Kapitel 33

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»Allie, kommst du runter? Taylor ist da!«, schreit meine Mom die Treppe hoch. Ich kann mir keinen besseren Start in den Tag vorstellen. Am Treppenansatz bleibe ich stehen, sammle mich kurz und setze mein gekonntes Lächeln auf. Mitten auf der Treppe sehe ich Taylor grinsend neben meiner Mom stehen.

»Ich wusste gar nicht, dass ihr ein Paar seid«
»Mrs McKenzie, das ist auch noch ganz frisch. Ich dachte Allie hätte das schon getan, sonst wäre ich hier nicht einfach so aufgetaucht und hätte Sie damit überrumpelt«

Meine Mom kriegt sich vor Freunde kaum ein.

»Allie, Schätzchen. Warum hast du noch nichts gesagt? Lass mich raten, es ist... seit dem Ball?«, mutmaßt sie ganz richtig und setzt dabei ein noch größeres Lächeln auf.

»Mhm«, brumme ich.

Eigentlich hatte ich gehofft, dass diese Neuigkeit meiner Familie vorbehalten bleibt und der Tag an dem wir zusammen zur Schule gehen noch etwas auf sich warten lässt. Aber nein, hier will jemand keine Zeit verlieren.

»Komm Allie, lass uns los. Sonst wird es zu knapp. Ich muss vorher noch einmal mit unserem Coach sprechen«
»Ich bin soweit. Mom.«  Wir steigen in den Fahrstuhl und ich nicke Mom zum Abschied zu.
»Viel Spaß euch beiden!«

Endlich schließen sich die Fahrstuhltüren und ich kann Taylor meinen Ellenbogen in die Rippen rammen.
»Autsch! Was soll der Scheiß?«, beschwert er sich direkt. Memme.
»Das wollte ich dich gerade fragen. Wieso holst du mich hier ab? Was fällt dir ein meiner Mom das zu stecken?«
»Ganz oder gar nicht, Babe!«, sagt er und ich entdecke sofort die Drohung dahinter.

Ich gebe einen genervten, spottenden Laut von mir.

In der Tiefgarage steht Taylors Audi R8 in den wir ohne weitere Unterhaltung einsteigen. Er lässt den Motor an, der durch die gesamte Tiefgarage brummt, und schnellt aus dem Gebäude.
Vor jeder roten Ampel bremst er so stark, dass ich befürchte, mich gleich übergeben zu müssen. Wenn Männer kein Auto fahren können, ist das echt ein absoluter Minuspunkt. Davon hat Taylor übrigens ziemlich viele.

Als er an der nächsten Ampel seine Hand auf meinen Oberschenkel gleiten lässt und mich zufrieden angrinst, raste ich fast aus.
»Lass das!«, blaffe ich ihn an. »Wir tun so, kapiert? Wir sind kein Paar! Und ich werde weder mit dir ins Bett gehen noch sonst irgendwas...«
Für einen kurzen Augenblick vermute ich eine Spur von Traurigkeit in seinem Gesicht zu erkennen, doch diese wird schnell wieder durch sein schelmisches Grinsen überspielt. Er nimmt langsam, quälend seine Hand von meinem Bein.

»Klar, dass weiß ich. Das heißt aber nicht, dass ich nicht allen von unserem ersten Mal erzählen kann«
Schockiert starre ich ihn an. »Willst du mich verarschen?«
»Nee, eigentlich nicht. Ich meine wir kommen zusammen zur Schule. Was denkst du, was die anderen denken? Die Gerüchteküche läuft schon«
»Irgendwann werdet ihr für diesen Mist büßen, den ihr mir und meiner Familie antut.«
»Klar doch, Allie! Und ab jetzt bitte schön freundlich...«

Taylor biegt auf den Schulparkplatz ein und hält direkt auf dem ersten Parkplatz. Das dieser für behinderte Menschen reserviert ist, kratzt ihn gar nicht.
Ich öffne meine Beifahrertür und spüre direkt die Blicke der gesamten Schule. Warum zur Hölle fahren die auf Taylor überhaupt ab? Auf so eine blöde Schwachbirne. Taylor eilt um sein Auto und greift direkt nach meiner Hand, ehe wir zusammen in den Schulflur schlendern.

»Lass mich raten. Du musst nicht zum Coach, du wolltest nur, dass alle uns sehen«, flüstere ich ihm zu, sodass nur er es hören kann.

Zur Bestätigung meiner Vermutung nickt Taylor kurz, geht dann aber zufrieden weiter durch die Gänge. Er genießt die Aufmerksamkeit und erntet von seinen Kollegen einige zustimmende Schulterklopfer.

»Mein Spind ist links und zum Glück habe ich jetzt Mathe. Ohne dich!«

Ich mache mich von ihm los. Wenn ich mir jedoch gedacht habe, dass ich so einfach davon komme, habe ich mich getäuscht. Taylor zieht mich an meinem Handgelenk zurück, greift in meinen Nacken und gibt mir vor der Menge einen intensiven Kuss. Als er von mir loslässt grinst er mich an und verabschiedet sich. Ich könnte schwören, dass ich die Sounds von Handykameras gehört habe, aber jetzt will keiner was gesehen haben. Alle haben sich bereits abgewendet und ich stehe unbeachtet auf dem Gang. Na dann, auf geht's zu Mathe.

»Tja Allie, den Mist hast du dir eingebrockt«, flüstert mir Zoe lächelnd in unserem Kurs zu und schiebt mir ihr Handy mit dem geöffneten Twitter-Kanal zu. Ich scrolle durch die Tweets und kann es kaum glauben. Fast jedes Foto zeigt Taylors und meinen Kuss, nur aus einer anderen Perspektive. Verdammt...

»Glaub mir, ich habe darauf auch keinen Bock«

Unser Lehrer schaut mich mit einem vernichtenden Blick an und sofort schweigen wir. Dieser ganze Mist ist echt ein riesen Alptraum. Da soll noch einer sagen, die High-School wäre toll. Einen Scheiß!

Den Rest des Tages versuche ich Taylor aus dem Weg zu gehen und meide die überfüllten Gänge zu den Pausenzeiten. Gerade jetzt ist Mittagszeit und ich habe mich auf dem Klo verschanzt. Diesen Mist muss ich mir nicht antun. Mit dem Rücken rutsche ich an den kalten Fliesen entlang, bis ich endlich auf dem Boden angekommen bin. Ich zücke mein Handy hervor und schaue mir die übrige Tweets an. Manche Kommentare sind echt abartig. Was ist nur mit diesen Leuten los? Haben die kein Leben?

In dem Moment vibriert mein Handy.

Kielan, 12:01 Uhr:
Wo bist du? Ich komme zu Dir.

Ich simse ein langweiliges „auf dem Mädchenklo" zurück, da ich mir sicher bin, dass Kielan hier niemals reinkommen wird.
Fünf Minuten später wird die Tür zum Mädchenklo aufgestoßen und Kielan kommt herein. Er ist wütend, das erkenne ich sofort an seinem Kiefer, der malt.

»Verdammt, Allie. Das bringt mich um!«, poltert er los und komm auf mich zu. Ehe ich mich versehen kann zieht er mich auf die Beine.
»Woher wusstest du...?«
»Du hattest ja Mathe. Das ist das nächste Klo an deinem Kursraum. Bin ja nicht ganz so doof.«
»Du kennst meinen Stundenplan?«, frage ich verwundert.
»Jepp. Seit heute! Dieses Foto«, fängt er an und ich kann sehen, dass er fast platzt vor Wut.
»Du hast es gesehen?« Das wollte ich nun wirklich nicht. Es reicht wenn ich mich damit auseinander setzen muss. Nicht auch noch Kielan.
»Ja. Das hört auf. Sofort.«
»Kielan, das geht nicht«, sage ich und streichle dabei seine muskulösen Arme, um ihn zu beruhigen. Nervös fahre ich mit der Hand durch meine Haare. Ich kann ihm einfach nichts davon sagen.

»Wer erpresst dich«, zischt er.
»Ich kann nicht...«
»Oh doch!« Kielan greift nach meinem Kinn und drückt mir einen zarten flehenden Kuss auf.
»Ich beschütze dich. Dich und deine Familie...sowieso schon!«, knirscht er.
»Cole«, flüstere ich so leise an seinen Lippen, dass ich hoffe er würde es nicht hören. Fehlanzeige. Seine Hand rauscht blitzschnell neben mir in die Fliesen, die sofort zerspringen. An Kielan's Hand rinnt Blut entlang und ohne weiter zu zögern, rennt er aus dem Waschraum.

Scheiße.

Kings of New YorkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt