Kapitel 5

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Der herbe Geruch von Kaffee strömte in meine Nase und ein frisches Brötchen nahm ich ebenso wahr. Augenblicklich rumorte mein Magen. Ich hatte einen Kohldampf. Schlief ich, oder war ich gerade am munter werden? Keine Ahnung, aber der Duft war so real, dass ich sofort die Lider nach oben schlug. Ich blinzelte, weil ich nur verschwommen erkennen konnte und musste mir erst mal darüber nachdenken, wo ich mich eigentlich befand. Was war passiert? Ich drehte mich unvermittelt auf die rechte Seite und drückte meinen Kopf in das weiche Kissen unter mir. Gott, war das schön und dann dieses Bett. Ich fühlte mich wahnsinnig wohl. Dann kamen aber die Bilder schneller wieder zurück, wie gedacht. Die Dunkelheit. Mein Bein. Der Schmerz, der sich durch meinen Körper fraß, verschluckte mich. Und ich spürte ihn in diesem Moment klar und deutlich.

Aiden, der mir eine ins Gesicht gab. Damian der ihn zusammenschlug. Ich, die schrie, weil er aufhören sollte und dann das ganze viele Blut. Ich schluckte den schweren Kloß in meinem Hals herunter und ohne weiter darüber nachzudenken, richtete ich mich prompt auf, riss die Lider weiter nach oben und versuchte etwas mehr zu erkennen. Ziemlich schnell bemerkte ich, dass ich mich in dem Raum von McCain befand. Alles war wie immer, als wäre nie etwas geschehen. Nur die kaputte Vase, stand nicht mehr dort, wo sie vorher war. Die Scherben hatte man ebenso aufgefegt. Geradezu meldete sich mein Bauch erneut und ich drehte meinen Kopf nach rechts. Auf der anderen Bettseite neben mir lag ein Tablett. Darauf war ein belegtes Brötchen und eine Tasse Kaffee. Zwar wollte ich mich drauf stürzten, aber ich hielt sofort inne, als ich bemerkte, wer da in meiner Nähe auf einem Stuhl saß.

Er schien weggenickt zu sein. Die dunklen Haare hingen ihm in die Stirn und er sah aus, als hätte er die ganze Nacht nicht geschlafen. Tiefe Augenringe zeichneten sein hübsches Gesicht, was lauter blaue Flecke aufwies, aber mir war bewusst, dass Aiden schlimmer aussehen musste. Damian hatte seine schon, als er mich nach dem »Unfall« ins Haus trug. Nun waren sie viel intensiver wie zuvor. Am liebsten wäre ich zu ihm gekrochen und hätte mich um seinen Hals geworfen. Allerdings erinnerte ich mich wieder nur allzu gut an die Bilder, die mir prompt erneut einfielen. Er hätte Aiden totgeprügelt, wäre Thomas nicht dann doch eingeschritten. Das wussten wir alle.

Dieser Mann hatte eindeutig ein Verhalten, was behandelt werden musste. Seine Aggressionen waren schlimmer, als bei einer Schwangeren. Wie konnte man nur so launisch sein? Na ja. Wenn es nur das wäre. Ich betrachtete ihn weiterhin, wusste nicht, was nun werden würde und streifte mir unbewusst meine blonden Strähnen aus dem Gesicht, um dann zugleich die Decke etwas nach drüben zu schieben. Mein Schenkel war fein säuberlich verbunden und es ging mir eindeutig besser. Das Einzige war ein leichter Schmerz, aber ich wusste, dass ich in der nächsten Zeit wohl Probleme mit dem Laufen haben würde. Trotzdem war ich in dieser Hinsicht schon mal beruhigt. Auch wenn ich Aiden dafür auf den Mond schießen konnte, war es doch irgendwo mein Fehler gewesen, dass ich im Dunkeln zum Haus schlich, anstatt den Weg zu benutzen. Nun änderte es nichts mehr an dem Geschehenen. Es war nun einmal passiert.

Mein Blick glitt erneut zu Damian und wie er auf dem Stuhl saß. Der Knöchel seines linken Beines lag auf dem rechten Schenkel, die Arme waren ineinander verschränkt und der Kopf gesenkt. Er schlief definitiv, da man das an seiner Atmung bemerkte. Er schnarche nicht, aber ein leichtes Schnaufen drang durch den Raum, was mich sichtlich beruhigte. Wenigstens ging es ihm soweit gut, auch wenn ich echt sauer auf diesen Mann war. Jedoch musste ich wissen, dass auch Aiden noch unter uns weilte. Allerdings war von ihm nichts zu sehen. Vielleicht ruhte er sich auch nur aus. Bestimmt.

Müde ergriff ich schließlich den Kaffee und trank einen Schluck, der mich auf der Stelle wärmte. Aber trotz dessen musste ich immer daran denken, wie McCain auf seinen Freund einschlug. Es war schlimm ihn so zu sehen. Nicht nur das. Es erschreckte mich. Und dennoch lag ich in seinem Zimmer. Das Haus war groß genug. Bestimmt gab es auch eine andere Möglichkeit für mich. Aber ich war hier. Hier bei ihm. Zu was für einen Zweck? Weil ich bei ihm sein sollte? Aber warum? Er war ein Monster. Kurz zerrte etwas in meinem Inneren. War er das wirklich?, fragte ich mich. Oder einfach nur extrem sauer, dass mich die Kugel traf? Was hätte ich an seiner Stelle getan? Ungeachtet dessen brauchte ich unbedingt Luft. Luft auch von ihm, weswegen ich etwas lauter sagte: »Ich will in ein anderes Zimmer!«

Bad Temptation II - BreatheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt