Kapitel 20

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Als ich etwas früher als erwartet unser Apartment betrete, duftet es noch nach selbstgebackenem Brot vom Frühstück. Es duftet köstlich. Gut gelaunt möchte ich gerade die Treppe erklimmen, als sich mein Vater hinter mir räuspert. Das hat mir jetzt gefehlt. Dabei dachte ich, dass durch mein Date meine Laune nur noch besser werden könnte.

»Allie?«, sagt er zögerlich und in einer Stimmlage, die ich bisher bei ihm nicht kannte. »Können wir kurz sprechen? Im Arbeitszimmer?«

Kurz überlege ich, ob ich weiter auf Konfrontation schalten und es verneinen soll oder um die Wogen zu glätten erstmal zu schauen, was er genau los werden will. Ich entscheide mich für zweiteres.

»Mhm..«, nuschle ich und folge meinem Vater in sein Arbeitszimmer. Es ähnelt eher einer antiken Bibliothek. Die Bücherregale reichen bis unter die Decke und es sind viele Schätze dort zu finden. Mein Dad ist Fan von teuren Erstausgaben. Einige davon schmücken sogar das Zimmer hinter einem Glasrahmen. Dad setzt sich in seinen braunen Ledersessel und deutet mich, mich daneben zu setzen.

Er verliert keine Zeit und fängt direkt an zu reden: »Ich muss mich für mein Verhalten neulich entschuldigen. Das wollte ich nicht. Aber du hast mir keine andere Wahl gelassen. Ich kenne dich gar nicht so. Was ist los mit dir?«, erkundigt er sich.

Er will ernsthaft wissen was mit mir los ist? Ich werde unterdrückt. Erdrückt! Mir wird alles vorgeschrieben. Innerlich koche ich schon wieder hoch.

»Es ist alles gut. Ich war verärgert wegen der Sache mit Zoe. Das hättest du nicht tun dürfen. Das hat nicht nur Zoe, sondern auch mich verletzt«, erkläre ich mich. Mein Dad räuspert sich kurz.

»In Ordnung«, sagt er nickend. Das war's also. Dad resigniert und stimmt mir zu? Irgendwie hätte ich mir diesen Moment spektakulärer vorgestellt.

»Deine Mom hat dir ein Kleid für die Gala rausgesucht. Schau es dir doch mal an.«

Ich nicke nur und verlasse sein Arbeitszimmer.

Nervös stehe ich vor meinem Badezimmerspiegel und begutachte das Ergebnis der Stylisten. Meine Haare fallen lockig über meine Schulter und sind nur an den Seiten leicht zurück gesteckt. Und das Kleid, dass Mom ausgesucht hat ist wirklich hübsch. Es ist aus roséfarben und an der Taille eng geschnitten. Nach unten hin wird es etwas breiter. Meine Hände gleiten über den weichen Tüll. Ja, ich fühle mich fast wie eine Prinzessin. Das Kleid ist schulterfrei und betont mein Dekolleté nicht zu stark, ganz nach Mom's Geschmack.

Ehrlich gesagt bin ich ziemlich nervös. Wie verhält man sich bei seinem ersten Date? Einen Kuss hat er mir ja schon gestohlen. Also wäre ein weiterer Kuss definitiv erlaubt, grinse ich und entdecke mein Strahlen im Spiegel. Beruhige, dich! Sonst verpatzt du noch alles, ermahne ich mich.

»Allie, kommst du?«, schreit meine Mom durchs Treppenhaus.

Verwundert trete ich in den Flur und erblicke meine hübsche Mom an der Treppe. »Mom, jetzt schon?«, frage ich verwirrt nach. »Es ist erst fünf?«

»Oh... Hatte ich dir nicht gesagt, dass sich kurzfristig noch ein Abendessen arrangiert hat? Dein Dad konnte das Geschäftsessen nicht absagen.« Scheiße, dann komme ich doch viel zu spät...

»Nein, hast du nicht. Wie lange geht das denn?«, erkundige ich mich neugierig.

»So zwei, drei Stunden?« Ich rechne kurz nach und merke, dass das mit meinem Date irgendwie nicht hinkommt. Da Kielan von einer unterdrückten Nummer geschrieben hat, könnte ich ihn gar nicht informieren. Verdammt!

»Mom? Ich wollte eigentlich um sieben Taylor Daniels treffen. Er kommt auch«, flunkere ich meine Mom an. Das ist wenigstens nicht so auffällig. Der Herbstball steht eh vor der Tür...

»Ach, Schätzchen. Das ist ja doof. Wir versuchen es bis sieben, okay?«

»Ja, gut!«, sage ich und grinse erleichtert.

Das Essen langweilt mich zu Tode. Ich habe mir nicht mal den Namen des Geschäftspartners gemerkt. Interessiert mich nämlich nicht. Des Öfteren schaue ich zur Uhr und hoffe inständig, dass wir uns pünktlich auf den Weg machen. Etwas genervt stupst mich meine Mutter unauffällig unter dem Tisch an. Ihr Blick sagt mir, ich solle nicht ständig zur Uhr schauen und mich am Geschehen beteiligen. Missmutig zeige ich ihr mein schönstes Lächeln.

Mein Dad diskutiert gerade über irgendwelche Aktiengeschäfte, als meine Mom sich leicht räuspert. Es sieht so aus als wäre das ein heimliches Zeichen an Dad, der nämlich genau in diesem Moment das Gespräch unterbricht. Wenige Sekunden später spricht er einfach weiter.

»Mr. Franklin, ich danke Ihnen für Ihre Zeit. Aber wir müssen uns leider entschuldigen. Die große Spendengala steht heute noch an und auch dort ist unsere Familie beteiligt«, sagt er grinsend und legt also Mr. Franklin seine Hand auf die Schulter. Ich frage mich wirklich, wie Mom Dad überzeugen konnte, dieses Essen eher zu beenden.

Um kurz vor sieben steigen wir in unsere Limousine vor dem Restaurant und fahren von dort zur Spendengala. Wie immer liegt dort schon ein roter Teppich aus und das Blitzlichtgewitter ist in vollem Gange. Mein Dad steigt immer zuerst aus, danach folgen Mom und meine Wenigkeit. Diese Reihenfolge ist bereits fest eingeprägt. Dad und Mom posieren kurz für die Presse, ehe wir in dem alten Museumsgebäude verschwinden. Überall stehen schick angezogene Leute rum und schlürfen ihren Begrüßungs-Champagner. Also alles wie immer. Nur das ich dieses Mal ein Date habe. Mein erstes. Und ich absolut nicht weiß, was er vorhat.

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