Kapitel 17

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"Und weist du schon, was du mit deiner ganzen freien Zeit anfangen wirst...?", fragte Selina mich kauend. Verwirrt blickte ich auf, ich war in Gedanken total bei diesem Brief gewesen und verstand erstmal gar nicht von was sie redete. Sie schnippte mit dem Finger vor meinem Gesicht rum und sagte: "Hallo? Erde an Mali! Bist du noch anwesend? Oder worüber denkst du die ganze Zeit nach"-"ich äh...", stammelte ich und suchte -schon wieder- krampfhaft nach einer Ausrede, ein Glück erlöste Selina mich aus der Situation, in dem sie mit einem vieldeutigen Lächeln sprach: "bestimmt an deinen Samu-schnucki! Ne ernst aber, was wirst du denn jetzt machen nach dem du gefeuert wurdest..?"-"Ich weis es ehrlich gesagt noch nicht", gab ich zurück und versank abermals in meiner eigenen Gedankenwelt. Ich wollte eigentlich schon immer ein kleines Café haben... Ich weiß, nicht der beste oder coolste Traum den jeder anpeilen würde, aber es war nun mal MEIN Traum!
Ich hatte mir immer vorgestellt ein kleines, süßes Café zu besitzen...
Plötzlich hatte ich irgendwie keine Lust mehr auf Gesellschaft, Selina war nicht der Grund dafür, aber ich brauchte etwas Zeit um nachzudenken....
Ich sagte irgendwas von wegen wie viel ich noch machen müsste, erntete dafür einen verwirrten und verwunderten Blick von ihr, den ich aber knallhart ignorierte und scheuchte sie schnell raus.

Zwei Tage später hatte ich einen neuen Job: ich kellnerte in einem Café. Man verdiente zwar nicht sehr viel, aber das brauchte ich jetzt! Etwas was MIR gut tat. Follow your heart!
Nachdem ich Selina weggeschickt hatte, hatte ich darüber nachgedacht was ich machen wollte und mich kurzer Hand dazu entschlossen, dass ich kellnern wollte, dass es genau das war, was ich wollte. Am selben Tag war ich noch hier her gekommen, um zu fragen, ob sie Aushilfe benötigten. So und jetzt stand ich hier an meinem ersten Probetag und war einfach nur glücklich! Den Brief hatte ich weggeschmissen und beschloss nicht mehr darüber nachzudenken. Wozu auch? Es hatte ja keine große Bedeutung und würde nur unnötig Kraft rauben, wenn ich zu viel darüber nachdachte.
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Die nächsten vier Wochen verliefen relativ ereignislos: Die Presse hatte aufgehört über uns zu schreiben und ich hatte auch keinen seltsamen Briefe mehr bekommen. Am Anfang hatte ich mit dem Gedanken gespielt Samu davon zu erzählen, es dann aber doch gelassen. Wieso sollte ich ihn mit etwas belasten, was vorbei war?

Ich vermisste Samu mit jedem Tag mehr! Wir telefonierten zwar täglich, aber es half nicht wirklich. Seine sanfte und tiefe Stimme zuhören war in diesen Momenten immer schmerzlindernd, danach allerdings hatte ich das Gefühl, dass mein Herz sich noch mehr nach ihm sehnte.
Ich sehnte mich nach seiner Wärme, seinem Humor, seinem Lachen, seinen wunderschönen, eisblauen Augen, vermisste seine Geruch, vermisste es durch seine Haare zu fahren, vermisste es ihn zu berühren, zu Küssen, seine Nähe zu spüren. Vermisste einfach nur ihn, ALLES an ihm... Kurz blinzelte ich um den Tränenschleier in meinen Augen weg zu bekommen. Ich atmete tief durch, ignorierte das schmerzende pochen meines Herzens und konzentrierte mich stattdessen wieder auf meine Arbeit. Schnell setzte ich ein Lächeln auf und ging zu den nächsten Gästen.

Etwas erschöpft kam ich Abends nach Hause. Ich vermisste Samu ziemlich, die letzten drei Tage hatten wir nicht mehr miteinander telefoniert, weil er irgendwie viel zu tun hatte, mit Interviews, Fototerminen und allem was dazu gehörte. Bevor ich rein ging, schaute ich nochmal in meinen Briefkasten und was ich sah ließ mich für einen kurzen Moment stocken. Ganz oben lag ein Brief, beschriftet mit der selben, fast weiblich wirkenden Handschrift. Ich nahm ihn mit und überlegte ob ich ihn nicht einfach wegschmeißen sollte, doch leider war meine Neugierde größer und siegte. Gespannt und nervös zugleich öffnete ich ihn: wieder einfach nur viele kleine und große Herzchen... Was sollte das?! Ich verspürte den starken Drang, es Samu erzählen zu wollen. Und zwar jetzt! Ich griff zu meinem Handy und wählte seine Nummer. Nach einigen Momenten des tutens nahm jemand ab und eine tiefe sanfte Stimme sagte: "Hey darling!"-"Hey Samu", sagte ich etwas atemlos, überwältigt davon mal wieder seine Stimme zuhören. "Du Mali! Sorry, but we can't talk now! Ich muss gehen, an interview... Morgen ich melde mich ok...?", und schon hatte er aufgelegt. Etwas enttäuscht und traurig ließ ich das Handy langsam sinken. So hatte ich mir das eindeutig nicht vorgestellt... Ich legte mich ins Bett und versuchte einzuschlafen. Es viel mir schwer, ich hatte das Gefühl Samu nur noch mehr zu vermissen! Mir fehlte seine Körperwärme neben mir, seine starken schützenden Arme um mich. Irgendwann viel ich in einen ruhelosen, aber erlösenden Schlaf...

Behind blue eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt