24

4.5K 207 8
                                    




Heißer Atem streifte meinen Oberschenkel. Ich weiß nicht, ob es das war, was mich weckte, oder Maris Lächeln, dass ich an meinem Bein spürte, oder ihre Hände, die weich an meiner Taille ruhten. Auch auf meinen Lippen bildete sich ein Lächeln, aber ich ließ die Augen geschlossen und rührte mich nicht, wollte ihr noch nicht zeigen, dass ich wach war. Ihre Haare kitzelten auf meiner Haut und ich hatte Mühe, meinen Atem unter Kontrolle zu behalten, als sie anfing, kleine, sanfte Küsse auf der Innenseite meines Schenkels zu verteilen. Ihre Berührungen brannten sich in meinen Körper, ließen mein Blut als Lava durch meine Adern strömen. Ihre Lippen bewegten sich weiter in Richtung meiner Mitte, die entblößt vor ihr lag. Wir waren nackt und eng aneinander geschmiegt eingeschlafen, nachdem wir uns stundenlang geliebt hatten und ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie spät es jetzt war, wann wir aufstehen mussten, wie viel Zeit vergangen war seit wir das letzte mal keuchend miteinander verschmolzen waren, aber es schien lang genug her zu sein, um Mari wieder hungrig werden zu lassen. Und auch ich spürte schon wieder die Lust in mir aufflammen, war schon wieder gierig nach ihren Küssen, ihren Berührungen, ihrer Zuneigung. Und sie gab sie mir. Ihre Zunge streichelte langsam meine Leisten und als ihr feuchter Atem meine Perle streifte, konnte ich mein Becken nicht daran hindern, ihr verlangend entgegen zu zucken. Ihre Bewegungen wurden augenblicklich schneller, intensiver, ihr Speichel vermischte sich mit meiner Feuchtigkeit. Mir entwich ein Stöhnen und auch Mari gab kleine, erregte Laute von sich. Meine Hände krallten sich in ihre Haare, als ihre Zunge immer schneller über meinen empfindlichsten Punkt glitt und mich wahnsinnig werden ließ. Mein Unterkörper streckte sich ihr im Rhythmus ihrer Bewegungen entgegen, vollführte einen wilden Tanz mit ihren Lippen, die sich an mir festsaugten. Ihre Fingerkuppen bewegten sich über meine Haut, hinterließen brennende Spuren und wanderten immer näher an die Stelle meines Körpers, die jeden Moment zu explodieren drohte. Quälend langsam drang sie in mich ein und ich drängte mich gegen sie, konnte nicht genug von ihr bekommen. Ich spürte ihre Zunge von mir ablassen und dafür ihren Blick auf mir, öffnete die Augen und sah, wie sie mit einem Schmunzeln auf ihren feuchten Lippen meine Reaktion auf ihre Finger in mir beobachtete.

„Bitte", presste ich zwischen meinen Lippen hervor, in der Hoffnung, sie würde mich endlich kommen lassen. Ich wollte, ich konnte nicht länger warten, das Gefühl war so intensiv, dass es beinahe schmerzte. Nie zuvor hatte ich das gefühlt, was Mari mich fühlen ließ und sie kostete es aus, indem sie es Sekunde um Sekunde hinauszuzögern versuchte.

„Was?", fragte sie heiser, eine Augenbraue in die Höhe gezogen und ihre Finger in mir hielten inne.

„Bitte, ich kann nicht mehr", keuchte ich, mich im Laken festkrallend.

Sie sah mich noch einen Moment an, Zufriedenheit machte sich in ihrem Ausdruck breit, dann senkte sie ihren Kopf wieder zwischen meine bebenden Beine und gab mir das, wonach ich mich so sehr verzehrte.


Nachdem wir gemeinsam geduscht und das Bad dabei lachend halb unter Wasser gesetzt hatten, saß ich in eine Duftwolke aus Maris Orangenduschgel und Kokosshampoo gehüllt an ihrem kleinen Küchentisch und trank den Kaffee, den sie mir gekocht hatte. Es fühlte sich so gut, so richtig an, hier mit ihr zu sitzen und ihr dabei zuzusehen, wie sie ihr Marmeladentoast aß. Sie war so schön, mit ihren noch leicht feuchten Haaren, die sie zu einem wirren Knoten hochgesteckt hatte, aus dem schon jetzt einzelne fuchsrote Strähnen widerspenstig in ihre sommersprossige Stirn fielen und dem kleinen Marmeladenfleck in ihrem Mundwinkel, der mich lächeln ließ. Ein Glücksgefühl durchströmte mich, als ich daran dachte, dass ich mit dieser Frau die Nacht verbracht hatte und dass dies sicherlich nicht die letzte Nacht gewesen war. Noch immer konnte ich nicht fassen, dass sie sich zu mir hingezogen fühlte, mich näher kennenlernen wollte, vielleicht sogar Gefühle für mich hatte und dafür bereit war, so einiges aufs Spiel zu setzen.

„Du siehst müde aus", grinste sie. Vertieft in ihre Schönheit hatte ich nicht gemerkt, dass auch sie mich musterte.

„Ich denke, daran sind Sie nicht ganz unschuldig, Frau Roth", grinste ich zurück und schob meinen Fuß unter dem Tisch ein Stück hervor, um ihren zu berühren. Ich war süchtig nach diesem Gefühl; jede Sekunde, in der keine Verbindung zwischen unseren Körpern bestand, schien unerträglich. Und ihr schien es ähnlich zu gehen. Wenn sie redete, legte sie ihre Hand auf meine und schickte damit kleine Schauer durch meinen Körper. In der Nacht hatte sie mich keinen Moment lang los gelassen, auch nicht in den wenigen Stunden, in denen wir geschlafen hatten. Die ganze Zeit über hatte sie dicht an mich geschmiegt da gelegen, ihre Hand auf meiner Hüfte, oder meinem Oberschenkel, oder zwischen meinen Beinen. Es war unglaublich, was sie in mir auslösen konnte, nicht nur im sexuellen Sinn. Sie benebelte mich, mit jedem Blick, jedem Wort, jeder noch so kleinen Berührung und ich wusste, dass ich sie so schnell nicht mehr gehen lassen wollte.

„Quinn", sagte Mari plötzlich, nachdem wir uns eine Weile lang nur angesehen hatten, „es gibt da noch etwas, worüber ich mit dir reden wollte." Ihr Blick wurde unsicher, sie biss sich auf die Lippe.

„Das war auch der eigentliche Grund, aus dem ich mitten in der Nacht vor deiner Tür stand. Ich habe gesehen, wie sehr es dich mitgenommen hat, dass dieser Mann, dein Vater, einfach aus dem Nichts aufgetaucht ist. Deshalb habe ich mir Sorgen gemacht. Ich weiß, es ist deine Entscheidung, aber meinst du nicht, du solltest vielleicht noch einmal mit ihm sprechen?"

Und da war er wieder, der unschöne Teil meines momentanen Lebens, den ich gern aus meinen Gedanken verdrängte, dem ich mich nicht stellen wollte.

Ich seufzte. „Ich weiß nicht. Er war mein Leben lang nicht da und jetzt kommt er und erzählt mir von seiner Drogen- und Knastkarriere. Ich weiß einfach nicht, ob ich das will. Ich bin gut ohne ihn zurechtgekommen, wieso sollte ich mich jetzt mit ihm treffen?"

„Ich habe gesehen, wie du auf ihn reagiert hast. Wir kennen uns vielleicht noch nicht lang, aber ich kenne dich gut genug, um zu merken, dass es dir nicht egal ist."

Es war erschreckend, dass sie das sah, was ich so sehr zu verbergen versuchte, sogar vor mir selbst. Schlagartig wurde mir klar: es war mir nicht egal. Ich war unendlich wütend darüber, keinen Vater gehabt zu haben. Dass dieser Mann im Gefängnis gesessen hatte, statt sich über meine ersten Worte und Schritte zu freuen und sich auch danach nicht die Mühe gemacht hatte, für mich da zu sein. Ich war traurig darüber, dass ein Teil meiner Familie einfach fehlte, weil er nicht genug Verantwortung für ein Kind aufbringen konnte, das er gezeugt hatte. Es versetzte mir einen Stich, wenn ich Kinder sah, die liebevoll von ihren Vätern in den Arm genommen wurden, die Hand in Hand mit ihnen lachend durch die Stadt spazierten. Es enttäuschte mich, dass er meiner Mutter ohne Weiteres das Versprechen gegeben hatte, keinen Kontakt zu mir zu suchen, ohne dass jemals einer danach gefragt hatte, was ich wollte. Und ich war sauer auf mich selbst, dass ich mein Leben lang zu stolz gewesen war, mir das alles einzugestehen und meiner Mom zu sagen, dass ich wissen wollte, wer er war. Dass ich wissen wollte, wie er hieß, wie er aussah, ob er wie ich seine Pizza am liebsten mit Ketchup aß, ob seine Finger zu trommeln anfingen, wenn er nervös wurde. Denn meine Mom hasste Pizza, sie hasste Ketchup und sie war die Ruhe in Person, weshalb sie nie, nie, nie nervös war. Sie war toll, sie war immer für mich da, wenn ich sie brauchte, und ich weiß, sie wollte nur das Beste für mich, aber sie hatte mich nicht ein einziges Mal danach gefragt, ob ich wissen wollte, wer mein Vater war und das brachte mich irgendwann dazu, zu denken, es wäre mir egal. Weil es das war, was am einfachsten war und das, was sie sich wünschte.

Erst als Mari mich vom Stuhl und in ihre Arme zog, merkte ich, dass ich weinte. Ich weinte, weil ich meinen Vater nicht kannte und nicht wusste, wie ich ihn jetzt, nach achtzehn Jahren, kennenlernen sollte und ich weinte, weil Mari dazu in der Lage war, einfach so die Wahrheit aus mir herauszuholen. Es war, als würde sie in mich hineinschauen und tief in mir Dinge sehen, die ich selbst jahrelang nicht gesehen hatte, als würde sie ohne Worte wissen, was in den hintersten Ecken meines Geistes vor sich ging, als würde sie mich öffnen, meine Gedanken nehmen und neu sortieren und an den richtigen Fleck stellen. Ich weinte, weil mein Vater mich nie getröstet hatte und weil Mari mir Trost spendete, von dem ich nicht einmal gewusst hatte, dass ich ihn so sehr brauchte.

„Ich bin da", flüsterte sie leise an mein Ohr, strich mir sanft über den Rücken, und ich weinte, weil mir bewusst wurde, dass ich zum ersten Mal anfing, wirklich zu lieben.

Roth wie der Mohn (lehrerinxschülerin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt