Das was mich verwirrte war nicht, dass Samu nicht hier war, er musste schließlich nicht den ganzen Tag bei mir Zuhause verbringen. Das seltsame war, dass er keine Nachricht hinterlassen hatte. Ich ging Richtung Küche und schaute zu Sicherheit doch nochmal nach. Und da sah ich es... Mein Blut gefror mir in den Adern, mein Herz rutschte mir bis in die Hose -wenn nicht noch tiefer... Da lag der Brief mit der seltsam schönen Handschrift und die Herzchen lagen auf dem Tisch verteilt. Das hatte ich komplett vergessen. Nun hatte er den Brief entdeckt, wahrscheinlich ziemlich falsch interpretiert, da ich ihm noch nichts davon erzählt hatte.
'Verdammt!', ich spürte schon den Klos in meinem Hals... Nein... Er durfte nicht... Er konnte nicht weg sein... Mein Blick fiel auf den Rosenstrauß, den er gestern achtlos auf den Boden geschmissen hatte. Sie sahen nicht mehr ganz so frisch aus, schnell holte ich eine Vase und stellte sie ins Wasser. Verzweifelt hoffend, dass sie es überleben würden. Sie mussten es überleben, diese Rosen waren ein Symbol unserer Liebe und sie durfte nicht jetzt schon enden... Sie durfte es nicht....
Ich schlurfte in mein Zimmer und holte meine Gitarre wieder nach langer Zeit hervor und begann zu spielen... Ich spielte das Lied, was ich vor so langer Zeit einst Samu vorgespielt hatte... Das war der Moment an dem sich alles geändert hatte. Der Moment, bei dem ich meine starken Gefühle für Samu das erste Mal entdeckt hatte. Der Moment, an dem ich das erste Mal das Gefühl gehabt hatte, mich in seinen Ozean-Blauen Augen verloren zu haben...
Ich spielte... Einfach weiter und weiter.. Leise kullerten mir Tränen die Wangen runter.. Haltlos, verzweifelt hinterließen sie salzige Spuren auf meinem Gesicht. Irgendwann konnte ich nicht mehr und lies den letzten Ton leise verklingen...
"wow... es warrr.. wonderful...", sagte eine tiefe Stimme bewundernd. Erschrocken sah ich auf. Samu stand da, lässig an die Tür gelehnt und sah mich an. In seinen Augen lag ein trauriger Schimmer.
"Ich... Ich hatte dich gar nicht gehört", stammelte ich etwas unsicher und wischte mir hastig die Tränen weg.... Samu sagte nichts und schaute mich einfach nur weiterhin schweigend an... Plötzlich stand ich, wie von der Tarantel gestochen, schnell auf, lief an ihm vorbei und rannte zum Esstisch. "Samu, ich kann dir das erklären!", sprach ich etwas atemlos, plötzlich raste mein Herz wie wild. Langsam kam er hinterher und fragte zweifelnd: "Really? You can...?" Für ihn schien es also schon fest zu stehen was dieser Brief bedeutet... 'Hätte ich ihm nur früher davon erzählt...', dachte ich und wurde sauer auf mich.
"Also...", ich wusste nicht genau wie ich Anfangen sollte, "Also... Erinnerst du dich noch an den Tag als... Als ich gefeuert wurde..?" Er nickte nur und sah mich weiterhin gespannt an. Waren seine Augen leicht gerötet? Oder bildete ich es mir nur ein? Vielleicht lag es ja auch nur am Licht. "An dem Tag...", ich stockte ,"nein nicht an dem Tag, sondern am Tag darauf bekam ich einen seltsamen Brief... Er sah genauso aus wie dieser hier...", damit zeigte ich hilflos auf den Brief der auf dem Tisch lag. Nach wie vor schwieg Samu und sah mich weiterhin gespannt an. Seine Augen ruhten auf mir, sein Blick war ernst aber neugierig darauf was nun kommen würde.
Ich schluckte und begann weiter zu erzählen: "Ich dachte mir nichts weiter dabei. Obwohl.. Naja ein paar Sorgen hatte ich mir schon gemacht, aber egal. Wie auch immer hatte ich ihn dann weggeschmissen. Ich hatte es vergessen, es kam auch kein neuer mehr bis... Vor zwei Tagen. Ich wollte dich anrufen und dir von diesem komischen Brief erzählen, aber du konntest ja nicht reden und hast einfach aufgelegt...!", den vorwurfsvollen Unterton konnte ich mir nicht verkneifen, aber er sollte ruhig merken, dass es nicht meine alleinige Schuld war. Nur weil ich ihm noch nicht von dem Brief erzählen konnte, hatten wir dieses Schlamassel hier... "Naja und gestern konnte ich es dir nicht erzählen, weil wir ziemlich ähm... beschäftigt gewesen waren..", endete ich verlegen und wurde rot. Innerlich bebend wartete ich auf seine Reaktion...
-Samus Sicht-
Als mich die Sonnenstrahlen weckten, die durch das Fenster ins Zimmer fielen, war Mali, wie ich bedauernd feststellte, schon arbeiten gegangen. Ich stand auf ging Duschen und machte mich fertig. Irgendwie schaffte ich es mir Frühstück zu machen, nach dem ich -fast!- alle Schränke durchsucht hatte... Während ich aß überlegte ich, was ich mit dem Tag heute anfangen wollte. Mali würde leider erst gegen Abend wieder zurück kommen... Ich hätte 1000 Ideen gehabt, was ich alles mit ihr hätte anstellen können, aber alleine? Auf der such nach irgendetwas blickte ich mich um. Da lagen noch die Rosen auf dem Boden! Ich wollte sie gerade aufheben und sie in Wasser stellen, als mein Blick auf einen Brief fiel, der neben dem Mülleimer lag. Es war eine sehr schöne Schrift, trotzdem war mir klar, dass es eine männliche Handschrift war. Eigentlich wollte ich nicht in ihre Privatsspähre eindringen, aber irgendwas an diesem Brief zog mich magisch an... Zögernd griff ich danach und sah hinein. Mein Herz setzte einen Schlag aus... Der Inhalt des Briefes bestand nur aus Herzchen? Ich leerte den Brief auf dem Tisch aus, um sicher zugehen, dass nicht noch mehr enthalten war. So ist das also... Sie hat einen anderen Verehrer? Ob sie sich wohl in diesem Moment mit ihm trifft...? 'Nein, sie ist bestimmt arbeiten..', versuchte ich mir einzureden. Trotzdem wurde ich diesen beunruhigenden Gedanken einfach nicht mehr los! Rastlos, wie ein gefangenes Tier, irrte ich in der Wohnung umher, die mir plötzlich zu eng, zu klein vor kam. Sie schien mich zu erdrücken. Schnell schnappte ich mir meine Jacke und lief hinaus.
Den Rest des Tages wanderte ich ziellos in der Stadt umher. Ich hatte mir eine Sonnenbrille und eine Kapuze aufgesetzt, damit ich nicht erkannt wurde und in Ruhe meinen Gedanken lauschen konnte. Ich war zu tiefst verletzt... Und enttäuscht, das hätte ich wirklich nicht gedacht... Mali sollte einen anderen Lover haben? Wahrscheinlich hatte sie ihn während der letzten Wochen kennengelernt, dachte ich und trat wütend gegen einen Mülleimer. Dafür erntete ich einen entsetzten Blick einer älteren Dame, den ich aber nicht beachtete... Sie wirkte so treu, so... Unschuldig, ich wollte es einfach nicht wahr haben! Dennoch hämmerten die Gedanken erbarmungslos auf mich ein, ich konnte nicht verhindern, dass ich mich immer weiter in die Sache hinein steigerte. Als es dämmerte setzte ich mich erschöpft auf eine Parkbank und spürte wie mir Tränen in die Augen schossen. Die Welt um mich herum verschwamm und ich schluchzte leise und verzweifelt auf .
Inzwischen war die Sonne hinter dem Horizont verschwunden und ich fröstelte. Ich wollte nochmal mit Mali reden, wollte wissen, wer dieser andere Mann war. Also erhob ich mich steif und joggte locker zurück, achtete weder auf meine Umgebung noch auf meine Gedanken.
Vorhin hatte ich mir einen Schlüssel genommen, weshalb ich nicht klingeln musste. Leise schloss ich auf und vernahmen den lieblichen klang einer Gitarre. Mit kaum vernehmbaren Schritten ging ich in ihr Zimmer. Sie schien mich gar nicht zu bemerken. Ich erkannte die Melodie wieder. Sie kam aus den Tiefen ihres Herzens... Es war ihr liebes Song... Der Song, den sie mir vorgespielt hatte, als ich das letzte mal hier gewesen war... Mein Herz zog sich zusammen und während ich ihr lauschte, betrachtete ich sie: sanft aber wissend glitten ihre Finger über die Saiten. Ihre lockigen, braunen Haare hatte sie durch einen Dutt gebändigt, allerdings hatten sich ein paar Strähnen frech gelöst und fielen ihr ins Gesicht. Ihr voller Mund war etwas zusammen gepresst, ihre Augen hatte sie geschlossen. Sie war weit weg. Irgendwo in ihrer eigenen Welt. Ich kannte die Melodie die sie spielte nun nicht mehr. Mir schien sie kannte sie auch noch nicht, sie ließ ihre Finger über die Saiten fliegen, geleitet durch ihre Gefühle und ihre Gedanken... Ich sah, dass sich eine Träne aus ihrem Augenwinkel stahl und langsam ihre Wange hinab lief. Weitere Tränen folgten. Ich hatte das Bedürfnis sie in die Arme zu nehmen, sie zu trösten, die Tränen weg zu küssen... Hielt mich aber zurück. Vielleicht hatte ja ihr Lover Schluss gemacht! Enttäuschung und Wut kamen wieder in mir hoch. Sie hörte auf, der letzte Ton klang schmerzhaft lange nach. "Wow... Es warrrr... Wonderful.", musste ich anerkennend sagen. Überrascht sah sie auf. Sollte das hier wirklich enden? Wollte ich das denn überhaupt?
"Ich... Ich hatte dich gar nicht gehört", brachte sie hervor und wischte ihre Tränen weg, hoffend, dass ich sie noch nicht gesehen hatte. Ich blickte in ihre grünen Augen, die dunkler schienen als sonst. Tiefe Trauer sprach aus ihnen... Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, ich konnte meine Gefühle gerade nicht in Worte fassen. Plötzlich stand sie hektisch auf, rannte an mir vorbei zum Esstisch und rief: "Samu ich kann dir das erklären!" Ich atmete ein mal tief durch, und sammelte kraft. Wollte ich das überhaupt hören...? Langsam ging ich hinterher.
Zweifelnd fragte ich "Really? You can...?"
Etwas mutlos sah sie mich an.
Sie begann zu sprechen, unterbrach sich immer wieder, überlegte und setzte neu oder wieder ein. Sie war nervös... "...als ich gefeuert wurde?" Ich nickte, natürlich erinnerte ich mich daran, die Presse hatte so ein sch**** über sie geschrieben! Dann sagte sie, dass sie am folgenden Tag den ersten Brief erhalten hatte. 'Das war also nicht der erste?', jetzt hatte sie meine Neugierde geweckt. Sie redete weiter, erzählte von dem zweiten Brief, dass sie mir davon erzählen wollte, ich aber nicht mit ihr hätte reden können. Schuldgefühle überkamen mich. Hätte ich gewusst, dass ihr Anruf so dringend gewesen war, hätte ich sie doch nie so abgewimmelt. "Naja und gestern konnte ich es dir nicht erzählen, weil wir ziemlich ähm... beschäftigt gewesen waren..." Sie endete und blickte mich mit großen Augen an. Erleichterung durchflutete mich. Sie hatte niemand anderen, sie hatte nur mich... Mich alleine... Es fühlte sich so gut an! 'Ich Idiot hatte ihr die ganze zeit Sachen zugeschrieben, die nicht wahr waren...' Schuld und Liebe strömten durch mich durch. Warm erwiderte ich ihren Blick.
-Malis Sicht-
Ich blickte auf den Boden... Ich hatte so Angst vor seiner Reaktion. Aber wieso eigentlich? Ich hatte doch nichts falsch gemacht? Er musste mir glauben...
Sein Schweigen machte mich wahnsinnig! Jeder Muskel in mir war angespannt. Langsam wanderten meine Augen hoch, bis sie auf seine Blauen trafen. Ein blitz durchzuckte mich. Das blau war immer noch kalt und abweisend, doch plötzlich veränderten sie etwas. Seine Haltung wurde entspannter, sein Blick wurde wieder warm und weich, seine Augen füllten sich mit Tränen und mit einem leichten Lächeln auf seinen wunderschönen Lippen sah er mich an. Was hatte seinen plötzlichen Stimmungsumschwang bewirkt? Hatte ich ihn überzeugt? Ich merkte, dass ich den Atem angehalten hatte und ließ die angehaltene Luft erleichtert ausströmen. "Mali...", begann er und sein Blick wurde so verletzlich, " i am so sorry... Ich hatte Angst that you had another one... I couldn't get this thoughts out of my mind... I was... Eifersüchtig.... Sorry, I nearly ruined everything..." Er stoppte kurz, tränen flossen sein Gesicht hinab, "I am so glad... Du hast no one else..." Pure Erleichterung durchströmte mich, dankbar lächelte ich ihn an.
Langsam kam er auf mich zu und drückte mich ganz fest an sich, als würde er mich nie wieder los lassen wollen. Ich legte meinen Kopf an seine Brust, hatte seinen wunderbaren Geruch in der Nase und genoss den Moment. Froh darüber, dass dieses Missverständniss geklärt war. Ich spürte wie Samu sein Gesicht in meinen Haaren vergrub. Kaum vernehmbar hörte ich ihn "I love you so much" flüstern. Mir schien, dass er es mehr zu sich als zu mir sagte... Ich drückte ihn nochmal ganz fest, nicht wollend, dass diese Umarmung endete. Doch jäh beendete Samu sie, hielt mich an den Schultern fest und blickte mir tief in die Augen. "Mali. Who sends you this Briefe..?", fragte er mich mit viel Nachdruck in der Stimme. Hilflos schüttelte ich den Kopf und erwiederte, dass ich es nicht wisse. Er atmete tief ein und sagte "Well.... ok... Lass uns nicht mehrr darrüber reden, now. I am hungry, should we go essen somewhere?" Erleichtert nickte ich. Da wir beide aber etwas verheult aussahen, machten wir uns nochmal frisch...
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Behind blue eyes
FanfictionFreundschaft – Liebe! Zwei verschiedene Welten und doch so nah bei einander. Malina Sanders und Samu Haber sind seit langer Zeit befreundet, sind sich vertraut, kennen sich in und auswendig. Doch plötzlich sind da kleine Dinge, neue Gefühle, unbekan...