Kapitel 34

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Tagelang schwankte ich in der Ungewissheit die mich umgab, kämpfte einen inneren Kampf, einen Kampf der Gefühle, ein Kampf der Gedanken, ein Kampf des Verstandes und des Gewissens.

Der Gedanke Lukas eine Chance zu geben, ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf.

Mein Herz wehrte sich dagegen, doch mein Verstand sagte, dass er gut war, dass er mir gut tat, dass er eine Chance verdient hatte.

Irgendwas musste ich ihm doch zurück geben, meldet sich mein schlechtes Gewissen oft zu Wort. Irgendwie musste ich ihm doch meine Dankbarkeit dafür, dass er in dieser schweren zeit zu mir hielt, an meiner Seite war und mich niemals aufgab, zeigen.

Mein Herz wollte ihn nicht, wollte nur den großen blonden Finnen, doch mein Gewissen und mein Verstand hielten dagegen. Ich redete mir ein, dass ich ihn brauchte, nur er mich irgendwie Heilen konnte, täuschte meine Gefühle über die Tatsache hinweg, dass ich ihn nicht liebte und eigentlich auch nicht wollte.

Doch zu diesem Zeitpunkt war mir das noch nicht bewusst, ich floh vor der Wahrheit, wollte einfach nur wieder glücklich sein und bildete mir ein, Lukas sei der Schlüssel zu dem Glück, das sich hinter einer dicken schweren Holztüre versteckte.

Ich entdeckte auch immer neue, gute Charaktereigenschaften an ihm: er war ein guter Zuhörer, er war sehr einfühlsam, konnte gut trösten, außerdem brachte er mich zum lachen...

Oder zwang ich mich selber dazu? Schnell wurde der zweifelnde Gedanke verbannt, ich verschloss weiterhin die Augen vor der Wahrheit.

Ich versuchte an ihn zu denken, an seine wuscheligen Haare, seine dunklen Augen, seinen -immer etwas zynisch lächelnden- Mund, versuchte eine Regung in meinem Körper zu finden, bildete mir ein ich würde ein Kribbeln spüren.

Hilflos schwamm ich in diesem tiefen, ruhelosen Meer von Gefühlen, Gedanken und Lügen, versuchte verzweifelt irgendwo Halt zu finden, klammerte mich krampfhaft an eine andere, bessere Welt. Ich hatte das Gefühl unter zu gehen, zu ersticken, die Last, die Ungewissheit schnürte mir die Luft ab, drückte meine Schultern nach unten. Irgendwann konnte ich nicht mehr, wollte ich nicht mehr, ich kratze meine verbliebene Kraft zusammen und traf eine Entscheidung.

Langsam stand ich von meinem Sofa auf. Straffte entschlossen meine Schultern, griff nach meinem Handy und scrollte meine Kontakte durch. Zögernd schwebten meine Finger über dem Display. Sollte ich den Schritt wirklich wagen? Seufzend lies ich das Handy sinken, trat ans Fenster und schaute suchend raus, als würde ich die Antwort irgendwo da draußen auf der grauen Straße, in den grünen Blättern der Bäume oder den weißen unschuldigen Wolken finden.

Ich gab mir einen inneren Ruck, drückte entschlossen auf das kleine grüne Telefon neben Selinas Kontakt. "Süße, was gibt's?", tönte es kurze zeit später aus der anderen Leitung. Zögernd begann ich:

"Also, ich habe einen Entschluss gefasst. Ich möchte ... Lukas eine Chance geben."

Tödlich Stille war die Antwort. Nervös blubberte ich weiter:

" ja ich weiß du magst ihn nicht, aber du kannst auch nicht nachvollziehen was da zwischen uns ist, ich glaube..", ich stocke kurz, bevor ich leise nuschelte:

"ich habe mich in ihn verliebt..."

Selina sagte immer noch nichts, gerade wollte ich zu weiteren Erklärungen ansetzten, als ich hörte wie sie zischend die Luft ausstieß.

"Okay.."

Wie? Das war ihre einzige Antwort? Verwirrt schüttelte ich den Kopf, starrte fragend auf die weiße Wand, bis mir auffiel, dass Selina meine stummen Gestiken gar nicht sehen konnte. Ich schaffte gerade mal ein paar sinnlose Vokale vor mich hin zu stammeln, dennoch schien sie mich zu verstehen: "Weißt du Mali, wenn du glaubst, dass er der Richtige für dich ist, dann kann ich da auch nichts gegen tun... Ich glaube nicht, dass er dich glücklich machen kann. Das kann nur einer. "

Behind blue eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt