Kapitel 39

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Aiden wurde mitgerissen, da er mich noch immer an der Hand festhielt. In der Dunkelheit erkannte ich nicht viel, aber es war definitiv keiner von Damian. Das bemerkte ich spätestens dann, als ein Mund lautstark Luft holte, um Verstärkung zu rufen. Aiden war aber fixer. Er holte mit einer Schnelligkeit aus, die mich an Damian erinnerte, schlug trotz seiner schweren Verletzung den Mann extrem stark ins Gesicht und streckte ihn damit nieder, ohne, dass er Hilfe rufen konnte. Danach beugte er sich zu dem Bewusstlosen nach unten, kramte in seinen Taschen nach und steckte sich eine Pistole von diesem Typen in die Jeans. Zugleich blickte er mich von unten herab an. Seine grünen Augen waren leblos und matt. »Schau lieber weg.«

Erst wusste ich nicht, was er damit meinte, aber als Tompson ein Messer unter dem Stoff des Bewusstlosen hervorzog und es an die Kehle des Mannes hielt, wusste ich, was er vorhatte. Konnte er ihn nicht einfach liegen lassen? Wenigstens für mich? Augenblicklich hielt Aiden inne, als verstand er meine Ängstlichkeit genau. »Wenn ich ihn leben lasse, wird er uns verraten. Entweder er stirbt, oder wir.« Damit versuchte er seine Tat zu rechtfertigen. Ich konnte nicht anders. Ich wollte nicht über Leben und Tod entscheiden, aber nickte trotz alledem. Im gleichen Atemzug senkte ich den Kopf, damit ich nicht dabei zusehen musste, denn mittlerweile hatten sich meine Augen so sehr an die Dunkelheit gewöhnt, dass ich Aidens Handlungen eindeutig erkannte.

Im gleichen Moment achtete er gar nicht mehr auf mich, drehte sich wieder zu dem leblosen Körper und ich versuchte in dieser Zeit an etwas Schönes zu denken, aber das Geräusch, von Haut, die zerschnitten wurde... nachfolgend dieses Röcheln... Es hörte sich so laut an, als tat ich es selbst... als wäre mein Ohr genau da unten, bei meinen Füßen. Wenn ich an die Leiche in meinem Zimmer im Wohnheim dachte, war das schon extrem hart für mich, auch wenn ich es stetig verdrängte, aber dass... Scheiße. Scheiße. Scheiße. Es war etwas ganz anderes dabei zu sein.

Mein Blick bohrte sich kurz darauf auf die klaffende Wunde, die Aiden ohne zu zögern hinterließ. Dass er so etwas tun konnte, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, zeigte mal wieder, dass er doch gefährlicher war, als ich annahm. Entweder war das aber in diesem Moment mein Glück, sodass wir verschwinden konnten, oder er bescherte mir weitere Alpträume. Definitiv beides. Blut floss auf das heruntergefallene Laub, vermischte sich mit der Dunkelheit. Der Kontrast zu der hellen Haut des Mannes war so surreal, als passierte es gar nicht richtig. Mein Blick schweifte wieder zu Aiden, der mich prompt aufmerksam musterte. 

Zumindest, wenn man das so sagen konnte, denn sein Gesicht schien stetig mehr und mehr anzuschwellen. Dann wurde die Farbe darauf auch noch stetig heller, blasser. Er konnte nicht mehr lange aufrecht stehen. Das war mir bewusst. Deswegen packte ich seine Hand und raunte: »Lass uns verschwinden. Komm wir beeilen uns.« Hinter uns waren nun weitere Stimmen zu hören, die mich noch nervöser machten. Dieser Typ auf dem Boden, konnte zwar keine Verstärkung mehr rufen, doch wenn man ihn fand, und sie das Loch im Zaun entdeckten, wussten sie genau, wo wir ungefähr steckten.

Egal. Zeit zum Nachdenken hatten wir nicht wirklich. Aidens Finger pressten sich stärker um meine viel kleinere Hand und in diesem Augenblick war eher ich wahrscheinlich die Stärkere, auch wenn er kurz zuvor jemanden um die Ecke brachte. Er war ein Mörder. Ein Mörder. Genau wie Damian. Nur, dass ich es bei ihm noch nicht sehen konnte. Wollte ich das überhaupt? Um Gottes Himmels Willen. Niemals. Auch wenn es möglicherweise berechtigt wäre, konnte ich ihn so nicht sehen. Wenn ich allerdings drüber nachdachte und an meine jetzige Situation, würde ich wahrscheinlich auch so einen Schritt machen müssen. Egal ob ich das wollte oder nicht. Nicht immer gab es eine Wahl. Das Schicksal wurde nun mal vorgegeben. Entweder man wurde umgebracht, oder man wehrte sich vehement. Zweites wäre in dieser Situation eindeutig angebracht. Genau aus diesem Grund, konnte ich nicht einmal sagen, ob ich es wagen würde.

Bad Temptation II - BreatheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt