Kielan
Gegenwart
Nervös knete ich meine Hände in meinem Schoß. Seit fast zwanzig Minuten warte ich schon vor Dad's geschlossener Bürotür. Er hat mich am frühen Morgen angerufen, als ich noch an meinem Lieblingsrückzugsort saß, und mich gebeten augenblicklich im Büro zu erscheinen. Mir ist klar, dass das hier absolut kein Freundschaftsbesuch wird. Das hat seine Stimme sofort deutlich gemacht. Für meine Nervosität ist auch die Tatsache nicht förderlich, dass ich die halbe Nacht draußen am Fluss verbracht habe, nachdem ich Allie nach dem Eishockey-spiel nach Hause gebracht habe. Meine Augen sind blutunterlaufen und meine Haare zerwühlt. Dabei hat mir auch das Wasser auf der Toilette nicht helfen können. Dad ist stinksauer. Er lässt mich mit Absicht hier seit einer Stunde schmoren. Ich frage mich wirklich worum es geht, denn ich bin mir keiner Schuld bewusst. Ungeduldig bewege ich mich durch sein Vorzimmer. Wie lange soll ich denn hier noch warten, ich weiß er will mich provozieren und leider schafft er es auch.
»Was machst du denn hier?«, murmelt mein Bruder, der soeben in der Tür zum Vorzimmer erschienen ist. »Ich wurde her zitiert. Du etwa auch?«, erkundige ich mich neugierig.
»Jepp«. Nick bestätigt seine Antwort zusätzlich mit einem kleinen Nicken. »Er hat verdammt schlecht Laune. Meinst du es geht um Jeff?« den zweiten Teil murmelt Nick deutlich leiser. »Ich habe keinen blassen Schimmer.«
Die schwarze Eichentür zu Dad's Büro öffnet sich. Einer seiner Lakaien tritt heraus und wirft und einen nickenden Hinweis zu, dass wir eintreten sollen. »Na dann mal los, nach dir, Bruder«, spottet Nick. Ich vermute, dass ihm die gute Laune gleich vergehen wird. Mattheo King steht uns mit dem Rücken zugewendet am Fenster und genießt den Ausblick aus seinem Büro. Wir befinden uns im 37sten Stockwerk eines spektakulär modernen Wolkenkratzers. Die ganze 37ste Etage gehört der Anwaltskanzlei meines Vaters. Sein Anzug ist heute anthrazitfarben und passt wie angegossen. Er ist eben ein gestandener Mann.
»Schön, dass ihr gekommen seid. Setzt euch«. Mattheo King fackelt nicht lang und kommt direkt zur Sache. Ich beobachte ihn, während er sich langsam zu uns umdreht. Er ist alt und kaputt. Man sieht ihm seine Erschöpfung an, allerdings nur wenn man ihn kennt. Für alle anderen steht er in der Blüte seines Lebens. Nick's Stuhl schabt über den Boden als er sich setzen will. Dafür erntet er direkt einen genervten Blick von meinem Vater, der sich anschließend ebenfalls auf den Stuhl hinter seinem Schreibtisch fallen lässt.
»Kommen wir gleich zur Sache. Kielan, du weißt, dass du meine Nachfolge antreten sollst. Ich weiß deine Bemühungen für die Familie sehr zu schätzen, aber deine privaten Angelegenheiten passen nicht da rein. Du wirst das beenden.«
Perplex starre ich ihn an »Was werde ich beenden?«, frage ich nach. Ein höhnisches Lachen dringt durch den Raum. »Kielan. Tu nicht so, du weißt wovon ich spreche. Die Tochter des Senators. Sie ist tabu. Lass die Finger von ihr.« Meine Wut pulsiert in meinen Adern und mein Zorn kocht hoch. »Sonst was?«
»Ach Kielan. Was soll das Spiel? Du kennst mich. Du weißt ich handle, wenn etwas nicht passiert wie ich es möchte. Muss ich dir das jetzt erklären?«
»Ja. Warum? Was geht dich das an?« Dad schnellt von seinem Stuhl hoch. »Vorsicht, Junge! Spann meine Geduld nicht auf die Folter. Die Gründe spielen keine Rolle. Aber du weißt, ich habe ein Arrangement mit dem Senator. Wenn herauskommt, dass du mit seiner Tochter was weiß ich was tust, dann hat das Konsequenzen.« Dad wendet sich wieder seinem Ausblick zu. »Danke. Kielan du kannst gehen. Nick, wir sprechen noch über die Sache mit Jeff.«Sofort öffnet der gleiche Mann von vorhin die Tür und deutet mir zu gehen. Ich könnte zerbrechen. Ich könnte alles kaputtschlagen. Aber ich muss schlau sein, diplomatisch. Wenn ich ihn provoziere, sind wir verloren.
Als ich einige Minuten später mit meinem Range Rover aus der Tiefgarage sause, weiß ich nicht wohin ich fahren soll, oder wie ich dieses Problem aus der Welt schaffen soll. Ich frage mich wie er davon erfahren hat. Allie und ich haben uns seit ihrer Rückkehr sehr zurück gehalten. Wir waren kaum an öffentlichen Plätzen und sowieso haben wir uns nicht oft gesehen. Wütend schlage ich den Weg zum Wohnheim auf der Columbia ein. Ich kann jetzt nicht nach Hause und erst Recht nicht zu Mom oder Catherine.
Nach nur wenigen Autominuten erreiche ich mein Ziel. Schnell steige ich aus und nehme direkten Kurs auf unser Verbindungshaus. Kurz bevor ich die Tür öffnen möchte, wird sie bereits geöffnet und West tritt heraus. »Hey, wow, Kielan!«, sagt West begeistert und schließt mich sofort in eine Umarmung. »Dich habe ich lange nicht gesehen. Geht es dir gut?«, erkundigt er sich. »Jepp. Ich hab viel zu tun, zu Hause mit der Familie.« West nickt verständnisvoll. »Was hast du vor? Bleibst du länger?«
Ich muss grinsen, denn sein Interesse ist wirklich aufrichtig. Er weiß das bei mir manches nicht stimmt und fragt auch nicht nach. Er nimmt mich wie ich bin und das weiß ich sehr zu schätzen. »Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Ich muss mir Gedanken machen wie es weitergeht und brauche etwas Zeit«.
»Klar man. Heute Abend ist bei uns eine Party. Komm doch auch und ich hoffe es stört dich nicht«, grinst West verschwörerisch. »Ich muss zum nächsten Kurs! Freu mich wenn du kommst. Ciao!«. Die letzten Worten kann ich kaum noch hören, denn West ist schon fast um die Hausecke abgebogen. Eine Party kann ich wirklich gebrauchen. Nicht.
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Kings of New York
RomanceIhr sagt immer wir wären die Könige, aber wenn ihr genau hinsehen würdet, würdet ihr sehen, dass wir nichts als Verlierer sind. Wir betrügen, verletzen und manipulieren. Wenn uns jemand nicht passt, wird er aus dem Weg geräumt. - Kielan --- Teure Au...