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Mein Kopf dröhnte. Ich stöhnte und rieb mir die Augen, wollte nach der Wasserflasche neben meinem Bett greifen, aber als ich versuchte mich aufzusetzen drehte sich alles, also ließ ich mich zurück in mein Kissen fallen und landete mit dem Nacken auf etwas hartem. Etwas, das definitiv nicht in mein Bett gehörte. Es war ein fremder Arm.

Stöhnend zog die Person neben mir diesen unter meinem Kopf hervor und ich traute mich kaum zur Seite zu schauen, weil ich nicht wollte, dass sich wieder alles drehte und weil ich nicht sicher war, ob ich wissen wollte, wer da neben mir in meinem Bett lag. Ich dachte angestrengt nach, was letzte Nacht passiert war, aber das Letzte woran ich mich erinnern konnte war Mari, die mich auf der Bordsteinkante sitzen gelassen hatte.

Wohl oder übel schaute ich also neben mich und erblickte Antheas zerknautschtes Gesicht. Im ersten Moment dachte ich, sie sah genauso beschissen aus, wie ich mich fühlte. Im zweiten Moment überkam mich die Erleichterung, nicht neben einer fremden Person aufgewacht zu sein und dabei schoss mir Maris Gesicht in den Kopf. Allein bei dem Gedanken daran, mit einem anderen Menschen als ihr aufzuwachen, abgesehen natürlich von Freunden, die zu betrunken waren um in ihr eigenes Bett zu kommen, bekam ich ein schlechtes Gewissen. Ich weiß, es war dumm, wo sie doch mit nahezu hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit heute Morgen neben ihrer Freundin aufgewacht war und ich wusste auch, dass ich die Freiheit und jedes Recht dazu hatte, mit nachhause zu nehmen, wen auch immer ich mit nachhause nehmen wollte. Aber genau das war es ja. Die einzige Person, die ich neben mir im Bett haben wollte war meine wunderschöne, sommersprossige Lehrerin. Ich konnte mir genau vorstellen, wie sie hier liegen würde, die fuchsroten Haare ausgebreitet auf meinem hellgrau gemusterten Kissen, ihre honigbraunen Augen, die mich warm und verschlafen anschauen würden und dieses leichte Schmunzeln auf den Lippen, das mich so unglaublich anzog.

Bei dieser Vorstellung wurden meine veschwommenen Erinnerungen an gestern geweckt. Ich war mir nicht mehr sicher, was wirklich passiert war und was ich mir im Rausch vielleicht nur eingebildet hatte. Wenn es wirklich so passiert war, wie ich dachte, hatte Mari mir gestern durch die Blume vermittelt, dass da auch für sie mehr war. Oder aber ich wollte es nur so verstehen. Meine Gedanken drehten sich im Kreis und das, und das Kribbeln das dabei in mir ausgelöst wurde, führten dazu, dass mein Magen sich plötzlich furchtbar flau anfühlte.

Ich sprang aus dem Bett und rannte ins Bad, kam gerade rechtzeitig vor der Toilette zu stehen, bevor mein Mageninhalt sich den Weg aus meinem Mund nach draußen bahnte.

Als endlich alles raus war putzte ich mir die Zähne und erschrak beim Blick in den Spiegel. Ich hatte mich geirrt, ich sah noch viel beschissener aus, als Anthea. Meine Haare waren wirr und verknotet, ich hatte die Augenringe des Todes und meine Wimperntusche war überall in meinem Gesicht verteilt. Ich seufzte auf und beschloss, eine kalte Dusche zu nehmen, um meinen Kreislauf hoffentlich etwas anzukurbeln. Vielleicht würde ich danach auch wieder klarer denken können.

Mit nassen Haaren und einer Tasse Kaffee in der Hand ließ ich mich neben Anthea aufs Sofa fallen, die sich gerade ein Stück Pizza in den Mund schob. Luise lag zusammengerollt wie ein Kätzchen auf dem Sessel gegenüber und lächelte zufrieden vor sich hin. Vermutlich war ihr Abend mit Lukas deutlich weniger betrunken und dafür um einiges glücklicher geendet, als meiner. Wobei ich ja genau genommen gar nicht wusste, wie mein Abend überhaupt geendet war.

„Was ist denn passiert, bevor wir nachhause gegangen sind?", murmelte ich Anthea zu, etwas verlegen über meinen Filmriss.

„Frau Roth hat dir vor der Tür verklickert, dass ihre Perle eifersüchtig auf dich ist", erzählte Anthea und zwinkerte mir zu. Okay, das war der Teil, den ich noch wusste und der somit so abgelaufen zu sein schien, wie ich vermutet hatte. 

Roth wie der Mohn (lehrerinxschülerin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt