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Noch immer aufgewühlt von den Ereignissen des letzten Abends nahm ich Anthea den Saft, den sie heimlich mit Wodka aufgepeppt hatte und mir jetzt hinhielt, aus der Hand und nahm einen kräftigen Schluck.

Mari war nicht weiter auf Elinas Anschuldigungen eingegangen, vermutlich weil ihr bewusst war, dass Herausreden sie nur weiter hineingeritten hätte, und hatte Elina mitsamt ihrer restlichen Sachen aus der Wohnung geworfen. Nicht ohne ihr vorher ihren Schlüssel abgenommen zu haben. Sowohl unser Gespräch über mein Outfit für den Ball, als auch die Stimmung, die sich vor Elinas Auftauchen so aufgeheizt hatte, waren in Vergessenheit geraten. Schweigend hatten wir den Ende des Filmes, der gerade lief, angesehen und waren dann früh ins Bett gegangen, ohne weiter über den Vorfall zu reden. Auch am Morgen waren wir beide, vor allem Mari, noch deutlich angespannt gewesen und in der Schule waren wir uns nicht mehr über den Weg gelaufen.

Lukas, dem nicht entging, dass meine Laune bei Weitem nicht mehr so gut war, wie in den letzten Tagen, legte seinen Arm um mich. Während des Unterrichts hatte ich meine miese Stimmung mit Müdigkeit erklären können, aber jetzt, am Abend des Balls, hatte ich keine Ausrede mehr, mit der ich ihn hätte überzeugen können. Schließlich war dieser Abend immer der Abend des Jahres und sogar Svenja, Juli und Maike, die Klassenzicken, waren während des Maskenballs irgendwie nett. Nur meine Stimmung sank immer weiter in den Keller, mit jeder Minute, die ich Mari nicht sah und noch immer nicht wusste, ob sich mit Elinas Auftritt gestern Abend längerfristig etwas zwischen uns ändern würde.

„Ist etwas zwischen euch vorgefallen?", fragte Lukas, während mein Blick pausenlos durch die Aula schweifte, zwischen all den Schülern und Lehrern hindurch, auf der Suche nach einem fuchsbraunen Schopf. Ich beachtete die bunten Masken kaum, schaute nicht genauer auf die schönen Kleider und Anzüge, die aufwendigen Hochsteckfrisuren und die Band, die auf der kleinen Bühne spielte. Alles, was ich sehen wollte, war Mari, Maris Maske, Maris Kleid, Maris Frisur. Sie war die einzige Person in diesem Gebäude, die mich heute interessierte.

„Quinn, was ist los?", fragte nun auch Anthea, nachdem ich Lukas noch immer nicht geantwortet hatte.

Ich versuchte mich zusammenzureißen; eigentlich war mir ja klar, dass es mir wahrscheinlich gut tun würde, mit meinen Freunden zu reden.

„Ich war gestern bei ihr", erzählte ich, wie immer bedacht darauf, bei Gesprächen über Mari in der Schule keine Namen zu nennen, „und irgendwann stand einfach ihre Ex in der Wohnung. Sie hatte anscheinend noch einen Schlüssel."

„Was wollte sie?", fragte Lukas und runzelte die Stirn.

„In der Wohnung stand noch eine Kiste ihrer Sachen, die sie wohl abholen wollte. Aber dann hat sie mich gesehen und ist ziemlich schnell darauf gekommen... naja, in was für einem Verhältnis wir zueinander stehen."

„Was? Sie weiß, dass du ihre Schü-     '', begann Anthea entsetzt und ich unterbrach sie, bevor sie es ganz aussprechen konnte. Ich wollte auf keinen Fall die Gefahr eingehen, dass noch mehr Leute als Elina davon erfuhren, denn schon sie bereitete mir genug Bauchschmerzen.

„Zumindest hat sie es vermutet, natürlich hat Ma... hat sie versucht es abzustreiten, aber ich glaube nicht, dass ihre Ex ihr das abgenommen hat."

„Oh man", murmelte Lukas und in seiner Stimme schwang Besorgnis mit, „Was macht ihr jetzt?"

Ich seufzte. „Keine Ahnung. Wir haben noch nicht wirklich darüber geredet, die Stimmung war danach natürlich komisch. Ich schätze mal, dass sie sich ziemliche Gedanken macht."

Ich hielt Anthea meinen halbleeren Becher hin, damit sie diesen mit Alkohol auffüllen konnte, denn ich hatte keine Lust, mir den ganzen Abend über den Kopf zu zerbrechen. Lieber wollte ich angeheitert wenigstens für ein paar Stunden die ganze Sache vergessen und die Zeit halbwegs genießen. Schließlich konnte ich mich mit meinen Sorgen über Elina auch noch morgen befassen.

Roth wie der Mohn (lehrerinxschülerin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt