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Die nächsten zwei Wochen vergingen wie im Flug. Fast jede Nacht verbrachte ich mit Mari zusammen und an drei oder vier Abenden, an denen ich meine Freunde traf, war auch Mari anwesend.

Ich konnte mein Glück noch immer nicht fassen, es war einfach zu schön, um wahr zu sein. Wie sie mich ansah, mich berührte, wie sie es mit jedem Wort schaffte, dass ich mich besonders fühlte. Wie sie mit meinen Freunden redete und lachte, wenn wir Abends zusammensaßen, und es auch in der Schule schaffte, dass ich mich ihr nah fühlte, ohne, dass die anderen es merkten. Einfach durch ihre Blicke, das leichte Schmunzeln auf ihren Lippen und die unauffälligen Berührungen, wenn sie an meinem Platz vorbeiging und ihre Hand mich federleicht streifte.  Wir spielten uns immer besser miteinander ein und obwohl ich von Anfang an das Gefühl hatte, Mari könne mehr in mir lesen, als jeder andere Mensch, schien sie mich mit jeder Stunde, die wir zusammen waren, leichter durchschauen zu können. Sie schien immer genau zu wissen, wie ich mich fühlte und was sie sagen und tun musste, um mich glücklich zu machen.

Es waren Kleinigkeiten, die mir zeigten, dass ich ihr ebenso viel bedeutete, wie sie mir. Nachdem sie eines Morgens aus der Dusche kam und gesehen hatte, dass ich auf ihrer Seite des Bettes lag, der Seite, die an die Wand grenzte und auf der ich mich einfach irgendwie wohler fühlte, legte sie sich die nächsten Nächte kommentarlos und ganz selbstverständlich auf die andere Seite. Als ich eines Abends zu ihr kam, um mit ihr gemeinsam zu kochen und anschließend bei ihr zu schlafen, fand ich im Bad im Zahnputzbecher eine zweite Zahnbürste vor und es war die gleiche, die ich auch zuhause benutzte. Jeden Morgen, an dem ich Maris Küche betrat, drückte sie mir lächelnd einen Kaffee in die Hand, immer in dem selben gelben Becher, nachdem ich mir einmal selbst Kaffee gekocht und diesen Becher genommen hatte. Immer bevor wir die Wohnung morgens verließen, um zur Schule zu fahren, sie mit dem Auto und ich mit der Bahn, zog sie mich in eine enge Umarmung und wir verabschiedeten uns mit einem weichen Kuss, der nach Erdbeermarmelade schmeckte.

Ich fühlte mich so wohl bei ihr, so sicher, und doch kribbelte meine Haut noch immer unter jeder ihrer Berührungen, wie bei einem kleinen Stromschlag. Ich konnte nicht genug von ihr bekommen, konnte ihr nicht nah genug sein und sie zeigte mir, dass es ihr genau so ging.

Ich war mir sicher wie noch nie, dass ich diese Frau in meinem Leben behalten wollte. Ich war süchtig nach ihr, süchtig nach den Gefühlen, die sie in mir auslöste. Noch nie freute ich mich mehr auf meinen Abschluss, den ich in ein paar Monaten endlich in der Tasche haben würde, denn das bedeutete, dass Mari und ich uns nicht mehr verstecken mussten. Vor niemandem. Wir würden miteinander ausgehen können, ich könnte sie ins Kino einladen und sie in ein schickes Restaurant ausführen, wir könnten gemeinsam in den Urlaub fahren, durch die Stadt schlendern, ich würde nicht mehr aufpassen müssen, sie in der Öffentlichkeit nicht zu auffällig anzuschauen.


An diesem Abend war ich bei Mari, ich lag auf dem Sofa eingerollt mit meinem Kopf in ihrem Schoß und sie spielte mit meinen Haaren, während irgendein Film lief, auf den wir uns kaum konzentrierten.

„Na komm schon, erzähl's mir", drängelte Mari ungeduldig und ich grinste sie von unten an. Morgen war es so weit, der Maskenball fand statt und Mari versuchte seit einer Viertelstunde aus mir herauszuquetschen, was ich anziehen würde. Aber ich hatte nicht vor, es ihr zu verraten. Schlimm genug, dass sie wusste, wie meine Maske aussah, aber daran hatte ja leider kein Weg vorbeigeführt. Von dem Kleid, das ich heute Nachmittag mit Anthea in der Stadt gekauft hatte, würde sie erst erfahren, wenn sie es sehen würde. Ich wollte sie überraschen, denn ich war mir sicher, dass ihr das Kleid genau so gut gefallen würde, wie mir, denn auch von meiner fertigen Maske war sie unverkennbar begeistert gewesen. Sogar Anthea, die ziemlich pragmatisch veranlagt war und bei Anlässen wie diesen meistens einfach auf das schliche Schwarze zurückgriff, verschlug es für einen Moment die Sprache, als ich aus der Umkleidekabine herausgekommen war. Sie hatte mich mit offenem Mund gemustert und als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte gesagt: „Mari wird es lieben", woraufhin die Entscheidung für das Kleid für mich gefallen war. Der Stoff war cremefarben und leicht durchsichtig, bestickt mit goldenen Ornamenten und obwohl ich sonst nicht unbedingt die Art von Mädchen war, die sich in langen Prinzessinnenkleidern wohl fühlte, hatte ich mich sofort in dieses Kleid verliebt. Außerdem sah meine Maske aus, wie für dieses Kleid gemacht, denn sie hatte beinahe genau den selben Farbton und ebenfalls goldene Verzierungen. Es war perfekt.

„Vergiss es. Du wirst dich bis morgen gedulden müssen", gab ich also zurück. Ich wollte ihre Augen leuchten sehen bei meinem Anblick und das würde ich nicht versauen, indem ich ihr auch nur den Hauch einer Vorstellung geben würde.

Maris volle Lippen verzogen sich zu einem Schmollen, aber die feinen Lachfältchen um ihre Augen verrieten sie.

Ich setzte mich auf und zog Mari kichernd in meine Arme. „Tu nicht so, du Spinnerin. Du bekommst mein Outfit schon noch früh genug zu sehen.

„Und ich kann wirklich nichts tun, um dich umzustimmen?", raunte sie leise und zog dabei eine Augenbraue hoch. Mein Unterleib zog sich zusammen. Sie wusste, was sie tun musste, um mich verrückt zu machen und sie nutzte es schamlos aus. Aber ich blieb standhaft. Noch.

„Nein", antwortete ich und lehnte mich zurück, als ihr Gesicht mit näher kam.

„Sicher?"

Ich schüttelte den Kopf und wich weiter nach hinten aus, aber Mari setzte ihr verführerischstes Schmunzeln auf und ehe ich mich versah, lag sie auch schon auf mir und hatte ihre Hand unter meinen Pullover geschoben. Mir entwich ein leises Keuchen, als sie mit ihren Lippen an meinem Ohrläppchen zupfte und ihre weichen Fingerspitzen anfingen, um meine Brustwarze zu kreisen.

„Los Baby, verrate es mir", hauchte sie in meine Halsbeuge und verursachte damit nicht nur eine Gänsehaut auf meinem ganzen Körper, sondern vor allem ein nicht ignorierbares Pochen zwischen meinen Beinen.

Ich versuchte mich gegen ihren Oberschenkel zu pressen, doch Mari änderte grinsend ihre Position und entzog ihn mir.

„Vergiss es", wiederholte sie meine Worte, „Erst, wenn du mir verrätst, was du anziehen wirst." Aber ihre Finger bewegten sich weiter an meinen Brüsten und ihre Zunge hinterließ eine brennende Spur von meinem Ohr, über meinen Hals, bis zu meinem Schlüsselbein.

Mein Körper begann unter ihr zu zittern und ich wusste, genau wie Mari, dass ich das nicht lange aushalten würde. Wir wussten beide, dass sie im Zweifelsfall bekommen würde, was sie wollte.

Ich drückte meine Schenkel zusammen, versuchte nicht aufzustöhnen, um sie nicht noch mehr in ihrem Tun zu ermutigen, aber ich konnte meine immer weiter ansteigende Lust nicht vor ihr verbergen. Ihre Hand wanderte meinen Bauch hinab in den Bund meiner Leggings, ich hielt die Luft an, aber sie stoppte unmittelbar vor meinem empfindlichsten Punkt.

„Was wirst du morgen anziehen?", fragte sie zwischen zwei Küssen mit heiserer Stimme und ich war kurz davor, all meine Vorsätze über Bord zu werfen, um sie endlich in mir zu spüren, da hörten wir, wie sich ein Schlüssel im Schloss drehte.

Abrupt ließ Mari von mir ab und setzte sich auf, während ich verwirrt und erregt da lag und nicht begriff, was gerade passierte.

Plötzlich stand die blonde Frau, Elina, mitten im Raum und starrte uns wütend an.

Sie?", kam es bebend und irgendwie verzerrt aus Elinas Mund, „Ich hatte also Recht, die ganze Zeit über."

„Was willst du hier?", fragte Mari betont ruhig, aber Elina ignorierte sie und machte einen Schiritt auf mich zu.

„Ist sie der Grund, aus dem du unsere Beziehung weggeworfen hast?" Ihr Blick wanderte über meine wirren Haare, mein noch immer erhitztes Gesicht, meinen hochgerutschten Pullover. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, sie sah aus, als hätte sie Schmerzen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, saß nur da, ohne etwas zu sagen und starrte Maris Exfreundin an.

Was willst du hier?", wiederholte Mari ihre Frage und ich nahm aus dem Augenwinkel wahr, wie ihr Gesichtsausdruck sich verhärtete.

Noch immer reagierte Elina nicht auf Maris Frage, sondern kam noch näher, den Blick noch immer auf mich gerichtet.

„Gott, Mari, guck sie dir an. Ist sie überhaupt schon volljährig? Sie könnte deine Schülerin sein."

Ich konnte nicht verhindern, dass mein Blick zu Mari rüber schoss. Noch nie hatte ich einen derart wütenden Ausdruck in ihrem Gesicht gesehen.

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich etwas mit einer Schülerin anfangen würde", sagte sie und ich merkte, dass sie wirklich bemüht war, sich nichts anmerken zu lassen, aber ich kannte sie gut genug, um die leichte Verunsicherung in ihrer Stimme zu hören. Und mir war klar: was ich nach ein paar Wochen mit dieser Frau durchschauen konnte, das durchschaute Elina nach elf gemeinsamen Jahren mit ihr erst recht.

Roth wie der Mohn (lehrerinxschülerin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt