sich zusammen. Sie scheint enttäuscht, nimmt dem Herren die Lüge jedoch ab.

»Schade, ich hatte mich so auf ein Foto gefreut. Na dann. Allie viel Spaß und komm wieder heile nach Hause. Ich erwarte mindestens ein Foto vom Ball«, sagt sie und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Völlig perplex steige ich in den Fahrstuhl ein. Kielan drückt den Knopf für das Erdgeschoss und die Türen schließen sich. Ich verliere keine Zeit und wettere sofort los: »Kielan, was soll der Mist? Wo ist Taylor?«

Kielan schmunzelt und schaut an meinem rosa Kleid herab. Es scheint ihm zu gefallen, denn seine Augen verdunkeln sich.

»Ich habe dir doch gesagt, was ich davon halte«

»Ja, und? Ich konnte Dir ja nicht mal antworten. Du schreibst ja immer von Unbekannt«

Selbstsicher grinst er mich an. »Ich weiß... Das hat seine Gründe«

»Ich habe eine Woche nichts von dir gehört. Dann polterst du auf einmal los und versaust mir meinen Abend. Das kann doch nicht dein ernst sein«

Der Fahrstuhl kommt im Erdgeschoss zum Stehen und die Türen öffnen sich. Wir gehen aus direkt auf den Ausgang zu. Mr. Donovan grinst mich vielversprechend an, ich reagiere jedoch nicht darauf. Vor dem Gebäude parkt eine schwarze Limousine. Zuerst gleitet Kielan auf den Sitz und ich folge ihm.

Noch immer völlig verwirrt sitze ich nun neben Kielan auf der Rückbank. Von seinem Verhalten bekommt man ein Schleudertrauma.

»Ich hoffe Taylor ist nicht verunglückt«, sage ich scherzend, meine es jedoch auch irgendwo ernst. Kielan grinst wieder.

»Ich kann sehr überzeugend sein, Allie«

Ich schnaufe verächtlich. »Wohin fahren wir?«

»Na zum Herbstball«

»WAS?«, kreische ich leicht hysterisch. »Aber die kennen dich doch alle. Meine Eltern...«

»Entspann dich doch mal. Mit dem Daniels Jungen wolltest du doch eh nicht hin. Deine Eltern kriegen das nicht raus. Lehn dich zurück und genieß den Abend«

»Ha! Ich habe ja gar keine Wahl. Ich wurde entführt«

»Quatsch!« Jetzt lacht er lauthals.

Da ich gar keine andere Wahl habe und es auch nicht allzu schlimm finde, mit einem so hübschen Mann in einer Limousine zum Herbstball zu fahren, gebe ich schließlich ruhe und versuche mich auf die neue Situation einzustellen.

Abschalten & genießen – jetzt ist eh alles egal.

Kings of New YorkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt