Finn starrte mich an. Seine Augen waren erfüllt von Panik, Trauer und Verzweiflung. Das Wasser umspielte seine Knöchel und stieg immer weiter an. Sie würden das Wasser nicht stoppen, egal was passieren würde. In dieser Sache war ich mir sicher. Gegen viele Dinge konntest du kämpfen, doch das Wasser konntest du schlagen so kräftig du willst, du konntest dagegen kämpfen. Doch letztendlich wird es immer siegen. Mister Crewsten stand voller Vorfreude hinter der Glasscheibe links von uns, seine Augen glitzerten und noch immer war das hämische Grinsen nicht von seinem Gesicht gewichen. Finn und ich standen in diesem Raum, getrennt durch eine Glasscheibe, völlig reglos. Einer wusste, dass er sterben würde, der andere wusste, dass ein Teil von ihm ebenfalls sterben würde. Langsam löste sich Finn aus der Starre, das Wasser hatte mittlerweile seinen Bauch erreicht. Er sah sich panisch um, suchte nach einem Fluchtweg. Doch es gab keinen. Er würde sterben, wie so viele zuvor. Als er mir wieder in die Augen sah, fiel auch die Starre von mir ab. Ich schlug wieder gegen die Scheibe, in dem Wissen, dass das nichts bringen würde. Doch ich konnte nichts anderes tun. Während ich gegen die Scheibe schlug, schrie ich Mister Crewsten an: "Machen Sie das Wasser aus! Sofort! Er wird ertrinken verdammt!" Doch von ihm kam nur ein gedämpftes Lachen. Das Wasser stieg und stieg und mittlerweile umspielte es schon Finns' Hals. Wie konnte Wasser so schnell steigen? Ich schrie nur noch, schlug verzweifelt gegen die Scheibe und sah Finn dabei in die Augen. Er weinte, ich weinte. Er ruderte verzweifelt mit den Armen, als das Wasser ihm langsam über den Kopf stieg. Er sah mich hilfesuchend an. Ich helfe dir, dachte ich, ich komme zu dir. Ich hole dich da raus. Finn konnte schon nicht mehr stehen und hielt sich mit Beinschlägen an der Oberfläche, als Mister Crewsten anfing zu reden: "So, Larissa. Willst du uns jetzt vielleicht von deinem Fluchtplan erzählen?" Ich erstarrte. Woher wusste er davon? Er lachte wieder. "Ich mag nicht der schlauste sein, aber dumm bin ich auch nicht." "I-ich weiß nich..." Finns und mein Blick trafen sich. Ich konnte ihn nicht einfach sterben lassen. "Stoppen Sie das Wasser." Ich atmete einmal tief durch. "Und ich erzähle es ihnen." Zufrieden drückte er an der Wand neben ihm auf etwas und das Wasser stoppte. Finn hielt sich wacker. Man sah, dass es furchtbar anstrengend für ihn war. Er hatte die Kiefer fest zusammengepresst und die Augen geschlossen. Schnell begann ich zu sprechen, erklärte ihm alles, angefangen von dem Treffen in der Vorratskammer bis hin zu dem Wiedersehen in dem weißen Raum, in dem ich vor einiger Zeit noch war. Ich erzählte ihm, dass wir an dem Tag fliegen wollten, an dem die neuen Testpersonen hergebracht werden würden. Er hörte mir die ganze Zeit zu, nickte einige Male oder rieb sich über das Kinn. Als ich fertig war, herrschte erstmal Stille, dann wurde sein Lächeln noch breiter. "Interessant, interessant. Ich sehe, mit etwas Druck wirst du doch ganz gehorsam." Er seufzte leise, was mir in Kombination mit seinem Lächeln komisch vorkam. "Aber du wirst sicherlich Verständnis für das haben, was ich nun leider tun muss." Ich wollte ihn schon fragen, was das sei, als ich Finns Schrei hörte. Sein Raum stand in wenigen Sekunden komplett unter Wasser, zwei Luken hatten sich geöffnet, aus denen in Windeseile Liter von Wasser geflossen sind. Finn hatte nicht einmal mehr Zeit gehabt Luft zu holen, als er schon von den Wassermengen verschluckt wurde. Ich schrie wieder und weinte wie noch nie zuvor. Mit meiner ganzen Kraft schlug ich gegen die Scheibe und ignorierte meine blutenden Knöchel. Finn hatte den Mund zu einem stummen Schrei geöffnet, aus dem Luftblasen quollen. "Nein! Sie haben gesagt sie stoppen das Wasser! Lassen sie es ab! Finn! Finn! Halt durch bitte!" Meine Stimme zitterte und brach gegen Ende. "Er hat zu viel gesehen, er ist zu jung für eine richtige Testperson. Das hier ist der einzige sichere weg, das versteht du doch, meine Liebe." Finn schlug wild um sich und hatte angefangen Wasser zu schlucken, weswegen er hustete, soweit das Unterwasser eben ging. Ich nahm nochmal meine ganze Kraft zusammen und schlug gegen die Scheibe, es brachte alles nichts. Tränen rannen über meine Wange und tropften auf den Boden. Verzweifelt schlug ich immer weiter gegen die Scheibe, bis mein Schlagen zu einem Klopfen wurde. Ich sank auf die Knie. "Finn... bitte" Brachte ich unter heftigen Schluchzern hervor. Ich sah ihm in die Augen, die mich nicht, wie ich erwartete hätte, vorwurfsvoll anstarrten. Unter seiner Panik lag... Die Bitte um Entschuldigung. Ich schüttelte den Kopf. Nein, er würde das schaffen er würde das aushalten. Wieder sah ich ihn an, doch diesmal war es pure Panik, die ich in ihm sah. Dann schloss er die Augen und regte sich nicht mehr.
Für mich war es sehr schwer dieses Kapitel zu schreiben. Ich wusste nicht genau, wie ich Larissas Gefühle ausdrücken sollte und das merkt man wahrscheinlich auch. Da ich keine Geschwister habe, war es für mich um einiges schwerer. Jedoch habe ich mein Bestes gegeben, auch wenn mich mein Bestes in diesem Fall nicht zufriedenstellt.
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Testobjekt 31
TerrorLarissa wird im Alter von 15 entführt und zu einem unbekanntem Ort gebracht, wo sie mehreren Tests unterzogen wird. Wie sie bald erfährt, sind außer ihr noch andere Jugendliche da - Sie alle sind Teil des Projektes Arbitrio. Ein Projekt, welches d...