Kapitel 12

14.5K 590 96
                                    

Mir ist langweilig! Ich verdrehe nur meine Augen und trinke mein Getränk weiter. Es dauert nur noch wenige Minuten, dann würde ich vielleicht meine Mate finden. Ja. Nur noch halbe Stunde. Ja eben. Ist doch super. Nur noch dreissig Minuten! Das sind genau dreissig Minuten zu viel! Ich will endlich meine Mate bei mir haben! Bei der Mondgöttin, Silver, du bist ja schlimmer als ein Welpe. Beruhige dich erstmal. Es ist nicht mal sicher, ob wir sie überhaupt irgendwann in unserem Leben finden. Natürlich finden wir sie bald. Du hast es doch auch gespürt! Vielleicht habe ich aber auch etwas verloren. Vielleicht ein Schulheft oder so?

Du setzt unsere zukünftige Mate mit einem Schulheft gleich?! Bist du völlig durch? Nein, wenn einer von uns durchgeknallt ist, dann du. Als ob wir unsere Mate so schnell finden könnten! Es ist extrem selten, dass Mates sich innerhalb weniger Stunden finden. Die Meisten müssen Jahre suchen. Manche finden sie überhaupt nie. Ja und? Dann sind wir halt ein seltener Fall. Bevor ich mich weiter mit Silver streiten kann, kommt Charly auf mich zu. Mit einem Lächeln im Gesicht fragt er mich: ,,Und? Spürst du schon was?" Ich blicke ihn nur verständnislos an. Er glaubt doch nicht wirklich daran, dass man so schnell seine Mate findet?

Ich runzle kurz die Stirn und frage ihn zurück: ,,Was soll ich spüren?!" Sein Lächeln wird nun noch breiter und antwortet mir: ,,Ich habe zum Beispiel auch schon vorzeitig etwas gespürt. Als hätte ich etwas verloren. Spürst du nichts?" Silver drängt sich vor und antwortet Charly: ,,Ich schon und dieser Trottel eigentlich auch. Aber er will es nicht zugeben, weil er das für unmöglich hält!" Ich dränge meinen inneren Wolf wieder zurück. Warum kann ich ihn manchmal einfach nicht unter Kontrolle behalten?! Weil ich einfach zu gut bin. Wohl eher zu nervig, aber jetzt sei bitte ruhig.

Ich blicke wieder zu Charly, welcher verschmitzt grinst. ,,Tja, da seid ihr wohl mal wieder unterschiedlicher Meinung." Ich nicke nur genervt. Das Grinsen meines Gegenübers wird noch breiter. Ich bereite mich innerlich schon einmal auf einen Kommentar von ihm vor. Und wie erwartet provoziert Charly: ,,Tia. Ich habe das Ganze schon durch..." Anschliessend boxt er noch in meinen Bauch. Bei der Mondgöttin, wie konnte so ein Kindskopf nur seine Mate finden?! Ja, richtig gehört. Er hat seine Mate bereits gefunden. Sie heisst Bellinda, will aber von allen nur Bell genannt werden, da sie ihren Namen hasst.

Und genau in diesem Moment taucht ein blondes Mädchen in meinem Blickfeld auf, das freudig auf Charly zu hoppelt Ja. Zu hoppelt. Ich finde einfach kein anderes Wort für das, was sie gerade veranstaltet. Halb gehend, joggend und hüpfend wie ein hyperaktives Meerschweinchen kommt sie auf meinen besten Freund und zukünftigen Beta Charly zu. Bell ist einfach nicht normal. Stimmt auch wieder. Schrill lacht sie auf und hopst Charly in die Arme. Lallend sagt sie: ,,Tshaalyyy Maaaus! Schon laange nischt mehr gsehn, ode?" Ich glaube, sie ist dezent betrunken. Dem kann ich nur zustimmen. Auch wenn dezent wohl eher milde ausgedrückt ist. Bell hat echt Glück, dass Charly nicht so besitzergreifend wie andere Werwölfe ist, obwohl er sogar noch einen hohen Rang hat.

Mit einem sanften Lächeln im Gesicht blickt er seine Mate an, dann schaut er zu mir. Innerhalb von Sekunden hat er sich von einem Kindskopf, in einen verantwortungsbewussten, ruhigen, zukünftigen Beta verwandelt. Er drückt Bell noch etwas fester an seine Brust, dann meint er zu mir: ,,Ich bringe sie nach Hause. Wenn ich sichergestellt habe, dass sie nichts mehr anstellen kann, komme ich sofort wieder hierher." Ich nicke ihm kurz zu und schon ist er auf dem Weg. Er wohnt zusammen mit seinen Eltern Tisana und George im Beta-Haus, dass nur etwa hundert Meter entfernt von dem Alpha-Haus ist.

In meinem Haus lebe nur ich, da meine Eltern und meine Schwester letzte Woche ausgezogen sind, da ich bald Alpha des Rudels werde. Heute, kurz vor Mitternacht, ist die Zeremonie. Ich bin eigentlich etwas jung für einen Alpha. Etwas? Guter Witz. Wir sind seit gut einem Jahrtausend der wohl jüngste Alpha dieses Rudels. Ich weiss. Und unser Vater wurde erst mit etwa 56 Alpha. Ist ja gut. Aber er meint, es wäre Zeit für ihn, in Rente zu gehen. Jedenfalls als Alpha. Denn er wird die Firmen weiterführen, die wir seit Jahrzehnten betrieben und eine Menge Geld einbrachten. So hat Geld für unsere Familie nie eine Rolle gespielt.

The Night WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt