Kielan
Noch hat sie mich nicht bemerkt. Sie steht mit dem Rücken zu mir, lehnt in einem knappen Fummel an der Bar und wartet möglicherweise auf ihren Drink. Was für eine Scheiße. Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll, denn ich habe mir noch keinen Plan überlegt, wie ich Matteos Wunsch in die Tat umsetzen soll. Mich zu verstecken erwäge ich für den Bruchteil einer Sekunde und merke dann schnell, dass das so gar nicht meiner Natur entspricht. Neben Allie gesellt sich ein junger Typ zu ihr und ich kann aus der Entfernung sehen, dass er sie anspricht. Er grinst und scheint offensichtliches Interesse zu haben. Allie geht nicht sonderlich darauf ein, sie grinst zwar zurück, wendet sich jedoch wieder ab und scheint auf die Bedienung zu warten. Um die Chancen weiter auszuloten, setzt der Typ einen nach und lässt seine freie Hand über Allies mit Pailletten besetztes Kleider wandern. Allies Augen weiten sich und ich vermute, dass ich in wenigen Sekunden nicht mehr die Wahl habe, ob ich verschwinde oder mich ihr zeige.»Du bist ja nicht weit gekommen«, murmelt mir Hailey ins Ohr.
»Jetzt nicht«, zische ich und bewege mich auf die Bar zu. Der Weg bis dorthin kommt mir wie eine Ewigkeit vor. In meinen Ohren rauscht es, ich nehme die Musik und die Lichter kaum noch wahr. Zügig bahne ich mir, den Typ weiter fixierend, meinen Weg zur durch die Menge. Als würden die Leute ahnen, was bevorsteht, teilt sich die Menge rasch auf, sodass ich problemlos vorankomme. Ich kann sehen, wie sich Allie schüttelt, um die Hand des Typen loszuwerden. Dieser lässt diese zunächst sinken, fängt dann aber an, eine ihrer Haarsträhnen zwischen seinen Fingern zu drehen. Verdammt, denke ich noch kurz, doch dann sehe ich nur noch schwarz. Meine Hand schnellt vor und ich packe den Typen an seinem T-Shirt. Dieser erhebt sich mit erschrockenem Blick automatisch von seinem Barhocker und lässt sein Bier auf den Boden fallen. »Ey, was soll das?«, protestiert er. Jedoch kann ich nur noch schelmisch grinsen, denn in diesem Moment saust meine zur Faust geballte Hand auf sein Nasenbein. Es knackt. Ich hoffe das er nicht den Fehler begeht sich groß dagegen zu wehren. Sonst wird das nicht gut ausgehen. Für ihn.
»Ich glaube, sie hat kein Interesse«, knurre ich und schubse ihn von mir weg. Blut läuft aus seiner Nase auf sein zerknittertes T-Shirt und er starrt mich entsetzt an. »Ich ... ich ...«, beginnt er zu stottern. »Nichts du! Verpiss dich aus meinem Club, bevor mir die Hand nochmal abrutscht«, brülle ich über die Musik hinweg. Hailey kommt angelaufen und begleitet den verängstigten Partygänger aus dem Club. Ich spüre wie meine Adern pumpen und meine Wut noch immer durch mich rauscht.
»Spinnst du?«, fährt Allie mich an und reißt mich an meiner Schulter herum, sodass ich sie anblicken muss. Allie habe ich total vergessen. Alles war wie in einem Film. Langsam beruhigt sich mein Puls wieder und ich blicke sie an. »Es war offensichtlich, dass du kein Interesse daran hattest«, erkläre ich.
»Das ist gottverdammt nochmal meine Entscheidung. Ich kann solche Dinge selbst klären. Ich brauche keinen Bodyguard«, schimpft sie. »Und überhaupt, warum hast du nicht auf meine Nachricht geantwortet?«
»Das habe ich gesehen«, lache ich.
»Die Nachricht?«, zischt sie, denn sie hat sofort gemerkt, dass ich ihr ausweiche.
»Ich hatte viel zu tun in den letzten Tagen. Geht es dir gut?«, lenke ich weiter ab.
»Nein, mir geht es nicht gut. Du hast gerade ohne zu zucken einem Typen das Gesicht poliert«. Ich zucke gleichgültig mit den Schultern.
»Du meine Güte, du hast echt keine Gewissensbisse, oder?«
»Nicht wirklich. Ich teile nicht gern. Und ich hasse es, wenn Typen wie er die offensichtlichen Signale von Ablehnung nicht verstehen«.
»Himmel, Kielan. Wir sind nicht zusammen!«, keift sie los. Ich kann ihre Wut nur bedingt nachvollziehen. »Nein, das sind wir nicht«. Ich sehe aus dem Augenwinkel Nick hinter mir auftauchen. »Man, alter. Was ist denn hier los? Da lässt man dich einmal für fünf Minuten alleine«, murrt er los. Wieder zucke ich nur gleichgültig die Schultern. Das ist mir echt sowas von egal. »Hi Allie«, wendet sich mein Bruder daraufhin Allie zu.
»Hallo Nick, mir ist das zu doof, sorry, ich verschwinde«. Allie setzt sich bereits in Bewegung, ich hole sie erst auf der Tanzfläche ein und zerre sie unsanft am Arm zu mir herum. »Warte«, bitte ich sie und lasse ihren Arm direkt los, als sie zu mir herumfährt.
»Kielan ich habe keine Lust auf deine Spielchen. Du bist wie ein Flummi. Mal da, mal weg. Mal antwortest du, mal nicht. Mal willst du mich sehen, mal nicht. Ich komme da nicht mehr mit«, platzt es aus ihr heraus.
»Und du bist da natürlich ganz anders. Papi darf das nicht herausfinden...«, äffe ich sie nach.
»Wer hat dir nur deinen Tag vermiest?«, sagt sie enttäuscht, wendet sich ab und geht.Im Auto raufe ich mir die Haare. Was ist nur mit mir los? Dieser ganze Stress macht mir so zu schaffen. Ich weiß nicht mehr auf was ich mich konzentrieren soll oder geschweige denn mit welchem Problem ich mich als Erstes befassen sollen.
»Du hast sie echt ziehen lassen, oder?«, fragt Nick nach, der neben mir auf der Rückbank des Range Rovers sitzt. »Ja.«
»Warum?«
»Weil sie recht hatte. Und weil ich verdammt nochmal keine Wahl habe.«
»Liebst du sie?« Mir entfährt ein gequältes Lachen. »Ich glaube, dafür ist es zu früh.«
»Habt ihr es schon getrieben?«, bohrt Nick weiter nach.
»Dein Ernst, Mann?«. Dieses Mal zuckt Nick gleichgültig die Schultern hoch.
»Klar. Das will ich wissen. Die ist bestimmt eine echte Granate.«
Genervt schüttle ich den Kopf. »Anderes Thema. Wann musst du das nächste Mal los?«
»Übermorgen. Die gleichen Clubs«
»In Ordnung, ich begleite dich.« Der Fahrer hält zu Hause und Nick gleitet von seinem Sitz.
»Danke, Bro. Mach keine Dummheiten, wir sehen uns«, ich nicke und er knallt die Autotür zu. Das Auto fährt an und wir machen uns auf den Weg zum Campus.Am nächsten Morgen wache ich relativ spät auf. Ich bin müde, kaputt und fühle mich wie von einem Lastwagen überrollt. Den Rest der Nacht habe ich damit verbracht an Allie zu denken. Und an Nicks provozierende Fragen. Hatten wir wirklich nur so wenig Zeit miteinander? Bin ich ein Idiot, wenn ich unserer Anziehung nicht weiter nachgehe? Noch etwas schlaftrunken checke ich mein Handy. Mein Dad will mich sehen und das so schnell wie möglich. Grandios, dann wird heute mal wieder nichts aus der Vorlesung. Aber wie habe ich mir das auch vorgestellt? Ich führe nun mal kein normales Leben. Meine Familie ist ein beschissener Vollzeitjob. Wie soll ich da nebenbei Zeit für Allie finden oder gar für mein Studium? Wenn ich in Dads Fußstapfen trete, wird es nur noch schlimmer. Ich antworte Dads Lakaien knapp, dass ich in einer Stunde im Büro bin und schwinge mich langsam aus dem Bett.
Für die Fahrt zu Dads Büro in Manhattan nehme ich meinen Range Rover. Es muss schnell gehen und draußen wird es immer kälter, sodass ich keine Lust habe auf meinem Bike zu erfrieren. Ich habe die Jeans von gestern gegen eine frische getauscht und bin in einen gestrickten beigen Pullover geschlüpft, genau das richtige, wenn man leicht fröstelt. Nach kurzer Fahrtzeit erreiche ich die Tiefgarage und parke auf meinem Parkplatz. Der Aufzug führt mich auf die richtige Etage und ich gebe Dads Sekretärin Bescheid, dass ich da bin. »Du kannst direkt durchgehen, Kielan«, murmelt sie und ich gehe durch das Vorzimmer in Dads Büro. Nach meinem Klopfen vergehen einige Sekunden ehe er mich hereinbittet. »Setz dich, Junge. Wir haben etwas zu besprechen.«
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Kings of New York
RomansaIhr sagt immer wir wären die Könige, aber wenn ihr genau hinsehen würdet, würdet ihr sehen, dass wir nichts als Verlierer sind. Wir betrügen, verletzen und manipulieren. Wenn uns jemand nicht passt, wird er aus dem Weg geräumt. - Kielan --- Teure Au...