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Ich schaute aus dem Fenster und beobachtete die vorbeiziehenden Häuser.
Ich saß mit Oliver in seinem Auto und keiner sagte irgendein Wort. Vor circa 15 Minuten hatte er mich an meinem Haus abgeholt, und ich frage mich wirklich, woher er wusste, wo ich wohne, jedenfalls hatten wir uns nur flüchtig begrüßt und sonst nicht miteinander gesprochen.
Schüchtern blickte ich zu Oliver rüber und räusperte mich leise.
"Also", sagte ich gedehnt. "Was machen wir heute?", fragte ich neutral.
"Ich dachte, wir könnten erstmal etwas essen", zuckte er mit den Schultern. "Hast du schon Hunger?", fragte er mich, während seine braunen Augen mich neugierig musterten.
"Ja, ein bisschen", lächelte ich schüchtern und blickte wieder aus dem Fenster. Um ehrlich zu sein, war mir gerade weder nach Essen noch nach einem Date. Ich hatte mir mein erstes Treffen mit einem Jungen irgendwie ... ich weiß auch nicht ... spektakulärer vorgestellt. Aber da ich nicht unhöflich sein wollte, ließ ich mich auf seine Idee ein.
Keine 5 Minuten später parkte Oliver seinen weißen Opal an der Straße und stieg aus. Kurz dachte ich, er würde mir die Tür auf machen, aber da hatte ich mich wohl geschnitten.
Ich stieg peinlich berührt aus und sah zu ihm rüber. Dieser sperrte sein Auto ab und wies mich auf ein kleines Restaurant direkt gegenüber.
Wir betraten den Saal und sofort stieg mir der Geruch von gebratenem Essen in die Nase.
Ich musste zugeben, dass mein Bauch doch leise knurrte und ich mich deshalb um so mehr auf das Essen freute.
Wir wurden an einen Tisch gebracht und die Speisekarten wurden uns überreicht.
Ich stellte sie so auf, dass ich Oliver nicht mehr ansehen musste, und studierte deshalb sorgfältig die Karte.
"Haben sie sich schon entschieden?", fragte mich eine bekannte tiefe Stimme, doch ich dachte mir dabei nichts.
"Am besten schon die Rechnung", murmelte ich so leise, dass es maximal nur der Kellner hören konnte.
"Einen Salat, danke ", sagte ich schließlich und guckte auf meine Armbanduhr. Wir waren gerade mal 20 Minuten hier und ich hatte jetzt schon keine Lust mehr.
"Kein Problem, Honey", murmelte der Kellner so leise, dass nur ich es verstehen konnte.
Honey? Hatte er mich gerade 'Honey' genannt?
Geschockt hob ich meinen Blick und sah in Logans engelsgleiches Gesicht.
Hörbar schluckte ich mein Entsetzten herunter.
"Du ... was ... machst du hier?", fragte ich ihn entsetzt.
"Ich arbeite, offensichtlich", entgegnete er kalt, wobei er mich keines Blickes würdigte.
Sofort zog sich mein Magen zusammen, mein schlechtes Gewissen gewann immer mehr die Oberhand.
Gedemütigt schaute ich schnell auf das Besteck, welches sehr genau geordnet wurde.
Natürlich war Logan nicht eifersüchtig, geschweigedenn hatte er von dem Date gewusst.
Er musste ganz offenbar arbeiten. Ich kam mir wirklich blöd vor, aber um ehrlich zu sein, konnte ich Logans Reaktion nicht ganz nachvollziehen. Immerhin waren wir nicht zusammen, sondern hatten uns geküsst, zwar mehrmals, aber das hieß noch nicht, dass ich seine Freundin war.
"Für mich das Steak mit Kartoffeln", antwortete Oliver unbeeindruckt und schaute Logan dabei nicht an.
Wie konnte er jetzt noch ans Essen denken?
"Das Essen kommt gleich, derweil lasse ich euch alleine bei eurem Date", wandte er sich an mich und starrte mich etwas wütend an.
Bei dem Wort 'Date' zuckte ich zusammen, dabei war es ja wirklich so.
Damit verließ er unseren Tisch und ich blickte ihm hinterher. Nachdenklich biss ich mir auf meine Unterlippe und beobachtete ihn bei jeder Bewegung.
Wieso mussten wir gerade in diesem Restaurant essen?
Keine 10 Minuten später wurde uns das Essen gebracht, aber ich hatte nun doch keinen Hunger mehr.
Wie auch?
Der Typ, in den ich mich verliebt hatte, sah mir dabei zu, wie ich einen Anderen date. Dazu kommt noch mein schlechtes Gewissen, dass ich die ganze Zeit über hatte.
Oliver ließ sich davon anscheinend nicht beirren und aß genüsslich sein Steak, doch ich stochern nur lustlos in die Salatblätter.
Immer wieder versucht Oliver sich mit mir zu unterhalten, aber mir war eben nicht nach reden, so endete jedes angefangene Gespräch in drei oder vier Sätzen.
"Entschuldige mich kurz", sagte ich scheu zu Oliver und ging Richtung Toilette.
Keine Menschenseele war zu sehen oder zu hören, besser für mich.
Mit beiden Armen stütze ich mich an dem Waschbecken und sah in mein Spiegelbild.
Hellblondes Haar, braune Augen, ein paar vereinzelte Sommersprosen an meiner Nase, die um diese Jahreszeit mehr und mehr zum vorscheinen kamen. Doch mein Gesichtsausdruck verriet, wie lustlos und abwesend ich war.
Merkt Oliver denn nicht, dass ich mich unwohl fühlte?
Ich spritze mir kurz kaltes Wasser ins Gesicht, trocknete mich ab und verließ seufzend die Toilette.
Wenn ich Glück habe, waren es nur noch eine halbe bis dreiviertel Stunde.
Ich ging den kleinen Flur entlang, als ich plötzlich über etwas stolperte. Mit meinen Händen voran fiel ich runter und schloss aus Reflex meine Augen.
Aber er kam nicht.
Stirnrunzelnd öffnete ich meine Augen uns sah auf ein weißes Hemd, welches mit einer schwarzen Krawatte geschmückt wurde. Ich fuhr weiter mit meinem Blick hoch und sah in seine wunderschönen braunen Augen.
"Alles in Ordnung?", musterte mich Logan sanft.
Automatisch musste ich lächeln, auch wenn ich mich vermutlich fast zum Affen gemacht hätte. Seine Anwesenheit fühlte sich immer so gut an.
"Ja, geht schon. Danke", flüsterte ich und wollte mich von ihm lösen, aber er hielt mich weiter an meiner Taille fest und starrte mir intensiv in die Augen.
"Alles ... okay?", fragte ich so leise, dass ich es nicht mal richtig verstehen konnte und blickt schüchtern in sein hübsches Gesicht.
"Wieso er?", fragte er mich traurig, das ließ meinen Magen zusammen ziehen und kurz verkrampften sich meine Hände in seinem Hemd.
"Ich ... weiß nicht, er hat mich einfach gefragt und, was ist denn schon dabei, immerhin sind wir ja nicht ...", flüsterte ich leise und biss mir bei dem letzten Teil auf die Unterlippe.
Er schloss seine Augen, um diesen Satz offenbar erstmals zu verarbeiten. Mein Augen jedoch blieben an seinem Gesicht hängen, während mein Blick ihn musterte.
Das ist doch die Wahrheit, oder?
Sonst hätte er mich schon längst gefragt.
Langsam ließ er mich los, wobei er mir nicht in die Augen sah.
"Tut mir leid euch gestört zu haben, ich ...", presste er bedrückt hervor, sodass ich meine Hände erneut verkrampften.
"Ich werde dann jetzt gehen", entgegnete er niedergeschlagen.
Zu gerne hätte ich ihn in den Arm genommen und ihn den Kummer von der Seele geküsst, aber stattdessen schlang ich meine Arme um meinen Körper, sodass ich dem Drang wiederstehen konnte.
Einen kleinen Blick erhaschen er auf mich, der nur nach Trauer, Wut und gleichzeitig Sehnsucht förmlich schrie, dann räusperte er sich und ging aus meinem Blickfeld.
"Super gemacht, Annabelle", murmelte ich zu mir selber, während ich meinen Kopf in den Nacken geht hatte.
"Wirklich 1 A ..."

Good Badboy ?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt