Kapitel 36: Gerichtssaal

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"I-Ich möchte eine Pause", sage ich.

"W-Wie meinst du das?", fragt er.
"Es ist das beste für dich. Für mich.
Für uns. I-Ich brauche Zeit für mich alleine", antworte ich.
"Könntest du mich bitte ansehen?
Ich schaue ihn an. Er ist verletzt. Das sehe ich in seinen Augen. Und es zerfetzt mich innerlich, ihn so zu sehen.
"Bitte", flüstere ich.
"Schönheit. Weißt du, was du da verlangst? Ich habe..."

Plötzlich wird die Tür aufgerissen.
"Der Kaffee hier schmeckt...", sagt Cem.
Als er uns sieht verändert sich seine Miene.
"Ich wollte nicht stören", sagt er.
"Schon gut", sage ich uns wische mir die Tränen mit dem Ärmel meiner Jacke weg.
"Ich wollte jetzt sowieso gehen", füge ich hinzu und stehe auf.
Ich schließe die Tür hinter mir zu und renne aus dem Krankenhaus raus.

Vor dem Eingang setze ich mich auf eine Bank. Mein ganzer Körper zittert.
Ich weine mir den Schmerz raus.
Es tut so weh.
Nachdem ich mich beruhigt habe, gehe ich im Schlepptau langsam nach Hause.

Ich öffne meine Augen. Ich schaue um mich herum. Ich liege in meinem Bett. Mit meiner Jacke. Anscheinend bin ich sofort eingeschlafen.
Ich nehme mein Handy um zu schauen, ob es etwas neues gibt. Viele verpasste Anrufe. Es ist Cem. Das ist mir egal.
Ich schlendere ins Bad und stelle mich ersteinmal unter die Dusche. Ich lasse das eiskalte Wasser auf mein Gesicht tropfen.

Nachdem ich geduscht habe, ziehe ich mir eine Jeans und ein lockeres T-Shirt an.
Anschließend kämme ich mir die Haare vor dem Spiegel.
Ich lasse die Szene im Krankehaus gestern nochmal in meinem Kopf laufen.
Ich lasse sie dreifach, vierfach, fünffach laufen. Wie eine Kasette, die sich wiederholt.
Das Klingeln meines Handys reißt mich wieder zurück in die Realität.

Cem ruft schon wieder an.
Ich gehe ran.
Ich habe keine Kraft zu reden, deshalb lasse ich ihn zuerst reden.

"Wieso gehst du nicht an dein Handy?", schreit er.
"Habe geschlafen", antworte ich.
"Habe geschlafen? Du hättest dich melden können. Ich dachte, dir wäre etwas zugestoßen", sagt er.
"Du musst dir keine Sorgen um mich machen. Du musst mich auch nicht bewachen. Keiner von euch soll sich um mich kümmern", antworte ich.
"Also, ich lege jetzt auf. Tschüss", füge ich hinzu und lege auf.

***Seine Sicht***

Ich habe keine Sekunde ein Auge zugedrückt. Seit 3 Stunden versuchen Cem und ich, Selin zu erreichen.
Mich lässt das Gefühl nicht los, dass ihr wieder etwas zugestoßen ist.

Cem kommt zurück, das Handy an seinem Ohr.
"Habe geschlafen? Du hättest dich melden können. Ich dachte dir wäre etwas zugestoßen", sagt er.
Er setzt das Handy kurz ab und diesmal höre ihre Stimme. Er hat den Lautsprecher an gemacht, damit ich mithören kann.
"Du musst dir keine Sorgen um mich machen. Du musst mich auch nicht bewachen. Keiner von euch, soll sich um mich kümmern", antworte sie.
"Also ich lege jetzt auf. Tschüss",sagt sie und lege auf.

Cem und ich schauen uns an.
"Ich rufe sie nochmal an", sagt er und tippt auf seinem Handy rum.

"Was ist?", sagt Schönheit.
"Kommst du heute?", fragt Cem.
"Ins Krankenhaus?"
"Ja, auch. Ich meinte zum Gerichtssaal", antwortet Cem.
Ich schaue ihn fragend an.
"Oh mist. Das habe ich ganz vergessen", entgegnet sie.
"I-Ich weiß nicht", fügt sie hinzu.
"Ich kann dich abholen wenn du m-"
"Nein nein! Schon gut. Ehm... i-ich kann selbst hingehen. Wir sehen uns dort. Bis dann", unterbricht sie Cem und legt auf.

"Um was geht es?", frage ich.
"Selins Vater wurde festgenommen. Heute ist seine Verhandlung", antwortet er.
Ich versuche aufzustehen doch Cem drückt mich an den Schultern runter.
"Wohin? Du bleibst schön hier liegen", sagt er.
"I-Ich kann Selin nicht alleine lassen. Das geht nicht", sage ich und versuche es erneut.
"Ich sagte, du bleibst jetzt hier liegen. Ich denke, da kann niemand sie unterstützen. Ich werde mich melden", sagt er und verlässt das Zimmer.
Irgendetwas stimmt nicht mit Schönheit.

***Ihre Sicht***

Ich habe ganz vergessen, dass heute die Verhandlung von meinem Vater ist.
Ich glätte meine Haare, nehme meine Tasche und verlasse mein Haus.
Ich steige in den Bus ein und setze mich auf einen freien Platz.
Da muss ich mich an damals erinnern, als Demir und ich gestritten hatten, und er mir hinterher gelaufen ist.

Flasback

Ich gehe an die Bushaltestelle und warte.
"Wartest du auch auf Linie 3?", sagt eine vertraute männliche Stimme.
"Demir?"
"Ja?"
"Folgst du mir etwa?"
"Hm. Gute Frage", sagt er und täuscht ein Nachdenken vor.
Ich rolle die Augen und schaue wieder vor.
Da kommt auch schon der Bus und ich steige ein.
Und er natürlich auch.
Der Bus ist sehr überfüllt, weshalb ich stehen muss.
Er hinter mir.
Wir kleben so nah aneinander, dass ich seine Brust an meinem Rücken spüre, wenn er einatmet.
Eine Frau steigt aus und der Platz ist frei.
Mr. Arschloch setzt sich aber sofort hin.
Jetzt sitzt er Rechts von mir.
Ich spüre seine Blicke, schaue aber nicht zurück.
"Du bist so ein Gentleman", flüster ich zu ihm. Er grinst nur schief.
Der Bus biegt plötzlich an einer Kurve ab, weshalb ich falle. Auf sein Schoß.
Aus Reflex halte ich mich an seinen Schultern fest.
Er schaut mich wieder mit seinem schiefen Grinsen an.
Mir wird langsam warm.
"S-Sorry", sage ich und stehe auf.
Beim Aufstehen hält er mich kurz am Arm und nähert sich an mein Ohr.
"Kannst ja froh sein, dass du auf MEIN Schoß gefallen bist und nicht auf einen Fremden"
Ich rolle mit den Augen und befrei mich aus seinem Griff. Meine Augen rolle ich in letzter Zeit zu oft. Alles wegen ihm!
Da merke ich, dass ich angekommen bin und steige schnell aus.

Flashback Ende

Ich steige aus und laufe noch ein Stück.
Ich betrete das Gebäude und sehe schon Cem dort. Als er mich sieht, kommt er mit großen Schritten zu mir.
Ich versuche ein Lächeln aufzusetzen. Bestimmt sehe ich bescheuert aus, aber das ist mir gerade egal.
"Wie geht es dir?", fragt er mich bemitleident.
"Gut. Heute wird mein Vater warscheinlich in den Knast gesteckt, ich wurde vor 2 Tagen entführt und Demir liegt auf der Intensivstation wegen mir. Ansonsten alles gut", antworte ich.
"I-Ich weiß, es ist schwer für dich. Ich möchte nur, dass du eins weißt: Egal was ist, du kannst jederzeit zu mir kommen. Sei es Hilfe bei Stress oder einfach nur ein offenes Ohr, was du benötigst, ich bin immer für dich da", sagt er.
"Danke aber ich denke, da kann ich selbst durch", antworte ich.
Wir betreten den Gerichtssaal.

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