Kapitel 6

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Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ach verdammt. Warum war das Leben nur so kompliziert? Auf der einen Seite würde ich sagen, wenn es das nicht war, dann wäre es viel zu öde, aber musste es so wie bei mir ablaufen? Das war das reinste Chaos. Mein komplettes Leben nahm irgendwie eine falsche Wendung. Leise seufzte ich auf und wischte mir über die feuchten Augen. »Du hast mit ihm echt was gehabt, oder?«, fragte Mel noch einmal mit Nachdruck, streichelte mir über die Wange und zog mich weiter zu sich. Ich fühlte mich bei ihr extrem wohl und war froh, dass sie für mich da war, auch wenn Thomas erst einmal im Mittelpunkt stand. Ich wusste auch so, dass wenn etwas mit mir wäre, ich immer mit ihr sprechen konnte.

»Willst du meine ehrliche Meinung?«, drang aus ihrem Mund und ich nickte leicht. »McCain ist eine Liga zu groß. Er ist nicht wie Smith. Das hast du schon längst gemerkt. Wenn zwischen euch noch mehr passiert, was dann? Wird er seine Gefühle eingestehen? Würde er dir sagen, was du ihm bedeutest?« Ich wusste es nicht. Ich wusste gar nichts mehr. Und um ehrlich zu sein, war es nicht gut darüber nachzudenken. Damian wäre sicherlich nicht der Richtige für eine normale Beziehung. Er hatte einen Schaden. Einen großen. Egal ob es an dem Verlust seiner Mutter lag oder was auch immer da mit seiner Ex passierte. Etwas hatte ihn geprägt und ich wusste auch, dass er es niemals zuließ und sich für mich öffnete.

»Du musst nichts dazu sagen. Das ist schon Antwort genug. Aber tue mir einen Gefallen und verrenne dich in nichts. Das bringt dich auch nicht weiter. Sieh doch mal... Es gibt so viele Männer auf der Welt. Warum ausgerechnet er? Du hast was viel Besseres verdient. Jemand der dich liebt, dich gut behandelt und immer für dich da ist.« Melanie streifte mir eine Träne von der Wange und fuhr weiter fort: »Für so ein Kaliber Mann, kann man nicht so sein wie du... Du bist einfach... emotional und viel zu lieb für ihn. Du brauchst einen netten Typen und nicht einen, der alles und jeden hasst.«

Daran glaubte ich nicht einmal, dass er das tat, wenn ich da so an seine Schwester dachte. Er liebte sie und das erkannte man auch an der Art und Weise wie er mit ihr umging. Liebevoll. Also war er auch nicht ganz so kalt, wie er immer tat. Zwar sah man das selten, aber sie bedeutete ihm alles; auch wenn man sich das bei McCain gar nicht vorstellte, dass bei ihm so etwas überhaupt ging.

»Sagst du es ihm?«, fragte mich Mel plötzlich und zerriss somit die Stille, die sich langsam zwischen uns aufbaute. »Was soll ich ihm denn sagen?«, fragte ich mit zuckenden Schultern. Ich hatte keinen Plan, was sie in diesem Moment meinte. »Na, dass du dich in ihn verliebt hast!« Nach ihren Worten riss ich schon fast geschockt die Lider nach oben. War das so offensichtlich? Hatte ich das denn tatsächlich? Keine Ahnung. Eigentlich wollte ich darüber auch überhaupt nicht so wirklich nachdenken. »Ich kann ihm doch nicht sagen, was ich fühle... Das würde nicht... passen!«

Sie starrte nach meiner Antwort aus dem Fenster und murmelte: »Ich habe mit Thomas über ihn gesprochen. Zwar erzählt er kaum etwas über Damian, aber er meinte, dass er jemanden braucht. Aber ob du dafür die Richtige bist und so viel Geduld hast, um dich weiterhin herumschubsen zu lassen? Ich würde das nicht machen. Das tut dir doch jetzt schon alles weh. Wie lange willst du das durchhalten?« Ich folgte traurig ihrem Blick, da ich überhaupt nicht wusste, wie das mit ihm im eigentlichen Sinne weiterging. Auf jeden Fall konnte ich ihn nicht einfach so vergessen. Auch nicht das, was da zwischen und stattfand. Nichts davon. Das war Tatsache. Egal ob es das Schlechte oder Gute war.

Ich schluckte und wischte mir erneut über die feuchten Lider. Man sah mir deutlich an, dass ich geheult haben musste. Sie waren leicht gerötet und ich probierte so schnell wie nur möglich, wieder damit aufzuhören. Ich musste niemandem zeigen, dass etwas nicht stimmte. Erst recht nicht hier in diesem Haus mit solchen Typen. Das passte nicht. Ich würde stark sein müssen. Ich wollte es, so wie alle hier. Hart biss ich mir auf die Unterlippe, um den inneren dumpfen Schmerz in meiner Brust damit zu übertrumpfen, als sich unverhofft erneut die Tür öffnete. Ohne anzuklopfen, stand Damian im Raum und sagte: »Du kannst dann rüber!«, doch als er mein Gesicht sah, runzelte er die Stirn.

Bad Temptation II - BreatheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt