Kapitel 44

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-Samus Sicht-

Ich bemerkte wie Mali aufstand und etwas unsicher zur Toilette wankte. Fragend sah ich Selina an, doch sie schien sich keine Sorgen zu machen. Ich folgte ihrem Blick. Aha, sie hatte also Interesse an einem Typen gefunden. "Go ahead! I know you can do it!" Sie wandte ihr Gesicht zu mir, Verwirrung spiegelte sich darin wider. Ich zwinkerte ihr zu und deutete mit dem Kinn in die Richtung des Mannes, an dem sie interessiert war. Sie verstand, stand auf, warf ihr Haar nach hinten, rückte ihr Kleid zu recht. Dann straffte sie ihre Schultern, setzte ein kokettes Lächeln auf und lief mit einem aufreizendem Hüftschwung zu dem Mann. Ich schüttelte den Kopf, dachte mir meinen Teil dazu. Selina war eine charmante, sehr aufrichtige Person, die Humor besaß, zudem sehr klug war und wusste, wie sie ihre Reize einsetzen musste. Doch es tat mir wahnsinnig leid, dass sie oft an die falschen Männer geriet, sich die Finger an ihnen verbrannte. Hatten Riku und sie sich nicht so gut verstanden, als wir alle vor einer halben Ewigkeit hier gewesen waren? Bei dem Gedanken musste ich Lächeln, mal schauen, was sich da machen ließ. Ich sah mich um und stellte fest, dass mein Mädchen immer noch nicht wieder hier war. Brauchten Frauen immer so lange auf dem Klo?Unruhig rutschte ich auf dem Hocker rum, wusste nicht recht, was ich nun tun sollte. Schließlich stand ich auf und ging zu den Klos. Links waren die Männer, rechts die Frauen. Nach dem ich mich selber kurz erleichtert hatte, wartete ich auf Mali. Doch noch immer kam sie nicht. Mit einem unwohlen Ziehen im Magen ging ich auf die rechte Tür zu, lugte vorsichtig hinein. Niemand zu sehen, außer ein paar aufgemotzten Tussis, die gackernd ihre Schminke auffrischten. "Mali?", rief ich unsicher rein, erntete dafür verwirrte Blicke der Mädchen, die kurz darauf in schallendes Gelächter ausbrachen. Innerlich die Augen rollend, begab ich mich zurück zum Tanzfloor. Ich konnte Mali nicht finden! Bei Selina war sie nicht, denn diese war gerade in einem Gespräch mit dem Typen vertieft. Wieso war sie eigentlich nicht mit aus Klo gegangen? Frauen gingen doch IMMER zu zweit! Anscheinend ließ der Alkohol sie unvorsichtig werden...Wo zur Hölle war Mali!Langsam breitete sich Sorge und Angst, wie ein eiserner Klumpen, in meinem Magen aus.

Unruhig suchten meine Augen den Raum ab. Suchten zwischen den eng tanzenden, ausgelassen Menschen ihre braunen Locken, ihre smaragdgrünen Augen...Nichts. Ich griff nach meinem Handy, wählte ihre Nummer. Ich hielt den Atem an, wartete darauf, dass das quälende Tuten durch ihre sanfte Stimme erlöst wurde, sie mir sagte, dass alles ok sei, nichts passiert war. Mailbox. Wie eine eiserne Faust presste mir die Angst und die Sorge um sie, jegliche Luft aus meinen Lungen. Mit schnellen, großen Schritten durchquerte ich den Raum, quetschte mich durch die Menschen. Ich tippte Selina, die mich nicht bemerkt hatte, da sie immer noch in einem Gespräch mit diesem Macho vertieft war, an die Schulter. Wütend, dass ich sie unterbrach, blitzen ihre Augen mich an, doch der Ausdruck schwand sofort, als sie meine besorgte Miene sah. Sie entschuldigte sich bei dem Typen mit einem atemberaubendem Lächeln, packte mein Handgelenk, zog mich in eine Ecke und fragte: "was ist los?!""Mali! Mali... Can't find her!", stammelte ich zusammenhangslos vor mich hin. "Wie ? Sie ist doch auf dem Klo?" Energisch schüttelte ich den Kopf. "No. She isn't!""wie..? Hast du sie schon angerufen?" Ich bejahte und erzählte ihr atemlos, dass ich sie nicht erreicht hatte und dass ich sie nirgends auffinden konnte. Selina, genauso ratlos wie ich, sah sich suchend um. Ich konnte nicht länger untätig herum stehen! Irgendwas MUSSTE ich tun! Ich wand mich dem Ausgang zu, wollte aus dem Raum rennen. "Hey! Samu! Wohin gehst du?", rief Selina mir nach und packte mein Handgelenk um mich zurück zu halten. Stürmisch drehte ich mich um, sah sie fest an. "I'll go! I'll search Mali! And I'm going to find her!" Wütend riss ich mich aus ihrem Griff und stürmte aus der Disko. Mein Herz pochte schnell und hart gegen mein Brustkorb, die Sorge war allgegenwärtig, schnürte mir das Herz und die Brust zusammen, so dass mir das Atmen schwer fiel und ich kaum klar denken konnte.

Laue Nachtluft empfing mich, als ich aus der Disko stolperte. An mir strömten Menschen vorbei, die laut diskutierten, lachten, besoffen Dinge vor sich hin redeten. Typisches Nachtleben. Doch das war mir alles gerade scheißegal! Ich musste irgendwie Mali finden. Wo sollte ich anfangen? In welche Richtung sollte ich gehen? Links? Rechts? Oder geradeaus?Verzweifelt fuhr ich durch meine Haare, machte ein paar unsichere Schritte in die linke Richtung, nur um gleich wieder stehenzubleiben um zu überlegen, ob rechts nicht doch die bessere Wahl wäre. Ich hörte Schritte hinter mir, spürte eine zarte Hand auf meiner Schulter. "Samu... Willst du etwa einfach blind in die Nacht hinaus laufen? Glaubst du wirklich, dass du sie so findest?"Hilflos schüttelte ich den Kopf. Ich wusste doch auch nicht was ich machen wollte! "Ok...", seufzte Selina, "wir sollten vielleicht mal darüber nach denken, was wir genau machen wollen und wo wir anfangen sollen zu suchen!" -"Nachdenken? But we don't have time! Wherever she is, she may be in dangerous!", jammerte ich verzweifelt auf. "Should we call the police?""ich weiß nicht... Vielleicht schon... Wäre besser..." Selina kramte in ihrer Tasche nach dem Handy und wählte die 110. Ich hörte kaum zu, bekam nur mit, wie sie hitzig mit dem Polizisten diskutierte. "Schönen dank auch!", wütend schnaufend legte sie auf. "Solche deppen! Labern irgendwas von, 'sie sei doch schon 30 und könne auf sich selber auf passen'! Tolle Hilfe, echt!""Shit", murmelte ich. Was sollten wir denn jetzt machen? Sie auf eigene Faust suchen?Und schon wieder waren wir bei der Anfangs Frage: Wo sollten wir anfangen?

Behind blue eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt