Mit einem Mal schnellt mein Puls von gefühlten 65 Schlägen auf 150 Schläge. Erschrocken reiße ich die Augen auf. Über meinem Kopf kniet Maureen, die mich grinsend ansieht. Von dem Grinsen und ihrem Gesicht sehe ich jedoch nicht alles, da sie so nah dran ist, dass ich das Gefühl habe sie will mich essen. Eigentlich erkenne ich nur ihre Hornbrille und die vergrößerten Augen.
»Guten Morgen! Hast du Lust auf Frühstück, Allie?«, erkundigt sich Maureen mit einem typischen britischen Akzent, den ich direkt verabscheue.
»Äh... ich habe eben noch geschlafen«, sage ich, um sie darauf aufmerksam zu machen, dass ich noch nicht mal wach war.
»Ich weiß. Aber wenn du nicht zum Frühstück kommst, gibt es nichts mehr«
»Dann gehe ich einfach zum Bäcker«, maule ich und versuche mir die Decke über den Kopf zu ziehen auf der sie sitzt.
»Ausgang ist nur von 17 bis 19 Uhr, Allie. Du kriegst dann bis zum Mittag nichts. Und nur damit das klar ist: Ich schmuggle nichts vom Frühstück ins Zimmer. Die Catherine hat das mal gemacht... und...«
Mit einem gereizten Brummgeräusch unterbreche ich ihre Ausführungen und setze mich auf. »Schon gut!! Ich komme mit.«
Zufrieden grinst Maureen und wartet brav auf ihrem Bett, bis ich endlich fertig bin.
Das geht heute jedoch erstaunlich schnell, da ich hier eh niemanden kenne und daher auf ein modisches Outfit verzichte. Auch Make-Up wird hier nicht benötigt. Vielleicht trägt Maureen deswegen ja auch eine Hornbrille? Es juckt hier einfach keinen.
Gemeinsam schlendern wir in Richtung der Cafeteria. Wir dürften nicht weit entfernt sein, denn es ist bereits ein Gemurmel zu hören. Im Flur lasse ich meinen Blick schweifen. Die Wände sind aus dunklem Holz und es hängen mehrere Hunderte Fotos und Auszeichnungen an den Wänden. Hier wird also Londons Elite ausgebildet, denke ich.
Als wir die Cafeteria betreten verstummen alle. Sämtliche Blicke richten sich auf mich. Was ist denn nun los?
»Du bist hier das spannendste was die letzten Jahre passiert ist«, erklärt mir Maureen leise.
»Wenn das, das Spannendste ist, dann ist hier ja echt tote Hose!«
»Mensch... du bist sowas wie ein Internetstar hier. Wir alle haben die News gelesen und das von dir und King erfahren«, erklärt mir Maureen und wirkt auf einmal gar nicht mehr so, als wäre sie vom Mond, sondern voll im Thema.
»Ach die Sache«, versuche ich abzutun, damit mir niemand auf den Sender geht. »Das hat sich schon erledigt. Es war ne Wette, weißt du?«
»Ach ehrlich?«, sagt Maureen und ich kann die Ironie in ihrer Stimme hören. Sie glaubt mir nicht und möglicherweise war ich nicht ganz überzeugend.
Wir nehmen uns ein Tablett und stellen uns am Frühstücksbuffet an. Es sieht gar nicht so übel aus und ich merke, dass ich ganz schön hungrig bin. Vielleicht war es doch gut, dass meine Zimmernachbarin mich geweckt hat.
»Das Ei solltest du nicht essen, dass kriegen die hier irgendwie nicht richtig hin«, sagt Maureen und lacht. Schnell stelle ich das Ei samt Eierbecher wieder ab und grinse sie an.
»Danke für den Tipp!«
Gemeinsam setzen wir uns an einen leeren Tisch und ich frage mich sofort, ob Maureen sonst keine Freunde hat. Ich blicke mich in dem Raum um und spüre noch immer einige Blicke auf mir. Andere haben sich wieder in ein Gespräch vertieft.
»Also, was wirst du heute machen?«, murmelt Maureen mit vollem Mund. Ach Mist, ich habe ja heute frei. Das bedeutet nach Internatsregeln bis 17 Uhr hier abgammeln.
»Keine Ahnung, sag du es mir.«
Unschuldig zuckt Maureen mit den Schultern. »Vielleicht könntest du dir ja mal Gedanken machen auf welche Sportgruppe du Lust hast.«
»Ähm, na klar. Hab ihr hier Cheerleader?«, erkundige ich mich. Sofort prustet Maureen los.
»Nein. Aber Fußball, Boule oder Tennis?«
Ich gähne künstlich und widme mich meinem Frühstück.
Nachdem ich Maureen zu ihrem Klassenraum begleitet habe, schlendere ich nun gelangweilt wieder zu meinem Zimmer. Was soll ich den ganzen Tag über nur machen? Ich beschließe gegen Mittag mal zu Hause anzurufen, schließlich ist es dann gerade morgens in New York und ich sollte Mom gut erreichen können. Mein Bett knatscht, als ich mich darauf fallen lasse.
Frustriert nehme ich mein Handy vom Nachtschrank und schalte es ein. Vier verpasste Anrufe von Mom und glatte fünf von Kielan. Dazu noch zwei weitere SMS.
Kielan, 6.00 Uhr:
Wieso meldest du dich nicht? Bitte, Allie. Ruf mich an.
Kielan, 7.15 Uhr:
Babe, bitte. Ich muss wissen, ob es dir gut geht.
In meiner Magengegend zieht sich ein stechender Schmerz zusammen. Wieso muss er es mir so schwer machen. Ich will doch nur wieder nach Hause. Hin und hergerissen, was ich antworten soll, greife ich kurzerhand zum Handy und antworte ihm.
Ich, 10.20 Uhr:
Mir geht es soweit gut. Mein Dad hat mir den Kontakt zu Dir verboten, sonst darf ich nicht wiederkommen. Dann muss ich länger als 4 Wochen bleiben. Bitte, halt dich fern.
Kaum habe ich das Handy aus der Hand gelegt, vibriert es schon wieder.
Kielan, 10.21 Uhr:
Das kann ich nicht und das weißt du.
Kielan, 10.22 Uhr:
Du hättest nicht fliegen müssen. Ich hätte eine Lösung gehabt.
Hole ich dich eben ab.
Schockiert starre ich auf mein Handy. Wie jetzt?

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Kings of New York
Storie d'amoreIhr sagt immer wir wären die Könige, aber wenn ihr genau hinsehen würdet, würdet ihr sehen, dass wir nichts als Verlierer sind. Wir betrügen, verletzen und manipulieren. Wenn uns jemand nicht passt, wird er aus dem Weg geräumt. - Kielan --- Teure Au...