Kapitel 36

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Gedankenverloren sitze ich auf dem Sofa in Ascans Wohnzimmer. In unserem Wohnzimmer. Wie auch immer. Wir sind wieder zurück von dem Treffen mit dem Rudel. Als wir durch die Menge den Rückweg angetreten haben, wichen sie ehrfürchtig vor Ascan und mir zurück. Wohl eher von Ascan, aber dennoch bin ich noch immer von Freude erfüllt, dass sie mich so freudig empfangen haben. Es war ein... unfassbares Gefühl. Dennoch ist irgendetwas nicht richtig. Ich fühle mich zwar vom Rudel aufgenommen, und auch die Rolle als Luna scheint zu passen. Aber irgendetwas fehlte. Ich kann weder sagen was, noch warum. Seufzend sehe ich aus dem Fenster.

Verwirrt beobachte ich, wie Goerge sich dem Haus nähert. Der Villa! Kannst du es nicht einfach lassen?! Warum sollte ich? Wenn du solche Fehler in deinem Wortschatz aufweist, ist etwas mit dir falschgelaufen! Ich habe nie behauptet, normal zu sein. Was ist normal überhaupt? Egal was es ist, ich bin es definitiv nicht. Wieder zurück zu George. Ascan ist gar nicht hier, er ist mit einigen anderen aus dem Rudel die Grenzen kontrollieren. Was also möchte George hier? Es klopft an die Eingangstür. Ich stehe auf und jogge hin. Ich öffne die Tür und sehe George verwirrt an.

Er lächelt jedoch einfach nur und fragt: ,,Dürfte ich hineinkommen?" Ich nicke, trete etwas zurück und lasse ihn hineinkommen, bevor ich dann die Tür hinter ihm schliesse. Er begibt sich schnurstracks ins Wohnzimmer. Ich gehe ihm nach und schliesse auch diese Tür. Dann setze ich mich ihm gegenüber auf das Sofa. Ich verschiebe meine Fragen, warum er hier ist, auf später und frage ihn stattdessen: ,,Kann ich dir etwas zu trinken anbieten?" Er schüttelt und den Kopf und lehnt dankend ab. Eine Pause entsteht. Dann räuspert sich George und meint: ,,Ich weiss, dass du dich fragst, warum ich hier bin, obwohl Ascan nicht da ist. Ich bin deinetwegen hier. Wegen deiner Ansprache von vorhin."

Ich sehe ihn verwirrt an. Wegen der Ansprache? Habe ich etwas falsch gemacht? Wenn er sich beschwert, dann gnade ihm die Mondgöttin! Ich verdrehe innerlich die Augen und warte ab, bis George fortfährt. Dieser jedoch betrachtet mich nur nachdenklich. Doch schliesslich seufzt er leise auf und murmelt etwas für mich unverständliches. Endlich reisst er sich von seinen Gedanken los und sieht mich direkt an, dann fängt er an: ,,Wegen deiner Ansprache und... nun...", er unterbricht sich kurz, doch dann fährt er fort: ,,Ich muss gestehen, etwas hat mich daran irritiert. Deine Ansprache war gut, sehr gut sogar. Doch ich möchte etwas mit dir besprechen, dass mir aufgefallen ist. Hast du jemals eine Ansprache dieser Art gehalten?"

Ich schüttle verwirrt den Kopf. George nickt nachdenklich, dann meint er: ,,Ich habe eine Ahnung. Ob sie stimmt weiss ich nicht und ich werde sie erst mit dir teilen, wenn ich mir ganz sicher bin. Ich wäre froh, dass, falls du heute oder Morgen eine weitere Vision haben solltest, sie mit Ascan oder mir teilen würdest. Übrigens kommt er jeden Moment zurück. Geniesst die Zeit zusammen, solange sie noch möglich ist. Es ist unklar, wie das Übermorgen ausgehen wird. Ich wünsche dir noch einen schönen Abend!" Mit diesen Worten steht er auf und verlässt den Raum.

Verdattert blicke ich ihm nach und sitze auch noch erstarrt da, als George das Haus verlässt. Immer noch die Villa. Aber was meint er mit dem, das er eine Ahnung hätte? Ich habe keinen blassen Schimmer. Wie auch immer. Ich vermisse Silver! Silver? Bist du völlig hinter dem Mond? Ascans Wolf du Vollidiot! Oh. Stimmt. Bei der Mondgöttin, manchmal würde ich dich echt gerne eintauschen. Sogar das Loch von einem Käse hat mehr Gehirn als du! Wie kommst du auf solche Vergleiche?! Das tut nichts zur Sache. Möglicherweise liegt es an meiner ausgeprägten Kreativität und Intelligenz. Du weisst schon, die beiden Dinge, die du nicht hast.

Das glaubst auch nur du. Meine Diskussion mit Fog wird unterbrochen, als ich Ascan riechen kann. Kaum habe ich die Eingangstür schliessen gehört, steht Ascan auch schon vor mir und zieht mich in eine heftige Umarmung. Ich röchle verzweifelt nach Luft. Augenblicklich wird sein Griff etwas lockerer und ich erwidere die Umarmung vorsichtig. Auf einmal höre ich Ascan leise schnurren. Etwas perplex löse ich mich von ihm und sehe ich verwirrt an. Mit zusammengezogenen Augenbrauen frage ich ihn: ,,Bist du eine Katze oder warum zur Mondgöttin schnurrst du?!" Er blickt mich verdutzt an, dann beginnt er zu lachen.

Nun bin ich noch mehr aus der Fassung geraten. Was ist daran so lustig? Nachdem er sich etwas beruhigt hat, antwortet er mir schmunzelnd: ,,Manche Werwölfe tun das, das ist normal. Auch wenn ich es etwas beleidigend finde, dass du mich mit einer Katze vergleichst." Entsetzt starre ich ihn an. Katzen sind toll! Wie kann er es wagen! Wütend knurre ich ihn an: ,,Hast du was gegen Katzen oder was?! Das sind verdammt tolle Tiere!" Erst verwirrt, dann beschwichtigend blickt er mich an und antwortet schnell: ,,Nein, nein, so war das nicht gemeint. Katzen sind natürlich toll!"

Ich verdrehe die Augen und lächle. Awww, er ist so toll! Du bist echt ein kleines bisschen durch... Nein bin ich nicht. Ich bin die Normale von uns beiden! Das glaubst auch nur du, oder? Ja, diese Möglichkeit besteht. Aber trotzdem... Ich bin die Intelligentere von uns beiden! Nein, bist du nicht. Du kannst dir Dinge einfach besser merken. Das hat nichts mit der Intelligenz zu tun. Als ob! Können wir dieses Thema bitte beenden? Also gibst du zu, dass ich intelligenter bin? Nein. Aber es ist doch so! Ascan sieht schon etwas verwirrt aus Fog. Ouh etwas ist gut...

Tatsächlich blickt Ascan mich so an, als wäre ich ein Alien, das soeben vor ihm aufgetaucht ist. Dieser Vergleich passt einigermassen. Abgesehen davon, dass du hässlicher als jeder Alien bist. Wir sind sozusagen die gleiche Person Fog. Du hast soeben ein Eigentor erzielt. Verdammt! Das vergesse ich immer... Tia, wer ist jetzt intelligenter? Ich! Träum weiter. Ein Räuspern unterbricht die Diskussion. Verwirrt blinzelnd richte ich meinen Blick auf Ascan, der mich belustigt betrachtet. Mit einer hochgezogenen Augenbraue fragt er mich: ,,Was zur heiligen Mondgöttin tust du!?" Ich grinse etwas verlegen und antworte ihm: ,,Ich habe eine äusserst wichtige Diskussion mit Fog geführt."

Er nickt leicht, dann fragt er mich: ,,Hast du Hunger?" Ich bejahe seine Frage. ,,Dann lass uns kochen. Kommst du?" Er ist bereits auf dem Weg in die Küche. Rasch eile ich ihm hinterher. Nach dem Kochen, als wir zusammen auf dem Sofa sitzen und essen, kommt mir etwas in den Sinn. Mit leiser Stimme frage ich meinen Mate: ,,Sei bitte ehrlich... Wie denkst du über Übermorgen? Wie wird es wahrscheinlich ausgehen?" Er schweigt kurz, bevor er sein Besteck niederlegt und leise aufseufzt. ,,Ich weiss es nicht. Es kann sein, dass wir verlieren. Allerdings halte ich das für äusserst unwahrscheinlich.

Unser Rudel zählt viele und die Kämpfer sind hervorragend ausgebildet. Aber wir wissen nun mal nicht besonders viel über die Kampffähigkeit der anderen, aber wenigstens sind wir ihnen zahlenmässig weit überlegen. Ich nicke kurz nachdenklich. Eine kleine Pause entsteht, bevor ich eine weitere Frage stelle, wer denn alles mitkämpfen werde. Nachdenklich legt er seine Stirn in Falten, bevor er meint: ,,Also ab einem Alter von sechzehn darf man. Allerdings gibt es Ausnahmen. Die, die nicht wollen müssen nicht. Schwangere und zu alte auch nicht. Schwer Verletzte ebenso nicht. Und Savannah und du auch nicht." Entrüstet starre ich ihn an. Wütend frage ich ihn: ,,Warum?!" Er legt mir beruhigend eine Hand auf die Schulter.

Erst als ich nicht mehr kurz davor war, ihm an die Kehle zu gehen, erklärt er mir: ,,Es wäre dumm, dich mitkämpfen zu lassen. Du bist ja unter anderem das, was sie wollen. Savannah ist noch etwas zu jung, sie wird erst noch sechzehn." Ich atme einmal tief durch. Er hat ja Recht. Ich hätte dennoch gerne mitgekämpft. Doch es ist wahrscheinlich besser, wenn zum einen nicht meine Kräfte, die ich sehr wohl einsetzen würde, von allen gesehen werden würden und zum anderen, das die Gefahr besteht, dass ich in die Hände der Gegner fallen könnte. Ich seufze leise auf, dann setze ich mich gerade hin.

Ich richte meinen Blick auf Ascan, bevor ich mit fester Stimme sage: ,,Gut, dann sei es so. Bei welchen Vorbereitungen kann ich helfen?"

The Night WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt