Kapitel 28

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-Malis Sicht-

Die Tage verstrichen, gingen ineinander über und es passierte nichts. Zumindest nichts nennenswertes. Ich musste arbeiten und Samu hatte seine ersten Konzerte der Sommertour. Wir versuchten so viel wie möglich Kontakt zu halten, was aber gar nicht so einfach, mit Samus vollem Terminplan, war: zwischen den Konzerten musste er Interviews geben, in die nächste Stadt fahren, oder in Fernsehshows auftreten.

Kurz: er hatte viel um die Ohren, wir kamen nicht sehr viel zum telefonieren. Zurück blieb bei mir eine ungeheure Leere, ich begnügte mich damit ihre Musik zuhören, um wenigsten so Samus Stimme hören zu können und ihm "nah" zu sein. Trotzdem füllte es die Leere nicht aus, der Schmerz blieb und damit die Sehnsucht nach Samu, die ich fast körperlich spürte. In dieser turbulenten Zeit war einer die ganze Zeit für mich da: Lukas. Er fand immer die richtigen Worte, schafft es den Schmerz ein wenig zu lindern und brachte mich sogar zum lachen.
Jeden Tag bekam ich weiterhin diese anonymen Briefe, ich ignorierte sie einfach und schmiss sie in den Mülleimer.
Ich tat zwar so, als würde es mich nicht stören, aber im Grunde beschäftigte es mich schon. Ich meine, wer würde sich bei anonymen Briefen denn keine sorgen machen?!
Wer schrieb sie?
Woher kamen sie?
Was wollte er damit bezwecken?

Angestrengt versuchte ich einfach so wenig wie möglich daran zu denken. Ich brauchte jemanden dem ich mein Herz ausschütten konnte... Selina hatte kaum Zeit, ständig war sie mit ihrem Carlos zusammen. Samu erwischte ich ja sowieso nicht.

...Lukas? Ich schrieb ihm. Woher das Vertrauen kam, welches ich ihm entgegen brachte wusste ich auch nicht. Ich wusste nur, dass er gerade für mich da war, mir half und immer die richtigen Worte fand. Er gab mir das Gefühl, mit meinen Problemen und Sorgen nicht alleine da stehen zu müssen.

-... Sicht-

Wut kochte in ihm auf. Heiß. Glühend. Wie Feuer, das durch seine Adern schoss. Frustriert schrie er auf, schlug mit der Faust gegen eine Mauer. Schmerz...
Schmerz durchzuckte seine Hand. Zischend holte er Luft, die Haut an seinen Fingerknöcheln war aufgeplatzt, sie brannte. Immerhin ließ es ihn seine Wut vergessen. Die Wut auf sie. Sie las seine Briefe nicht, sah sie sich nicht mal mehr an. Sie schmiss sie weg, wusste seine Arbeit und Mühe nicht zu schätzen! Gut. Er würde auch eine andere Möglichkeiten finden. Das einzige, beziehungsweise der einzige der ihm noch im Weg stand war ihr Freund. Dieser Samu Haber... 'Nicht an ihn denken!' Schwer atmend schloss er die Augen. Sobald dieses blonde Weichei aus dem Weg war, würde sie endlich ihm gehören... Ihm ganz alleine...
Ein unruhiges Kribbeln machte sich in ihm breit, er stellte sich vor wie er sie berührte, ihren Duft roch, ihre Haare anfasste und... Wie sie ihn berührte...
Zufrieden lächelnd überlegte er sich die nächsten Schritte für seinen Plan...


-Malis Sicht-

Ich beobachte den feinen Staub, der durch den Sonnenstrahl welcher durch das Fenster kam, sichtbar wurde. Er tanzte, hin und her, hoch und runter, in einem gleichmäßigem, ruhigen Rhythmus. Mein Atem brachte ihn durcheinander, wirbelte ihn auf, brachte Chaos hinein. Chaos. Das herrschte auch gerade bei mir. Lukas hatte mir ganz plötzlich geschrieben, dass er für ein paar Tage nicht da sein würde, hatte irgendwas berufliches zu tun. Auf genaueres Nachfragen meinerseits, hatte er nur ausweichend geantwortet.
Die ersten zwei Tage hatte ich nichts gemacht... Hatte mich nur verlassen gefühlt, alleine in der Welt. Ein einsamer Punkt in einer großen Menge auf den keiner achtete. Niemand würde es interessieren, ob er nun da war oder nicht.
"Hallohoo?!", energisch schnippte Selina mit ihren Fingern vor meinem Gesicht 'rum. Ich schüttelte den Kopf. Jetzt wurde ich sogar noch ganz melancholisch... Entschuldigend lächelte ich sie an. "Was hast du gesagt?"
Verwirrt zog sie eine Augenbraue hoch, erwiderte aber nichts.
"Ich hatte dir gerade von Carlos erzählt! Von der Party, wie es bei ihm war. Oh mein Gott, Mali er kann so gut Küssen-...."
Ach davon hatte sie noch geredet... Wir saßen in einem Café und die ganze zeit schwärmte Selina mir schon die Ohren von ihrem tollen Carlos voll! Ich wusste das ich ihr gegenüber nicht fair war, es war beinahe egoistisch... Aber ich war selber so schlecht drauf, dass ich dafür keinen Nerv hatte... In meinen Gedanken war ich schon in einer ganz anderen Welt. Einer Welt in der ich Samus Arme um mich spürte, in der ich seinen Duft roch, seine warmen Lippen auf meinen Lagen und seine tiefe, unglaublich sexy klingende Stimme sanfte Worte formte...



Ein strahlender Samu sah mir entgegen. Freudiges Kribbeln durchströmte mich. Das Blau seiner funkelnden Augen konnte ich, durch den Computer, nur erahnen. Am liebsten hätte ich ihn umarmen, seinem Herzschlag zuhören und seine weichen Lippen auf meinen spüren wollen. Aber Samu war gerade in Köln auf seinem vorletzten Konzert der Tour. Heute hatte er endlich mal Zeit gefunden, so dass wir skypen konnten.
Wir redeten viel, lachten, füllten die Leere aus die tief in uns beiden steckte, uns umklammerte und nur durch die Anwesenheit des anderen gefüllt werden konnte.
"...there's a party tonight, nach dem concert, and tomorrow is the last show. I think we can see us the day after tomorrow! Finally!"
Warm lächelnd schaute er mich an, würde er vor mir stehen, hätte er sanft mein Gesicht umfasst und meine Lippen mit seinen verschlossen...
Ich nickte. Konnte nicht in Worte fassen wie sehr ich mich schon auf diesen Moment freute. Zu lange waren wir getrennt gewesen, zu lange hatten wir uns nicht mehr gesehen. Ich war auf Entzug. Auf Samu-Entzug. Sein leises Lachen jagte mir leichte Schauer über den Rücken.
"What did you just say? 'Samu-Entzug'?", er sprach es langsam aus, bemüht es fehlerfrei aus zu sprechen.
"Well, then ich bin auf 'Mali-Entzug'! Your so damn hot.... Can't wait to see you again. I'm hungry... Seeeeehhhr hungry..."
Lachend zwinkerte er mir zu.
"Oh fuck ! Sorry i'm late, but i have to go now. Soundcheck. I love you, my sweetheart!! Rakastan sinua, kultaseni...!"
Und weg war er. Der Gedanke, dass wir uns aber übermorgen schon wieder sehen würden, ließ mein Herz schneller schlagen, brachte ein Lächeln auf meine Lippen. Vorfreude breitete sich, angenehm und wohltuend, in mir aus...


-Samus Sicht-

Langsam stand ich auf und ging Richtung Bühne, um den Jungs beim Soundcheck zu helfen. Malis süßes Lächeln ging mir dabei nicht aus dem Kopf, bald würde ich sie wieder sehen, bald...
Wir hatten noch etwas Zeit bis wir auf die Bühne mussten. Schon den ganzen Tag hatte ich ein seltsames Gefühl... Als würde heute etwas passieren, eine... Vorahnung?
"Was ist los, Samu? Du bist etwas abwesend seit dem du mit Mali geskyped hast", brüllte Sami durch den Raum.
Fragend zog ich eine Augenbraue hoch.
"Hat sie dich auf.... Scharfe Gedanken gebracht?", fragte er lachend, wackelte dabei viel sagend mit den Augenbrauen. Genervt rollte ich mit den Augen. Ich gab ein ironisches lachen von mir und verzog mich raus. Ich steckte mir eine Zigarette an, zog tief daran, spürte wie ich innerlich wieder ruhiger wurde, als ich den Rauch konsumierte. In letzter Zeit war ich ziemlich reizbar, leider ließ ich das des öfteren an den Jungs aus... Irgendwie hatte ich schon länger dieses komische Gefühl in mir, es machte mich reizbar. Vielleicht weil ich nicht wusste was es war oder was mich erwarten würde.
"Samu komm! Wir müssen los!"
Kurz schloss ich die Augen, sog die kühle Nachtluft ein, schob alle störenden Gedanken weit von mir.
Drinnen besprachen wir uns ein letztes mal. Dieses seltsame Gefühl war immer noch da. Genervt schüttelte ich den Kopf, als würde ich eine lästige Fliege verscheuchen wollen und versuchte es zu ignorieren, konzentriere mich. Ab jetzt zählte nur noch die Musik, die Fans und meine Stimme. Ablenkung war unangebracht!
Dann stürmten wir die Bühne, wurden von einer kreischenden, gut gelaunten Menschenmenge empfangen.


-... Sicht-

Nun stand er hier. In einer Menge von kreischenden Mädchen. So recht wusste er auch nicht, warum er auf diesem Konzert von diesen Finnen war... Irgendwas hatte ihn dazu getrieben. Gelangweilt beobachtete er wie die Band auf die Bühne kam. Der flachsblonde Finne kam ganz zum Schluss. Die Menge um ihn herum rastete nun vollkommen aus, sie schrien sich die Seele aus dem Leib, einige Mädchen weinten, hyperventilierten beinahe. Verständnislos schüttelte er den Kopf, als soooooo toll empfand er diese Band nun auch wieder nicht. Auch wenn sie aus seinem Heimatland kamen.
Suomi...
Der blonde Finne lächelte, sprach mit dem Publikum und sang... Das Lächeln würde ihm schon noch vergehen, da war er sich ganz sicher, das wusste er... Zufrieden dachte er an die Disko in der die Jungs feiern gehen würden. Sie feierten immer dort, wenn sie in Köln waren. Das wusstet er. Er hatte genug recherchiert. Dort würde er seine Chance bekommen, würde seinen Plan hoffentlich verwirklichen können. Er hatte schon lange genug gewartet. Bald, ganz bald würde Mali ihm gehören, freiwillig wird sie zu ihm kommen. Ein berauschendes Glücksgefühl durchströmte ihn, nervös erwartete er das Ende des Konzerts.

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