Kapitel 40

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Dreieinhalb Wochen später

»Ich werde dich wirklich vermissen, Maureen! Du musst wissen, du bist in New York immer willkommen. Bitte komm mich mal besuchen«
Es ist früh am Morgen, der Fahrer kommt in wenigen Minuten, um mich zum Flughafen zu bringen. Ich habe tatsächlich vier Wochen in London überlebt. Aber ich glaube, ohne Maureen hätte ich das nicht geschafft. Sie war nicht nur eine gute Freundin und Stütze für mich, sondern auch ein ziemlich guter Lehrer. Ich habe das Gefühl, das erste Mal in meinem Leben nicht darauf achten zu müssen was ich esse, wie ich aussehe oder ab wann eine Jogginghose erlaubt ist. Eigentlich war es für mich eher wie eine Kur und ich bin richtig froh, dass ich das durchgezogen habe.

Trotz dessen habe ich das Gefühl, mich immer weiter von Kielan entfernt zu haben. Er hat mich weder abgeholt, noch hat er sich gemeldet. Im Moment ist es, als hätte es ihn nie gegeben und ich weiß noch nicht, ob ich das eher gut oder schlecht finden soll. Allein wegen meiner Eltern wäre das mit Kielan nichts geworden, dann seine komischen Telefonate. Eigentlich kenne ich ihn gar nicht richtig. Ein Seufzer entfährt mir und ich starre gedankenverloren auf die Kiesauffahrt zum Internat.

»Allie, worüber denkst du nach? Habe ich dir nicht beigebracht, dass du dein Herz nur noch an liebevolle Männer vergeben sollst? Dich sich um dich kümmern?« Maureen lächelt mich so sanft und herzlich an, dass ich sie wie aus der Pistole geschossen umarme. Tränen rinnen mir die Wangen hinunter. »Danke für alles, Maurren«, schluchze ich und drücke sie ein letztes Mal, ehe sich mich loslässt und einen Schritt zurücktritt, als der Fahrer eintrifft.

Der Fahrer öffnet mir die Tür und belädt den Kofferraum mit meinem Gepäck. Langsam lasse ich mich auf den Sitz gleiten und winke Maureen zum Abschied. Der Fahrer schließt meine Tür und meine Heimreise beginnt.

»Madame, darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«, erkundigt sich die Stewardess nun schon zum zweiten Mal. Wieder schüttle ich den Kopf. Ich bin viel zu aufgeregt um an Essen oder Trinken zu denken, denn ich wenigen Stunden sehe ich meine Mutter wieder. Und Liam und hoffentlich auch bald Zoe. Mir durchfährt ein Gefühl der Erleichterung. Das erste Mal muss ich wieder an den öffentlichen Skandal denken, weshalb ich überhaupt hier gelandet bin. Die Fotos, von mir und Kielan. Ich frage mich, ob ich dies in der Schule wohl zu spüren bekommen werde, oder ob sich alles gelegt hat. Wie sich Taylor und Cole wohl verhalten werden ist mir ein absolutes Rätsel. Vielleicht hat sich in den vier Wochen alles beruhigt und die Idee meiner Eltern war doch nicht so schlecht.
Kurz bevor das Flugzeug den Landeanflug auf New York starten will, gehe ich nochmal zur Toilette, um mich frisch zu machen. Ich schlüpfe aus meiner Jogginghose und wechsle wieder in meine Jeans. Aus meiner Kosmetiktasche fische ich mein Make-Up und versuche mich optisch etwas herauszuputzen. Diese Toiletten im Flugzeug sind echt mies eng. Schnell suche ich meine Sachen zusammen und gehe wieder zurück zu meinem Platz, um mich auf den Landeanflug vorzubereiten.

Am Gepäckband kann ich es kaum erwarten, dass mein Koffer endlich erscheint. Ich freue mich wahnsinnig auf meine Mama und will sie endlich wiedersehen. Als ich schließlich aus dem Gepäckbereich heraustrete, suche ich den Bereich nach meiner Mutter ab. Jedoch entdecke ich sie nirgends. Nach einer Weile des Suchens erkenne ich Mr. Donovan der mir strahlend entgegenkommt. »Schön Sie wiederzusehen, Miss McKenzie!«, flötet er und nimmt mir meinen Koffer ab. Er muss meine Verwunderung gespürt haben und ergänzt: »Mrs. McKenzie kam leider ein wichtiger Termin dazwischen. Sie erwartet Sie zum Mittag zu Hause«

Resigniert und enttäuscht über dieses Desinteresse blicke ich zu Boden. Ich weiß, dass Mr. Donovan das genau versteht, jedoch verkneift er sich jeglichen Kommentar.

»Sie hat sicher gute Gründe«, murmle ich und verlasse an der Seite von Mr. Donovan den Flughafen. Auf dem Weg nach Hause kommt mir kurz der Gedanke, warum ich nicht einfach für eine längere Zeit in London geblieben bin. Irgendwie war es dort einfacher und entspannter. Aber das merke ich erst jetzt. Ich gleite auf die Rückbank der Limousine und schaue aus dem Fenster. Dann bin ich wohl wieder zu Hause. Mein Handy vibriert und ich muss meine Hüfte strecken, damit ich es aus der Hosentasche ziehen kann. Eine Nachricht von Kielan, kurz setzt mein Herzschlag aus.

Kielan, 10.34 Uhr

Hast du heute Abend Zeit? Ich hörte du bist zurück.

Ein Seufzen entfährt meiner Kehle. Die ganze Zeit über hat er sich, bis auf den Anfang der vier Wochen, in Schweigen gehüllt und nun, kaum bin ich zurück, muss er sich direkt melden? Das versteht doch keiner diesen Mindfuck. Ich beschließe ihn zappeln zu lassen und vorerst nicht zu antworten.

Die Limousine hält in der Tiefgarage und ich steige direkt aus. Mr. Donovan holt mein Gepäck aus dem Kofferraum und gemeinsam betreten wir den Fahrstuhl. Oben im Loft angekommen, atme ich den bekannten Duft wieder ein. Mein Zuhause hat einen wunderbaren Geruch. Mr. Donovan nickt mir zu und fährt direkt wieder mit dem Fahrstuhl nach unten.

Ich schiebe mein Gepäck in den offenen Flur und sehe mich um.

»Halloooo? Ist jemand zu Hause?«, brülle ich halb im Scherz, da ich genau weiß, dass niemand da ist. Meine Lippen verziehen sich zu einem Grinsen. Schnell lasse ich meine Taschen fallen und eile zum Kühlschrank. Lilly hat mal wieder Eistee selber gemacht, den ich mir direkt greife. Ich lasse mich auf einen Hocker an der Theke fallen und schlürfe meinen Eistee. Nebenbei surfe ich auf dem iPad und informiere mich über den neusten Tratsch und Klatsch. Meine Familie steht offenbar mal nicht im Mittelpunkt. Ich genieße das Gefühl wieder zu Hause zu sein und beschließe kurzerhand erstmal mein Zeug auszupacken und mein Zimmer zu begutachten. Als mich eine weitere SMS innehalten lässt...

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