Kapitel 15

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»Was ist los mit dir? Du bist so still. Wer war das eben?«, platzt es nach fünf Minuten Schweigen im Auto aus Zoe heraus. Kacke. Ich wusste Sie würde mich darauf ansprechen. Wie soll ich ihr das nur beichten? Sie wird mich für total bescheuert halten. Ja ok... es ist total waghalsig, aber mein unerschüttlicher Kampfgeist wurde geweckt. Da konnte ich nicht anders, als voll in die Offensive zu springen.

»Äh...Ok! Ich werde es dir beichten. Aber du darfst erstens nicht ausflippen und zweitens es nicht meinen Eltern beichten«

»Ja!«, grummelt Zoe genervt und verdreht dabei die Augen. »Sag schon!«

»Ich habe dir doch neulich von dem kleinen Rennen erzählt...«, fange ich an zu erzählen und hoffe auf ein kurzes Nicken ihrerseits.

»Allie... Los! Ja du hast davon erzählt.«

»Das eben war der Fahrer. Der Bruder von«, weiter komme ich nicht, denn Zoe unterbricht mich ungeduldig.

»Nick King. Ich weiß, wer das ist. Komm zum Wichtigen!«, drängelt sie und rutscht dabei unruhig auf dem Beifahrer hin und her.

»King? «, frage ich verwundert, fahre jedoch fort, da Zoe immer nervöser wird. »Er hat nach mir gesucht. Wollte den Fahrer des Porsches finden. Ich habe wohl einen beachtlichen Eindruck hinterlassen, als ich mich auf das Spiel eingelassen habe. Nun ja und er hat mich herausgefordert.«

»Wie? Herausgefordert? Zu was?«

»Zu einem Autorennen am Freitag«

Zoe's Augen weiten sich: »Spinnst du? Das wirst du nicht tun! So kenn ich dich gar nicht. Wieso lässt du dich auf sowas ein?«, frustriert faltet sie ihre Hände zusammen und beginnt sie im Schoß zu kneten.

»Ach, das wird halb so wild. Er hat mich provoziert. Ich musste einfach annehmen. Ein Fahrer ist ausgefallen und ich bin der Ersatz. Ganz einfach. Einmalige Geschichte«, versuche ich mich zu erklären. Aber wenn ich ehrlich bin, ist das nicht zu erklären. Das ist total dumm von mir gewesen. Mein Stolz ist jedoch viel zu groß, als dass ich jetzt absagen würde. Also muss ich da durch. Koste es was es wolle...

Zoe atmet angestrengt aus, als hätte sie die ganze Zeit über die Luft angehalten. Jetzt sieht sie besorgt aus und lässt ihre Schultern hängen.

»Ich komme mit und passe auf, kapiert?«, stellt sie plötzlich klar.

»Nein. Das wäre fahrlässig wenn ich das zulassen würde. Die Antwort lautet: Nein!«

»Als hättest du die Wahl«, lacht sie spöttisch. »Was sagst du denn deinen Eltern wo du auf einem Freitagabend hin willst?«

Ich grummle. Zoe weiß ganz genau, dass sie meine einzige mögliche Ausrede ist. Mein einziges Alibi, was ich haben könnte. Ich gehe eher selten aus und das wissen meine Eltern ganz genau.

»Ich nehme an, dein Grummeln bedeutet ja?«, grinst sie nun triumphierend.

»Ja! Das ist Erpressung!«

»Ja! Aber ich werde dich beschützen und auf dich aufpassen. Du kannst mich hier rauslassen, Allie. Ich muss noch schnell in den Supermarkt.«

»Alles klar. Danke Zoe«, sage ich als ich rechts ran fahre um sie aussteigen zu lassen.

»Tun das beste Freunde nicht so? Morgen bringt mich Dad. Sehen wir uns dann in der Schule?«

»Alles klar. Ciao«, sage ich und Zoe lässt die Tür sachte zufallen. Das konnte ich ihr nämlich schon anerziehen. Mein Auto ist kein Panzer. Hier werden keine Türen geknallt.

Nick ist also ein King. Etwa der Bruder von Catherine King und Kielan King? Das wäre ja... ich weiß gar nicht wie ich das finden soll. Die Sache im Tesoro kommt mir in den Kopf und ich erinnere mich nur zu gut an Mom's Reaktion auf die Kings: pure Verachtung.

Als ich die Treppe hinunter schlendere, duftet es unten schon wunderbar nach dem Abendessen. Ich weiß nicht genau, was Mom heute genau gekocht hat, aber ich freue mich, dass sie es mal wieder tut. Heute war mein einzig freier Tag, den ich nach der Schule von meinem Bett aus genossen habe. Morgen ist schon wieder Cheerleader-Training angesagt und darauf ist die Tanzgruppe dran. Ach und da wäre noch ein Rennen am Freitag. Mist.

Der Ruf meiner Mom reißt mich aus meinen Gedanken: »Essen! Allie kommst du?«

»Bin schon hier, Mom!«

Natürlich habe ich keine Jogginghose an, denn mein Dad mag es nicht, wenn man tagsüber in so einem Look durch die Wohnung läuft.

»Was gibt es denn?«, frage ich neugierig und schaue Mom über die Schulter.

»Ich habe mal wieder einen leckeren Schweinebraten zubereitet. Irgendwie war mir danach.«

»Soll ich noch etwas helfen?«, erkundige ich mich zuvorkommend. Genau dieses Verhalten wird nämlich auch stets erwartet.

»Nimm nur die Kartoffeln schon mit in den Salon. Dein Vater ist sicher schon drüben«

Glücklicherweise verläuft das Essen relativ ruhig und ich kann den leckeren Schweinebraten ausnahmsweise mal genießen. Gerade schießt mir der Gedanke in den Kopf, dass ich mit meinem Vater noch das Thema mit der Übernahme der Tanzgruppe ausdiskutieren wollte und ich setze direkt an, damit ich es nicht erneut verschiebe: »Dad, das mit der Tanzgruppe fand ich nicht gut. Das war Zoe gegenüber nicht fair«, stammle ich etwas nervös. Ich bin immer nervös, wenn ich mich gegen ihn behaupten möchte. Verlegen stochere ich in meinem Essen rum.

»Allie das ist für deine Karriere wichtig. Wenn du in die Politik willst, brauchst du diese ehrenamtlichen Tätigkeiten. Versteh das doch. Die Karriere ist wichtiger als eine High-School Freundschaft«, stellt er kühl dar.

»Und was ist, wenn ich gar nicht in die Politik will?«, platzt es aus mir heraus.

»Ha!«, mein Dad lacht künstlich auf. »Natürlich willst du das. Das war doch schon immer dein Traum. Das sagst du nur, weil du jetzt wütend bist.«

»Nein! Das war nie mein Traum um ehrlich zu sein«

»Allie. Jetzt ist kein Zeitpunkt für eine Diskussion. Es war immer klar, dass du in die Politik gehst.«

»Ja, für dich vielleicht, Dad! Aber für mich nicht. Hör mir doch einmal zu. Was will ich denn? Weißt du das überhaupt?«, flüstere ich. Meine Stimme zittert bereits und ich muss aufpassen nicht gleich loszuheulen.

»Das spielt keine Rolle. Wir sehen dich in der Politik. Das ist das Wichtigste. Dir steht eine tolle Karriere bevor, meine Kleine«

Wütend stoße ich mich vom Tisch ab, sodass der Stuhl lautstark über den Boden rutscht. »Werde ich nicht! Mir ist der Appetit vergangen. Schönen Abend noch.«

»Setz dich wieder!«, ermahnt mich mein Dad. Ich muss zugeben, dass ich kurz überlege...

»Nein!«, antworte ich nun etwas lauter und bestimmter.

»Mein liebes Fräulein. Du legst es darauf an. Zum letzten Mal. Setz dich. Wir sind hier noch nicht fertig«, knirscht er.

»Nein. Tschüss!«, provoziere ich ihn weiter.

Ich kann gar nicht so schnell gucken, wie mein Vater von seinem Stuhl aufspringt auf mich zukommt und mir eine schallende Ohrfeige verpasst. Schockiert starre ich ihn an. Lautlos beginnen die Tränen meine Augen zu füllen und über meine Wangen zu laufen. Meine Hand ruht auf meiner pochenden Wange. Im Augenwinkel konnte ich wahrnehmen, wie Mom zusammengezuckt ist. Jetzt schaut sie jedoch nur still auf ihr Essen. Feiglinge!

»So ein Verhalten dulde ich nicht, Allie! Mein Haus. Meine Regeln. Setz dich und keine weitere Diskussion!«, sagt er streng und ich setze mich resigniert auf meinen Stuhl.

Das ist ihm noch nie passiert. Er hat noch nie seine Hand erhoben. Er kann mich mal. Wütend starre ich auf den vollen Teller. Ich kriege keinen Bissen runter. Im Gegenteil, ich schlucke meine Tränen herunter und zeige mich von meiner starken Seite.

Ich halte durch, bis alle aufgegessen haben und eile dann direkt ohne ein weiteres Wort in mein Zimmer und knalle die Tür hinter mir zu.

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