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Ich versank im Honigbraun. Lächelte schüchtern, während ihre Fingerspitzen vorsichtig meine Wange berührten. Es fühlte sich gut an, sie war so weich und ich wollte mehr davon, bewegte mich langsam auf sie zu, lehnte mich in die Berührung hinein. Schmiegte mein Gesicht in ihre Hand.

Sie roch so gut nach Kokos und Orange und ihre Mundwinkel hoben sich. Als sie anfing zu reden, konnte ich wieder diese kleine, süße Lücke zwischen ihren Zähnen sehen und ein Kribbeln schoss durch meinen Körper. Ihre Lippen bewegten sich, aber ich verstand nicht, was sie sagte, es war einfach zu laut hier. Ich bewegte mein Ohr näher an ihren Mund, spürte ihren Atem auf meiner Haut und das Kribbeln verstärkte sich. Zärtlich drehte sie meinen Kopf und ihre Lippen waren plötzlich so nah an meinen, dass meine Fingerkuppen wie von allein auf der Bar neben mir zu trommeln anfingen. Wie sie es immer taten, wenn ich nervös wurde. Sie kam näher und näher, ich schloss meine Augen und wartete, war ungeduldig weil ich es kaum erwarten konnte sie zu spüren und gleichzeitig ging alles viel zu schnell, weil ich so verdammt aufgeregt war. Plötzlich änderte sich die Musik und der eben noch mitreißende Beat wurde zu einem aufdringlichen, nervigen Klingeln.

Ich wachte auf, griff nach meinem Handy um das Klingeln endlich verstummen zu lassen. Mein Atem ging schnell, mir war heiß, ich konnte nicht ausmachen, ob es von der Hitze kam oder von meinem Traum. Ich schüttelte den Kopf und rieb mir die Augen, um die Müdigkeit und die letzten Gedanken an das eben im Traum fast Geschehene zu vertreiben.

Lukas und Anthea standen im Raucherbereich des Schulhofs, Anthea mit Zigarette in der Hand, und winkten mir schon von Weitem zu. Kaum kam ich bei den beiden an, stürzte Anthea zu mir.

„Quinn, verrate es mir bitte. War Luke gestern noch bei euch? Hat er nach dem Feiern bei Luise übernachtet? Er sagt, er ist nachhause gegangen, aber mal ehrlich, war er noch mit bei euch?"

Lukas grinste nur schüchtern und kratzte sich am Hinterkopf, ich verschluckte mich vor Lachen am Rauch meiner Zigarette. Weil ich husten musste und nicht reden konnte, schüttelte ich nur den Kopf. Antheas Grinsen wandelte sich in Enttäuschung, was mich wieder zum lachen brachte. Sie war so sensationsgeil, es war unglaublich.

„Und du? Bist du mit zu... Wie hieß er noch?" Ich war irgendwann betrunken mit Luise nachhause getorkelt, und sie schwärmte zwar durchgehend von Lukas, aber ich wusste, dass beide nicht der Typ dafür waren, irgendetwas zu überstürzen. Anthea hingegen war im Club geblieben, als wir uns verabschiedet hatten.

Sofort schlich sich ein vielsagendes Grinsen in ihr Gesicht, sie zwinkerte mir zu und das war Antwort genug.

Wir rauchten auf und schlenderten schließlich zusammen in die Schule. So früh am Morgen war es erträglich, aber später sollte es wieder heiß werden und keiner der uns entgegenkommenden Schüler sah aus, als hätte er Lust, bei der Hitze jetzt wieder im Unterricht zu sitzen. Ich für meinen Teil war gefühlt jedenfalls noch in den Sommerferien und hatte überhaupt keine Lust, wieder hier zu sein. Vor allem nicht an einem Tag wie heute, an dem Mathe, Bio und Geschichte auf dem Stundenplan standen.

Als wir vor dem Klassenraum standen und auf Herrn Fleischer, unseren Mathelehrer warteten (und ja, er war im wahrsten Sinne des Wortes fleischig und roch immer irgendwie nach Mett), stellte Lukas sich neben mich und legte mir seinen Arm um die Schulter. Ich wusste was jetzt kommen würde, denn wenn Lukas fürsorgliche Gesten an den Tag legte, dachte er, mich würde irgendetwas bedrücken, über das ich reden wollte. Zum Beispiel Johannes.

Und da kam es auch schon: „Hat Johannes sich gemeldet?"

Ich seufzte leise. „Ja, er hat mir gestern geschrieben. War sauer, weil ich mich beim Feiern nicht gemeldet und dann bis eins geschlafen habe. Er meinte, er macht sich Sorgen, wenn er nicht weiß, ob ich gut zuhause angekommen bin."

Roth wie der Mohn (lehrerinxschülerin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt