Epilog

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Nervös drehe ich den grazilen, goldenen Ring an meinem Finger. Eine Angewohnheit, die das Fingertrommeln nach und nach abgelöst hat. Anfangs fasste ich mir immer wieder an den Ring, um zu überprüfen, ob er noch an Ort und Stelle war und weil ich noch nicht so wirklich fassen konnte, dass dieses Schmuckstück nun meine Hand ziert. Mit der Zeit gewöhnte ich es mir an, weil er, im Gegensatz zu einer Unterlage die sich zum Trommeln eignet, zu jedem Zeitpunkt, an jedem Ort da ist.

Maris Hand stoppt meine Bewegungen, indem sie sich auf meine legt. Mit ihren strahlenden, honigbraunen Augen sucht sie meinen Blick. Ihr Lächeln schafft es noch immer, mich innerhalb von Sekunden zu beruhigen. Ich mustere ihr Gesicht genau, nehme jeden Millimeter ihres Anblicks in mich auf, als hätte er sich nicht schon längst in mein Gedächtnis gebrannt. Da sind mehr von den kleinen Lachfältchen als früher, aber das tut ihrer Schönheit keinen Abbruch, eher im Gegenteil. Sie sieht glücklich aus.

„Beruhig dich, Baby", sagt sie, und ihre leise, raue Stimme löst den letzten Rest meiner Anspannung.

Heute auf den Tag hätte es losgehen sollen. Krämpfe, Übelkeit, Blut. Dinge, auf die ich liebend gern verzichten konnte. In diesem Moment mehr denn je.


„Weißt du, Quinn", sagte Mari eines Abends, nachdem wir den Nachmittag mit Luise und Lukas und ihrem kleinen Sohn verbracht haben, „eigentlich kann ich mir das alles mit dir wirklich gut vorstellen."

„Was genau?", habe ich sie gefragt.

Sie sah mich für einen Moment unsicher an, bevor sie liebevoll über meinen Bauch streichelte. „Dich mit Babybauch. Uns mit Kinderwagen. Uns zu dritt oder zu viert im Urlaub, oder auf dem Spielplatz, oder im Park."

Und jetzt sitze ich hier und hoffe entgegen aller Vermutungen darauf, dass unser Leben eine Wendung voller Muttermilch, vollgeschissener Windeln und Kotze nimmt. Denn ich stelle mir nichts schöner vor, als mit Mari in den Urlaub zu fahren, auf dem Spielplatz zu sitzen, durch den Park zu spazieren. Mit Babybauch, mit Kind.


Eine Tür knallt zu, Luise kommt ins Wohnzimmer geschlittert und wirft mir die rechteckige, rosa Packung in den Schoß. Ich atme noch einmal tief durch und Mari streicht mir über den Rücken, wirft mir ein letztes Lächeln zu, bevor ich mit dem Test in der Hand aufstehe und mich von Luise ins Bad ziehen lasse. Ich packe den Test aus und hocke mich darüber. Luise dreht grinsend den Wasserhahn auf.

„Wie früher", meint sie und ich erinnere mich daran, dass wir uns vor einigen Jahren in beinahe der selben Situation befunden haben. Mit dem entscheidenen Unterschied, dass ich damals auf ein anderes Ergebnis hoffte, als heute.

Nach dem Pinkeln wasche ich mir die Hände, während Luise aufgeregt auf den Test in ihrer Hand starrt.

Ich gehe zurück zu Mari und setze mich wieder neben sie aufs Sofa. Ich brauche ihre beruhigende Wirkung und ich möchte, dass sie dabei ist, wenn wir das Ergebnis erfahren. Ich lege meinen Kopf an ihre Schulter, inhaliere tief ihren Duft.

Als ich aufblicke steht Luise im Türrahmen. Sie schiebt sich eine blonde Haarsträhne hinters Ohr, in ihrem Gesicht ein Ausdruck, welchen ich nicht ganz deuten kann. Nach ein paar Sekunden der Stille, in denen ich glaube, vor Aufregung zu platzen, fangen ihre Mundwinkel an zu zucken.

„Wie wäre es mit Karlotta Roth?"





















***

Ich bin ja nicht unbedingt ein Fan von Happy Ends, aber ich hätte es nicht über mich gebracht, das hier unhappy enden zu lassen. Dann lieber ne kleine Runde Kitsch.
Dickes Danke an alle, die bis zum Ende mitgefiebert, gevotet und kommentiert haben! Ihr seid super :)
Danke außerdem an I., die sich immer wieder mein aufgeregtes Mari-und-Quinn-Gequatsche angehört und immer wieder mit mir überlegt hat, wie es weitergehen könnte. Ich liebe dich!

Roth wie der Mohn (lehrerinxschülerin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt