Kapitel 23

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Als wir gemeinsam den angesagtesten Klamottenladen, zumindest laut Zoe, betreten herrscht schon fast hektische Stimmung. Viele bekannte Gesichter der High School sind hier, um sich ihre passenden Kleider für den Herbstball rauszusuchen. Laut Zoe sind wir auch viel zu spät dran, das Beste ist nämlich immer schon am Anfang weg. Genervt trete ich weiter in den Laden. Es stinkt nach billigem Parfüm und mir ist bei der Masse an Leuten gar nicht mehr nach Shoppen.

»Komm schon!«, drängelt Zoe und zieht mich an der Hand in den hinteren Bereich des Ladens. Genau dorthin wo die Ballkleider hängen.

»Wir brauchen definitiv was scharfes...«, stellt Zoe fest und beginnt direkt mit dem Durchwühlen der Kleiderständer.

»Eigentlich brauch ich nichts Besonderes. Hab eh kein richtiges Date«, sage ich schmollend, woraufhin Zoe nur genervt die Augen rollt.

»Hallo Mrs. Ward! Schön Sie zu sehen. Nach Ihrem Anruf habe ich direkt etwas für sie weggehangen. Ich hol's schnell«, sagt die junge Verkäuferin mit einem Lächeln und verschwindet nach hinten.

»Oh Mrs. Ward...«, scherze ich und ziehe Zoe leicht auf.

»Hier sind sie schon. Ich wusste ja sie brauchen zwei«, belustigt grinst mich die Verkäuferin an und übergibt mir als auch Zoe ein Kleid. Zoe's Kleid ist bodenlang und hat einen hohen Beinschlitz. Dafür ist das Dekolleté geschlossen. Die rote Farbe passt toll zu ihrer dunklen Haut und ich bin gespannt wie es an ihr aussieht.

Ich halte ein rosé farbenes in der Hand – juhu schon wieder, denke ich. Jedoch ist der Schnitt ganz anders. Der Rücken ist mit Tüll überzogen und mit einigen Ranken, sodass es irgendwie rückenfrei ist, aber trotzdem durch den Tüll bedeckt. Der Ausschnitt ist ziemlich tief, geht jedoch weit genug in die Mitte, sodass er mehr etwas andeutet als etwas zeigt. Auch mein Kleid ist bodenlang.

Wir verschwinden also beide in den Kabinen, um die Kleider anzuprobieren.

»Allie? Bist du fertig?«, fragt Zoe neugierig.

»Jepp. Auf drei?«

»DREI!«, quiekt Zoe zu mir herüber.

Wir öffnen die Kabinen und schauen uns gegenseitig an.

»Wow. Du siehst toll aus«, sagen wir synchron und lachen direkt los.

»Die Kleider sind gekauft«, sagt Zoe der Verkäuferin. Diese nickt freundlich.

»Eine Frage noch Mrs. Haben Sie auch eine coole enge schwarze Röhrenjeans da?«, erkundige ich mich. Zoe wippt anzüglich mit den Augenbrauen. Sie weiß genau, wofür die Jeans gedacht ist. Grinsend stupse ich sie an.
»Ja wir haben sogar neue Modelle bekommen. Ich hole Ihnen was.«

Nach einigen Minuten kehrt die Verkäuferin mit drei tollen Jeans zurück.

»Ich probiere die direkt an. Haben Sie auch eine passende Lederjacke und Boots?«
»Ja, klar Mrs. Bringe ich mit.«

Zoe sitzt bereits genervt vor der Umkleide und tippt an ihrem Handy, als ich zum zweiten Mal aus der Umkleide heraustrete. Sie hebt ihren Blick und grinst mich noch mehr an als zuvor.
»Der Hammer!«, sagt sie.
Ich trage eine enge schwarze Röhrenjeans, dunkle lockere Lederboots und ein weißes Longshirt. Darüber habe ich eine kurze Velour-Lederjacke gezogen die ich offen trage.
»Das wird ihn umhauen. Wo ist die Prinzessin hin?«
»Die ist heute Abend ausgeflogen!«, sage ich selbstbewusst und ertappe mich bei einem breiten Grinsen. Sowas ziehe ich eigentlich nicht an, weil meine Eltern den klassischen Look bevorzugen. Was aber nicht bedeutet, dass ich sowas nicht auch gerne mal anziehen würde.
Zufrieden und mit einer Menge Tüten verlassen wir den Laden.

Als ich Zoe zu Hause absetze wünscht sie mir noch viel Spaß für den Abend und rät mir, mich zu benehmen. Allerdings glaube ich, dass sie ganz genau weiß, dass ich nie zu weit gehen würde.

Der Sound meines Motors hallt an den Wänden, als ich die Tiefgarage unseres Penthouses befahre. Ich entdecke Mom und Dad, die gerade in ihr Auto einsteigen wollen und parke direkt daneben.

»Hi Mom... Dad. Wo geht es hin?«, frage ich fröhlich.
»Hi Schätzchen. Es hat sich kurzfristig ein wichtiges Abendessen ergeben. Ich bin sicher du schläfst schon, wenn wir zurückkommen. Es wird spät«, sagt Mom. Wenn die wüssten... Ich werde mit Sicherheit nicht in meinem Bett liegen, aber das werden sie nicht wissen...
»Ja wahrscheinlich schon. Viel Spaß«
»Danke. Hast du für den Herbstball eingekauft?«, fragt Mom neugierig und blickt mit großen Augen auf meine Tüten.
»Äh... Ja! Mit Zoe. Sie meint wir waren schon wieder spät dran, aber ich habe trotzdem was Schönes gefunden«
»Ich bin gespannt. Zeigst du es mir morgen?«
Ich nicke und meine Eltern steigen in ihren Wagen ein. Ein Wunder, dass Dad mal selbst fährt. Das habe ich bestimmt ein halbes Jahrhundert nicht mehr gesehen. Es wird also sicher nichts offizielles sein...

Auf dem Küchentisch steht eine Tupperschale mit leckerem Kartoffelgratin – mir wurde also mal was übrig gelassen. Perfekt denke ich, denn genau in diesem Moment beginnt mein Magen zu knurren.
Ich schnappe meine Tüten, die Tupperschale und einen Löffel und verschwinde in meinem Zimmer. Bis Kielan mich abholen wird, habe ich noch etwas Zeit. Also schalte ich kurzerhand den Fernseher mit meiner Lieblingsserie ein, lasse mich auf mein Bett fallen und schaufle das Kartoffelgratin ich mich hinein. So könnte es immer sein, keiner im Haus der mich nervt und eine spannende Verabredung am Abend. Je genauer ich darüber nachdenke, desto nervöser werde ich. Ich versuche den Gedanken etwas zurückzuschieben und mich erstmal wieder meiner Serie zu widmen.

Es ist kurz vor zehn und ich überprüfe mein Spiegelbild ein letztes Mal. Mom und Dad sind zum Glück noch nicht wieder zurück, sodass ich ohne großes Tam Tam verschwinden kann. Ich trage das vorhin gekaufte Outfit und habe meine dunkelblonden Haare gelockt. Meine Augen habe ich heute etwas dunkler betont – ich will schließlich zeigen, dass ich keine langweilige Prinzessin bin. Schnell streife ich meine neuen Boots über und greife nach meiner Handtasche. Das Apartment verlasse ich heute über den Personalaufzug. Dort gibt es nämlich keine Videoaufzeichnung. Nicht das mein Dad die ganze Zeit vor der Kamera sitze würde, aber ich will ihm keine Möglichkeit geben, mein Date heute zu zerstören.

Zunehmend nervös und schwer gegen meinen Puls anatmend steige ich in den Aufzug und fahre ins Erdgeschoss. Auch dort benutze ich den Hinterausgang, bei dem Kielan hoffentlich schon wartet. Ich öffne die Tür und trete nach draußen. Eine frische Brise weht mir durch die Haare und ich fröstle etwas. Unter einer Laterne kann ich Kielan erkennen und mein Herz setzt aus. Er sieht so unglaublich gut aus.

Ich muss grinsen und gehe zu ihm herüber. Nach ein paar Schritten kann ich sehen, dass auch er grinst und vor allem entdecke ich sein neues Fahrgefährt. Ein Motorrad.

»Hi Allie«, sagt er und lässt seinen Blick genüsslich an mir herunter wandern. Leider bin ich nicht besser, denn auch ich nehme sein Outfit genau unter die Lupe. Er trägt eine schwarze Jeans, die an der einen oder anderen Stelle etwas aufgerissen ist. Genau wie ich, trägt er eine Lederjacke mit einem engen grauen T-Shirt. Dazu hat er weiße, schicke Sneakers an. Seine Haare stehen wuschelig in alle Richtungen, was wohl an dem Helm liegt, den er in der Hand hält.

»Äh...Hi«, stottere ich verlegen. Er bringt mich einfach komplett aus der Fassung. »Fahren wir mit dem Teil?«, frage ich und zeige auf das Motorrad auf dem Kielan lehnt.
»Ganz genau! Hier ist dein Helm«, sagt er und reicht mir einen schwarzen Helm. Dabei grinst er belustigt. Scheiße, das ist nicht sein Ernst. Danach ist nicht nur mein Make-Up kaputt, sondern auch meine Haare verknotet.

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