Kapitel 35: Break

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Ich wache auf. Mein Kopf pocht und meine Augen brennen. Ich bin dieses Gefühl schon gewohnt.
Ich bin es gewohnt, jedesmal weinend einzuschlafen.
Ich bin es gewohnt, jedesmal mit solchen Schmerzen aufzuwachen.
Ich bin es gewohnt, jedesmal zu wissen, dass es nie aufhören wird.
Ich habe die Hoffnung aufgegeben.
Ich habe die Hoffnung aufegegeben, dass das ganze hier endet.
Ich weiß, dass es niemals enden wird.
Mein Handy vibriert. Eine nue Nachricht.

Demir ist aufgewacht. Er liegt noch auf der Intensivstation. Er möchte dich sehen.
-Cem

Ich komme nicht.

Wieso? Was ist passiert gestern?
-Cem

Nichts. Mir geht es einfach nur nicht so gut.

Ich stehe auf und verlasse mein Zimmer. Ich fülle mir ein Glas Orangensaft und gehe Richtung Wohnzimmer.
Plötzlich öffnet jemand die Haustür.
Ich sehe die schwarze Maske und schreie. Ich lasse mein Glas fallen und werde noch lauter.
Die Person kommt mir näher und drückt mich an sich.
Ich haue gegen seinen Rücken doch er lässt nicht locker.
Als er sich löst schweige ich.
Es ist Cem. Und diesmal umarme ich ihn und weine.

Nachdem wir uns gelöst haben und seit einer gefühlten Ewigkeit schweigen, geht es mir besser.
"D-Du solltest lieber gehen", sage ich.
"Ich werde nirgendwo hingehen", antwortet er.
"Was ist los Selin?", fragt er und zieht seine Augenbrauen zusammen.
"Nichts. Das alles ist zu viel für mich. Lass mich bitte jetzt alleine", sage ich.
"Ok", sagt er und geht.
Ich lege mich nochmal hin und weine wieder.
Ich krümme mich auf der Couch und ziehe meine Knie an.
Wann wird es besser? Wann hört der Schmerz auf? Ich bin müde. Ich habe keine Kraft mehr.
Dann klingelt mein Handy.
Anonym ruft an und ich gehe ran.

"Du hast gewonnen. Ich gebe auf. Du hast, was du wolltest. Meine Eltern sind hinter Gittern. Mein Freund liegt auf der Intensivstation. Was willst du noch?"
"Willst du schon aufgeben? Das Spiel hat doch jetzt erst angefangen", sagt die verzerrte Stimme.
"Was willst du?", frage ich.
"Ich wollte dich eigentlich kennen lernen. Du bist aber abgehauen"
"Wenn du mich kennenlernen wolltest, warum hast du das ganze getan?", frage ich.
"Dein Freund stand mir im Weg"
"Warum tust du das? Warum tötest du mich nicht gleich?", frage ich.
"Wer hat gesagt, dass ich dich verletzen möchte?"
Aufgelegt.

Was hat das zu bedeuten?
Ich brauche frische Luft.
Ich schnappe meine Jacke und lasse die Tür hinter mir fallen.
Ich laufe einfach. Ohne zu wissen, wo meine Füße mich hinbringen. Ohne mir Gedanken zu machen, wohin ich gehe.

Als ich sehe, wo meine Füße mich hingebracht haben, muss ich ersteinmal das Ganze verdauen.
Ich stehe wieder hier, vor dem Krankenhaus.
Ich muss ihn sehen.
Ich renne wieder hoch.
Die Schwester erkennt mich und lässt mich herein.
Ich betrete das Zimmer.

Er schaut hoch.
"Schönheit", sagt er.
"Demir"

***Seine Sicht***

"Warum kommt sie nicht?", frage ich Cem.
"Ich weiß es nicht Demir", antwortet er.
"Lass mich bitte kurz alleine", sage ich.
Ob es Selin gut geht? Was macht sie wohl gerade? In Gedanken an Schönheit schlafe ich ein.

Ich wache auf. Selin ist nicht da.
Ob sie hier schon war, als ich schlief? In dem Moment geht die Tür auf.
"Schönheit", sage ich.
"Demir", sagt sie.
Sie kommt langsam näher.
Sie zieht den Stuhl zu sich und setzt sich.
"Warum siehst du mich nicht an? Sehe ich so schlimm aus?", sage ich und hebe ihr Kopf ganz leicht mit meinem Finger an ihren Kinn. Sie dreht ihr Kopf weg.
"Was ist los mit dir?", frage ich.
"Nichts", antwortet sie knapp.

***Ihre Sicht***

Ich möchte ihn nicht ansehen. Sonst verliere ich die Kontrolle.
"Was ist los mit dir?", fragt er.
Ich schaue auf. Er hat die Augenbrauen zusammen gezogen und die Stirn gerunzelt.
"Nichts", antworte ich knapp.
Er sieht mich durchdringlich an, als ob er die Antwort für mein Verhalten, in meine Augen finden wird.
"D-Du bist so kalt", sagt er emotionlos.
Das verletzt mich. Ich kann nicht zusehen, wie er mir gegenüber kälter wird.
"Nein. Ich bin nur müde", antworte ich.
"Schönheit. Rede offen mit mir", sagt er.
Okay. Die Tränen übernehmen den Job. Sie fließen einfach.
Er schaut mich eine Sekunde schockiert und dann besorgt an.
Er rutscht zur Seite und klopft auf die leere Seite.
"Komm her", sagt er.
Ich habe keine Kontrolle mehr über mein Körper. Ich lege mich neben ihn und lege mein Kopf auf seine Schulter.
Er gibt mir einen Kuss auf die Schläfe und streicht mir mehrmals durchs Haar.
"D-Das alles ist meine Schuld", sage ich und schaue rauf zu ihm.
Sofort legt er sein Finger auf meine Lippen.
"Was? Was soll bitteschön deine Schuld sein?", fragt er.
"Das alles hier. Ohne mich, wäre dir so etwas nie passiert. Das ganze ist mein Mist, mein Leben. Ich habe nicht das Recht, dich mit reinzuziehen", sage ich.

Er drückt mich leicht weg, damit er mich besser ansehen kann.
Wieder schaut er mich durchdringlich an.
"Was erzählst du da Schönheit?", fragt er und runzelt die Stirn.
"Du hast mich verstanden. Ohne mich wäre dein Leben besser"
Er runzelt die Stirn noch mehr.
"Ohne DICH wäre MEIN Leben besser? Wie soll das denn funktionieren, wenn DU mein LEBEN bist?! Wenn du mich verlässt, wenn mein Leben mich verlässt, bin ich Tod. Möchtest du, dass ich sterbe?", sagt er gerade noch laut genug, dass man ihn hört.
Ich setze mich auf und schaue auf meine Hände auf meinem Schoß.
"Schönheit? Was ist los mit dir? Rede bitte", sagt er und nimmt meine Hände in seine.
Tränen tropfen wieder runter.
Ich sehe ihn an und er schaut schockiert, enttäuscht aber auch verletzt.
Mit seinem Daumen wischt er meine Tränen weg.
"Ach Schönheit. Ich bin erst vor einer halben Stunde aufgewacht und du machst sowas. Ich wollte doch nur, dass du neben mir bist, neben mir liegst, dein Kopf auf meine Brust legst, damit du hörst, wie mein Herz bei JEDEM Kontakt mit deiner Haut anfängt zu rasen.
Wenn dir etwas auf dem Herzen liegt, lass es raus. Wenn dich irgendjemand verletzt hat, lass es raus. Egal, was es ist, lass es bitte raus. Rede", entgegnet er.

"D-Das ganze wird mir zu viel. Ich habe keine Kraft mehr. Alles ist zu anstrengent", sage ich und spiele mit meinen Fingernägeln rum, weil ich ihn nicht ansehen kann.
"Dann lass uns irgendwo hin. Auf eine einsame Insel. Nur wir beide. Ohne M. Ohne Schule. Ohne Alltagsstress. Nur wir zwei"
Da kann ich die Tränen nicht zurück halten. Ich atme einmal tief ein und aus.
"I-Ich möchte eine Pause", sage ich.

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