Kapitel 22

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Unauffällig versuche ich die dunkle Abstellkammer zu verlassen und halte nach ihm Ausschau. Doch er ist weg. Ich begebe mich zur Damentoilette, was von Anfang an mein Vorhaben war und hoffe, dass mich dabei niemand gesehen hat.

Als ich die Tür öffne, herrscht reges Treiben. Bei so einer großen Gala müssen sich die Damen natürlich des Öfteren wieder zurecht machen. So sind im Gegensatz zu normalen Toiletten hier nicht die eigentlichen Klos besetzt, sondern die Waschtische. Schmunzelnd gehe ich auf die Toilette, um danach mein Spiegelbild zu überprüfen. Bis auf meine leicht rot gefärbten Wangen, sieht trotz meiner kleinen Entführung, alles prima aus.

»Du strahlst ja so«, sagt eine bekannte Damenstimme am Waschtisch neben mir. Ich schaue zu ihr herüber. Es ist Catherine die gerade ihre Pink geschminkten Lippen mit einem Lippenstift nachzieht. Ohne etwas zu sagen starre ich Sie weiter an. Ich bewundere sie. Sie ist groß, schlank und wunderschön. Bekommt nicht ständig von ihren Eltern gesagt was sie tun soll, sie macht einfach was sie möchte und ist dabei glücklich. Beneidenswert.

»Du hast Kielan getroffen, richtig?«, bohrt sie weiter nach. Erschrocken weiten sich meine Augen. Woher weiß sie denn davon?

»Äh...«, stottere ich.

»Man dieser Mistkerl! Er weiß genau, dass ich etwas mit ihm besprechen wollte. Wo ist er?«

»Er musste wieder los. Seine Lippe hat geblutet. Was ist da los bei euch?« Verwundert sieht sie mich an.

»Ach Häschen. Lass mir dir einen Tipp geben. Du als Tochter des Senators solltest dich nicht mit Kielan zeigen. Das wird nur kompliziert für euch. Ich sage, dass nicht weil ich dich nicht mag oder so... Ich sage dir das als Freundin. Dein Dad würde es niemals dulden. Und Kielan? Er hat gar keine Zeit für eine Freundin. Er ist so stark eingebunden. Es mag nicht so aussehen, aber unsere Familie hat den falschen Beruf gewählt. In dieser Welt wirst du nicht glücklich«

Ohne dass ich ein weiteres Wort sagen kann, wirft sie mir ein letztes Lächeln zu und verlässt die Toilette. Genau das habe ich mir ja selbst auch schon gesagt. Ich kann keinen weiteren Kontakt zulassen. Aus die Maus.

»Erzähl mir bitte das in der Abstellkammer nochmal«, drängelt Zoe als wir auf dem Weg in die Mensa sind. Die ersten Stunden haben wir heute schon hinter uns gebracht. Das ganze Wochenende habe ich verzweifelt über die Situation mit Kielan nachgedacht und es für gut befunden, dass er mir nicht mehr geschrieben hat.

»Warum?«, stöhne ich.

»Es ist so romantisch!«

»Deine Art von Romantik verstehe ich nicht«, grummle ich. Ich hab keine Lust erneut von der Gala zu erzählen. Ich muss in den Verdrängungsmodus.

»Hast du schon ein Kleid für den Herbstball? Der ist nächste Woche. Sonst sind die guten Kleider bald aus«

»Shit. Hab ich total vergessen. Ich muss ja Alibi-mäßig mit Taylor gehen. Das wird super«, spotte ich und rolle dabei mit meinen Augen.

»Lass uns heute ein Kleid besorgen?«

»Warum eigentlich nicht...«

»Abgemacht!«

Das Essen schmeckt mir heute überhaupt nicht und ich stochere genervt in meinem Salat rum.

»Na Babe? Was geht?«, ruft Ash der gerade zur Tür herein gekommen ist.

»Nix, Ash! Und bei dir? Und nenn mich nicht Babe«, meckere ich direkt los.

»Dies und das... «, sagt er und legt seine Hand auf dabei auf den Tisch. Sofort ist meine Aufmerksamkeit geweckt, denn ich entdecke, das sie ganz blau und dick ist.

»Scheiße, Ash! Was hast du mit deiner Hand gemacht?«, frage ich schockiert.

»Nur ne kleine Prüglei. Brauchst dich nicht um mich zu Sorgen«, sagt er und zwinkert mir spielerisch zu.

»Seit wann tust du sowas?«

»Das machen Jungs schon mal«, mischt sich Zoe ein und ich werfe ihr einen zornigen Blick zu. Ich habe manchmal das Gefühl ich muss hier auf alle aufpassen. Wie so ein barmherziger Samariter...

»Naja... ich weiß ja nicht was mit Euch ist, aber ich muss zur nächsten Stunde. Bis später!«, sage ich und wende mich ab.

Als ich nach der letzte Stunde den Parkplatz betrete sehe ich dort Kielans Mustang stehen. Er fällt mir sofort ins Auge, da er so auffällig ist. Sofort rutscht mir mein Herz in die Hose und ich suche den Parkplatz nach ihm ab. Jedoch ist er nicht in Sicht.

»Allie?«, höre ich eine Stimme hinter mir und ich werde direkt nervös. Ich weiß genau, dass er es ist.

Langsam drehe ich mich um und schaue ihn an. Ein Grinsen breitet sich auf seiner verkrusteten Lippe aus und ich bin sofort wieder gefangen.

»Hi, was machst du hier?«, frage ich neugierig.

»Ach ich hatte noch was zu klären.«

»Kielan du... du kannst mich wirklich nicht immer einfach so Küssen und wegschnappen wenn es dir passt«, platzt es aus mir heraus.

Verwundert und zugleich belustigt grinst er mich an. »Ach nein?« Jetzt kommt er weiter auf mich zu und ich spüre direkt, wie meine Beine zu Pudding werden.

»Ähh... ne!«, stottere ich – sehr überzeugend.

»Ich glaube das meinst du nicht so«

»Du hast mich am Samstag versetzt«, pricke ich ihn erneut.

»Nö, ich hab ja Bescheid gesagt, dass ich verhindert bin. Also nicht ganz«

»Argh!«, stöhne ich und will mich zum Gehen abwenden.

»Allie, warte!«

»Warum sollte ich?«, frage ich zunehmend genervter.

»Ich wollte dich fragen, ob du mich heute Abend zu einer Party begleitest?«

»Ja klar! NEIN MAN! Ich weiß ja nicht was du den ganzen Tag treibst, aber ich habe morgen Schule! Und außerdem will ich gar nichts mehr mit dir machen«

»Ach wirklich?«

Na toll - jetzt denkt er sicher ich bin eine richtige Spießerbraut. Aber ich kann mich nicht schon wieder auf ihn einlassen.

»Lass dich doch mal auf was Neues ein.«

»Warum sollte ich? Mir gefällt mein Leben«, lüge ich. Er muss ja nicht sofort wissen wie verkorkst meine Familie ist. Jetzt lacht er laut los.

»Allie du bist eine kleine Prinzessin mit Rennfahrerkünsten. Du musst deine Schuld begleichen. Heute auf der Party. Du und ich.«

Wütend gifte ich ihn mit meinen Blicken an. Wie soll ich denn zu Hause rauskommen?

»Fein«, schnaube ich genervt. Vielleicht gibt er danach ja Ruhe? Oder habe ich doch vielleicht Lust mit ihm auszugehen?

»Ich hole dich ab. Um Zehn?«

»Ok, aber Hinterausgang. Ich darf nicht mehr so spät raus...« Ich mache mich hier echt zum Obst der Woche. Ich darf nicht so spät raus? Allie du bist echt ein cooler Fang. Man ey! Reiß dich zusammen.

»Schon klar, bis dann!«, grinst er und geht zu seinem Mustang.

Als ich mich zu meinem Auto abwenden will hält er noch mal mit aufheulendem Auto neben mir. Jetzt trägt er eine schwarze Sonnebrille zu seiner Lederjacke und sieht mit seinen braunen wuscheligen Haaren unglaublich scharf aus.

»Ach und Prinzessin? Es wird keine High Society Party. Jeans reicht«

Dann fährt er vom Hof. Was denkt er denn vor mir? Das ich auf son Scheiß abfahre? Er kennt mich echt überhaupt nicht.

»WAS WAR DAS DENN?«, quiekt Zoe hinter mir.

»Eine Partyeinladung von Kielan King. Ich habe total souverän angenommen«, behaupte ich leicht grinsend.

»Hast du nicht. Du hast dich erst zum Obst gemacht und er musste dich überreden, wetten?«

»Woher weißt du das denn immer?«, meckere ich und haue ihr dabei mit den Fäusten leicht auf den Rücken.

»Weil ich dich kenne... Deswegen!«

Kings of New YorkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt