Kapitel 43

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Die nächsten Tage verstrichen wie im Flug, gingen ineinander über, verschmolzen.
Samu und ich verließen meine Wohnung nur selten, verbrachten viel Zeit zu zweit, als würden wir all das nachholen, was uns die letzten Monate gefehlt hatte.
Entweder saßen wir einfach nur beieinander und redeten, lachten oder schwiegen uns an.
Schauten den jeweils anderen an, musterten jedes kleinste Detail, als würden wir das Abbild des anderen auf unsere Herzen einbrennen wollen.
Mir fielen die vielen kleinen Dinge auf, die Samu tat:
Manchmal starrte er einfach nur vor sich hin, seine Lippen bewegten sich etwas und seine Augen kniff er leicht zusammen. In diesen Momenten fragte ich mich, was er wohl dachte.
Grübelte er über ungeklärte Dinge? Was schien ihn zu beschäftigen?
Ich traute mich nicht zu fragen, denn ich hatte Angst ihn aus seiner kleinen eigenen Welt zu reißen, sie schien so... Friedlich.
Stattdessen genoss ich diesen Moment, ließ seinen Anblick auf mich wirken und beschloss, diese Erinnerung tief in mich hinein zu Sperren, damit ich sie mir immer und immer wieder ins Gedächtnis rufen konnte.
Des weiteren fiel mir auf, dass Samu nie aber auch wirklich nie komplett still sitzen konnte. Entweder trommelten seine Finger einen bestimmten Takt zu einer Melodie die nur er kannte, oder er wippte mit seinen Füßen.
Wie nervig diese Eigenschaft auch sein konnte, ich liebte sie. Ich liebte IHN!

Wieso waren mir all diese Sachen nicht schön früher aufgefallen?
Hatte ich mir nie wirklich die Zeit genommen, ihn einfach nur zu beobachten?
Die Zeit die wir in der Vergangenheit zusammen verbracht hatten, war geprägt von Kürze, aber einer unglaublichen Intensität. Viel Platz für andere Dinge war meist nicht geblieben.
Zu groß war die ungestillte Lust auf den anderen gewesen, zu groß die Leidenschaft, zu groß die Sehnsucht, als dass wir uns auf andere Sachen konzentriert hätten.
Ich wusste, dass dies auch in Zukunft so sein würde, ich wusste, dass sich die Umstände nicht geändert hatten.
Aber eins hatte sich geändert und das machte den Unterschied:
wir wussten den anderen mehr wertzuschätzen, wir wussten wie kostbar unsere Gefühle, unsere Beziehung und vor allem Zeit war.
Wir würden alles dafür geben, nie wieder voneinander getrennt sein zu müssen, wir würden jegliche Höhen und Tiefen, jegliche Stürme, Tornados oder einfache Regenschauer gemeinsam bekämpfen und überstehen.
'Fight till dying'...

"Samu! Bitte hör auf!", rief ich, Luft schnappend und völlig außer Atem, aus.
"Then give me back my paper!", knurrte er und stupste drohend einen Finger in meine Seite.
Das was wir abzogen war kindisch aber unglaublich lustig!
Alles hatte damit angefangen, dass Samu am Tisch gesessen hatte, mit zusammen gekniffenen Augen aus dem Fenster geschaut hatte und irgendwas überlegte. In seiner rechten Hand hielt er einen Bleistift, mit dem er zusammen mit seiner Linken Hand einen stetigen Takt trommelte, dabei leise eine Melodie summte. Ich sah, dass das Papier beschrieben war und wurde neugierig.
Da er so konzentriert war, merkte er nicht, wie ich mich leise angeschlichen hatte und ihm das Blatt weg nahm. Ein empörtes 'Hey!' war seine einzige Reaktion gewesen, doch da war ich schon auf die andere Seite des Tisches gelaufen.
"Na, was macht Herr Haber da?"
"Mali! Give it back to me!", befahl Samu und stand langsam auf.
"Und was wenn nicht?", fragte ich zurück, lächelte ihn an und klimperte mit meinen Wimpern.
"Well..." schnell rannte Samu auf mich zu, doch ich rannte quieken vor ihm weg.
Wie gesagt es war kindisch, dass wir uns durch meine Wohnung jagten, aber es war lustig. Man musste sich doch nicht immer erwachsen benehmen. Zu dem Spruch 'Dream like a child', den Samus Arm zierte, gehörte meiner Meinung nach auch 'Act like a child'.
Naja und so kam es, dass ich japsend auf meinem Bett lag und Samu mich durch kitzelte.
"Ok... Samu.. Du hast gewonnen, aber bitte hör auf...!"
"oh really?", fragt er sichtlich überrascht, "that was easy..."
Grinsend beugte er sich über mich und drückte seine Lippen auf meine. Seufzend gab ich mich vollkommen ihm hin, genoss das Gefühl seiner weichen, sanften Lippen auf meinen-....
als es plötzlich an der Türe klingelte. Grummelnd löste sich Samu von mir, sah mich fragend an. Ich zuckte nur mit den Schultern, wand mich unter ihm durch und öffnete die Türe. Vor mir stand eine strahlende Selina.
"S.! Schön dich zu sehen!"
Glücklich fielen wir uns in die Arme, Samu, der hinter mich getreten war, nickte ihr einfach zu. Mit blitzenden Augen fragte sie:
"Mensch Leute, wir haben schon so lange nichts mehr zusammen unternommen! Wollen wir heute Abend vielleicht nicht mal feiern gehen?"
Spöttisch gab ich von mir:
"du stehst vor Mr 'i don't dance'! Sicher, dass du da mit uns gehen willst?"
Samu gab einen beleidigten Laut von sich, doch ich wusste, dass er es nicht ernst meinte. Ein fragender Blick in seine azurblaue Augen zeigte mir, dass die Idee ihm gefiel, weshalb ich Selina begeistert zustimmte.

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