38

2.6K 144 25
                                    




„wenn ich schon nicht bei dir sein kann, muss ich zumindest so wieder mit dir kommunizieren können. hatte noch ein altes handy herumliegen und hab mir eine neue simkarte besorgt. sicher ist sicher. du fehlst in meinem bett."

Immer und immer wieder las ich mir meine Nachricht durch. Und immer und immer wieder die Antwort darauf.

„du hellseherin! ich habe gerade noch gedacht, dass ich deine abendlichen nachrichten vermisse. du fehlst mir auch! das vorhin war unglaublich, aber nicht das gleiche, wie neben dir einschlafen zu können..."

Fast musste ich lachen, trotz der Tränen, die in meinen Augen brannten. Dumme, dumme Quinn. Wie konnte sie nur so leichtgläubig sein? Ich dachte, sie hätte meine Ansage ernst genommen. Scheinbar nicht ernst genug. Ja, erst hatte sie nicht auf Maris Nachrichten reagiert. Das konnte ich nachvollziehen, dank der Spy-App, die ich auf Maris Handy installiert hatte, nachdem sie meinen Heiratsantrag ablehnte, wohinter ich eine andere Frau vermutet hatte. Mari hatte zwar immer beteuert, mich nicht zu betrügen - aber auch hier traf mal wieder mein Leitsatz zu: sicher ist sicher. Die einzige Nachricht, die von Quinn auf Maris Handy eingegangen war, war die Bitte um ein Treffen. Mit einem Fernglas bewaffnet hatte ich in einem Mietwagen (sicher ist sicher) am Rande des Parks gesessen und zufrieden festgestellt, dass das Mädchen anscheinend meinen Worten gefolgt war und die Sache beendete. Erst, als Quinn verschwunden war, hatte ich den Wagen verlassen und mich auf den Weg zum Haus meiner Eltern gemacht, bei denen ich wohnte, bis ich zurück in die Wohnung ziehen würde. Zurück zu Mari. Es war die erste Nacht seit der Trennung gewesen, in der ich ruhig schlafen konnte.

Doch schon am nächsten Morgen waren die Zweifel zurückgekehrt. Mari war kein Mensch, der sich so einfach abspeisen ließ. Was, wenn ich etwas übersehen hatte? Was, wenn Mari wusste, dass nicht Quinn eine Trennung wollte, sondern ich? Die Spy-App hatte sie meines Wissens nie entdeckt, genau so wenig wie sie gemerkt hatte, dass ich ihr während unserer Beziehung des öfteren gefolgt war, nur um sicherzugehen, dass ein Treffen mit ihrer Schwester nicht in Wirklichkeit ein Treffen mit einer heimlichen Liebschaft bedeutete. Mari hatte zwar immer gewusst, dass ich eifersüchtig war, nie aber von meinen Mitteln, mich selbst zu beruhigen. Im Grunde genommen kannte sie sehr viel weniger von mir, als sie dachte. Ich war gut darin, Menschen nur die Seiten von mir sehen zu lassen, die ich sie sehen lassen wollte. Und ich war gut darin, mich in andere Menschen hinein zu fühlen, vorauszudenken, zu sehen, welche Schritte sie tun würden, bevor sie selbst auch nur darüber nachdachten. Ein Grund, aus dem ich immer gewusst hatte, dass Mari etwas mit einer anderen anfangen würde. Ein Grund, aus dem ich wusste, dass sie sich nicht einfach so mit einem Schlussstrich begnügen würde. Ein Grund, aus dem ich wusste, dass sie ihr kleines geheimes Abenteuer weiter führen wollen würde, jetzt noch geheimer. Und um sicherzugehen, dass ich mit meinen Vermutungen richtig lag, hatte ich mir ein altes Handy mit einer neuen Simkarte besorgt, mich als Mari ausgegeben, und Quinn eine nette Nachricht geschickt. Und schon hatte ich meine Bestätigung: Quinn hatte es nicht verstanden. Quinn nahm mich nicht ernst. Quinn war so selbstsüchtig, dass sie trotz meiner Worte die Gefahr einging, Maris Leben zu ruinieren. Quinn war dumm, dumm, dumm.

Natürlich war mir bewusst, dass Mari bald von diesem naiven Mädchen, das einzig und allein das Abenteuer genoss, mit seiner Lehrerin anzubändeln, gelangweilt sein würde. Verstecken spielen war nicht Maris Ding, das war mir klar, und es würde nicht lange dauern, bis sie genug davon haben würde. Sie würde es noch eine Weile genießen, die Aufmerksamkeit von diesem jungen Ding zu bekommen, zugegeben konnte ich den Reiz der Sache sogar irgendwie nachvollziehen. Verboten jung, verboten gutaussehend, verboten verboten. Das alles traf vollkommen auf die Kleine zu und genau der letzte Teil war es, der es mir erleichtern würde, Mari auf die Sprünge zu helfen. Dabei, möglichst schnell zu erkennen, dass es vielleicht ganz nett war mit Quinn, aber dass es jetzt an der Zeit wäre, wieder vernünftig zu werden, und zu mir zurückzukommen. Wie ich endlich zu erkennen, dass Quinn nicht ihrem Niveau entsprach, nicht meinem Niveau, dass sie keiner von uns das Wasser reichen könnte. Wie sollte sie Mari auf Dauer glücklich machen können, wenn sie schon jetzt einen Fehler nach dem nächsten beging? Wenn sie doch nicht einmal sah, dass sie Mari nicht gut tat, sondern sie in ihr Verderben stürzen lassen würde? Dumm, naiv, egoistisch. Aber vor allem: Quinn war nicht ich. Ich war gut für Mari. Mit mir konnte sie glücklich sein. Ich trug sie auf Händen, legte ihr die Welt zu Füßen und ich würde es wieder tun. Mari gehörte mir.

Sie liebte mich, so sehr, wie ich sie liebte, und wenn sie erst merken würde, welchen Fehler sie da gemacht hatte, würde sie mich anbetteln, sie zurückzunehmen. Und ich würde sie zurücknehmen.

Meine Drohung, die Affäre zwischen den beiden auffliegen zu lassen, würde ich natürlich nicht wahr machen. Nie würde ich etwas tun, was Mari schaden könnte. Die einzige Person, der ich wirklich weh tun wollte, war Quinn und jetzt, wo klar war, dass sie einfach so über meine Worte hinweg sah, war es an der Zeit, mir Gedanken zu machen. Gedanken über die Konsequenzen.

Roth wie der Mohn (lehrerinxschülerin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt