Kapitel 48

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Bryan stand reglos da, sein Blick huschte über mich hinweg. Verwirrung, mehr konnte ich in seinem Blick nicht erkennen. Doch langsam legte er die Arme um mich und strich mir unbeholfen über den Rücken. Ich drückte mich an ihn, hielt mich an ihm festhalten als wäre er der einzige, der mich im Leben hielt und vielleicht war er das ja auch. Mein Gesicht vergrub ich in seinem weißen Shirt und jetzt merkte ich sich wie sehr er mir gefehlt hatte. Wie habe ich es so lange ohne ihn ausgehalten? Ich gab leise Schluchzer von mir, die meine Schultern beben ließen. Langsam traute er auf und zog mich seinerseits nochmal an sich. Ich brauchte ihn und hoffentlich brauchte er auch mich. Langsam löste ich mich von ihm, strich mir über meine feuchten Wangen und rieb meine geröteten Augen. Bryan sagte immernoch nichts, man sah ihm seine Hilflosigkeit schon fast an. Ich konnte ihn gut verstehen. Noch nie konnte ich gut mit Situationen wie dieser umgehen, egal ob ich es war die weite oder jemand anders. Nie wusste ich was zu tun war, es hat mich schlichtweg überfordert. Bryan schien genauso zu sein, oder zumindest so ähnlich. Er öffnete seinen Mund, doch es dauerte etwas bis er etwas sagte. "Hey... hey was ist den los?" Ich schüttelte kurz den Kopf. "Mein Bruder und... Sie haben ihn... er ist... oh Gott... er ist tot... und ich..." Ich sprach so schnell wie noch nie, zumindest kam es mit so vor. Zwischendurch unterbrachen mich immer wieder leise Schluchzer. Ich sah direkt in Bryans Augen. "Sie haben ihn vor meinen Augen getötet. Sie... Sie..." Meine verzweifelten Versuche weiter zu reden gingen in heftigem Weinen unter. Fast sofort zog Bryan mich an sich und strich mir über die Haare, während langsam Tränen meine Wange runter liefen. Ich wollte nicht weinen, doch ich schaffte es einfach nicht die Tränen zu unterdrücken. Mich hatte meine Kraft in dem Moment von Finns Tod verlassen. Vielleicht konnte Bryan sie mir wieder geben oder zumindest einen Teil davon. Er konnte mir helfen wieder ins Leben zu finden, davon wsr ich überzeugt. Er eaf der einzige der mir helfen konnte. Denn er wusste was ich durchgemacht hatte und es immernoch tat. Ich hatte kaum mitbekommen, dass meine Tränen versiegt waren. Doch als ich aus meinen Gedanken erwachte, bemerkte ich, dass nur noch kleine Schluchzer meine Schultern zum Beben brachten. Bryan sah mich an und öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch in diesem Moment ertönte eine Alarm, der so laut war, dass wir uns die Hände auf die Ohren drückten und das Gesicht verzogen. Türen wurden aufgestoßen, Menschen rannten den Gang entlang. Die meisten in dieselbe Richtung, ein paar wenige rannten jedoch an komplett andere Stellen. Beunruhigt sah ich zu Bryan, der sich hektisch umguckte. Wir wurden angerempelt und stolperte zur Seite. "Alle zum Sektor 0! Wir haben einen A12 !" A12 ? Was war das schon wieder? Allem Anschein nach schien Bryan zu wissen, was es war, denn er wirkte plötzlich fast schon panisch. "Bryan..." Fing ich an, doch er packte mich am Oberarm und zog mich hinter sich in eine Tür. "Verdammt was soll das?!" Schrie ich ihn an. Er drückte mir eine Hand auf den Mund und zeigte mir, dass ich still sein sollte. Was hat er denn jetzt vor? Ich nickte als Bestätigung, dass ich nun leise sein werde. Er nahm seine Hand von meinem Mund und fing leise an zu sprechen: "Heute sollten die neuen Testpersonen hergebracht werden. Irgendetwas muss schief gelaufen sein..." Ich schluckte. Verdammt, ich wusste ganz genau was schief gelaufen war. Ich sah ihn kurz schweigend an, bevor ich Luft holte und ebenso leise wie er sagte: "Jennifer... sie wollte mit mir fliehen wenn die Testpersonen hergebracht werden. Sie muss es alleine gemacht haben und erwischt worden sein..." "Moment... ihr wolltet fliehen? An dem Tag, an dem wir die Testpersonen hereinbringen?" Er schüttelte fassungslos den Kopf und sah aus als würde er am liebsten diesen ganzen Raum in Einzelteile zerlegen. "Das ist das dümmste was man machen kann!" Seine Stimme wurde lauter, weswegen ich ihn nachdrücklich ansah. "An solchen Tagen stehen an allen möglichen Ausgängen mehrere Sicherheitskräfte. Das ist der ungünstigste Tag für einen Fluchtversuch!" Seine Stimme war wieder leiser, doch hatte immernoch die gleiche Schärfe wie zuvor. "Sie meinte da würde nichts bewacht werden..." "Dann hatte sie wohl Unrecht! Oh Gott... Was sie jetzt mit ihr machen... was sie nur mit dir gemacht hätten! Ich hätte das nicht ausgehalten... Dir darf nichts passieren, nicht mehr." Während er dies sagte, wanderte er durch den Raum, blieb am Ende jedoch stehen und sah für kurze Zeit ohne ein bestimmtes Ziel in die Luft. Bryan kam zu mir, nahm meine Hände und hielt sie an seine Brust. Seine Augen schienen meine förmlich zu durchbohren. "Vertraust du mir?" Flüsterte er leise. Ich wusste nicht, was mich dazu verleitete, doch ohne ein Zögern nickte ich. "Dann folgt mir jetzt einfach. Und sei leise." Zusammen, seine Hand hielt immernoch meine, gingen wir aus dem kleinen Raum in den mittlerweile leeren Gang. Die Sirene war verstummt, doch kleine rote Lampen erleuchteten jetzt die Gänge. Bryan sah mich an, nickte und ging mit mir an der Hand zielstrebig die Flure entlang.

Testobjekt 31Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt