Schwimmstunde mit Abwegen

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Atmen. Ich musste atmen! Meine Lunge verzehrte sich nach dem süßen Genuss der Luft, mir wurde zum ersten Mal klar, wie sehr ich sie brauchte. Ich wusste, dass es nichts helfen würde, aber mein Instinkt schrie nach ihr und ich gab nach. Ich schnappte nach Luft und ein Schwall Wasser füllte meine Lungen. Schwimmen würde nichts mehr bringen. Ich war schon viel zu tief unten. Ich würde sterben. Ich würde elend ertrinken wie ein räudiger Pirat oder wie eine Ratte, die als erstes das Schiff verließ. Ich wollte nicht sterben, ich konnte nicht sterben! Ich war noch so jung. Ich hatte so vieles noch nicht erlebt. So konnte es doch nicht enden. Aber wenn es Gottes Wille war, sollte es wohl so sein. Ich entspannte mich. Akzeptanz. Vielleicht würde mich das vor einem schmerzhaften Tod retten. Hatte ich Angst davor, tot zu sein? Nein. Ich hatte mich immer vor dem Sterben gefürchtet. Ich wollte, dass es so kurz und schmerzlos wie möglich war.

Etwas streifte meine Hand. Robust, rau, fast ledern. Ich spürte Rillen. Oh nein. Schlimmer konnte es nicht kommen. Gefressen werden? Bei allen Göttern, alles, bloß das nicht! Erneut streifte es mich, diesmal an der Hüfte. Es wartete. Es wartete, bis ich aufhören würde, mich zu bewegen. Dann würde es weniger Arbeit haben. Etwas leuchtete auf neben uns. Der Hai bewegte sich blitzschnell von der Stelle weg, an der es so aufgeglüht hatte. Erneut schoss ein Licht and uns vorbei. Diesmal allerdings schien es den Hai getroffen zu haben, denn er sackte plötzlich ab. Es folgte noch ein Schuss und dann noch einer, da verschwamm plötzlich mein Blickfeld. Es war schon ein Wunder gewesen, dass ich so lange überlebt hatte. Jetzt war das Ende nahe. Ich konnte es spüren...

Es fühlte sich an, als würden sämtliche Innereien sich nach außen kehren. Der Salzgeschmack wollte sich einfach nicht aus meinen Geschmacksknospen lösen, nicht einmal die Galle konnte ihn eindämmen. Klingt eklig? Was du nicht sagst. Wenigstens hatte ich überlebt. Obwohl ich mir in diesem Moment wirklich wünschte, es wäre nicht so. "Ja, ja, das machst du guut, lass es raus." Jemand klopfte mir beständig auf den Rücken und sah mir beim Kotzen zu. Danke auch. Sobald ich das Gefühl hatte, es war unmöglich, noch irgendetwas aus mir herauszubekommen, schnappte ich tief und genüsslich nach Luft. Es roch immer noch alles nach Salzwasser, aber immerhin konnte ich atmen. "Na siehst du. War doch gar nicht so schlimm", sagte die Person hinter mir, die mir so hilfsbereit auf den Rücken geklopft hatte. "Nicht so schlimm? Nicht so schlimm?! Nicht so schlimm?!?! In welchem Paralleluniversum lebst du eigentlich?! Ich glaube nicht, dass du schon einmal so etwas durchgemacht hast, also Klappe!" Mit Mordlust im Blick drehte ich mich um. Der Mann mir gegenüber grinste mich belustigt an. "Nun ja, eigentlich habe ich so etwas schon-" Er tippte mit dem Zeigefinger nacheinander die Finger seiner anderen Hand an, als würde er zählen. "-ah, viermal am eigenen Körper erlebt. Ist oft so als Seemann." Er zuckte die Schultern. "Was glaubst du eigentlich, wer du bist-", setzte ich an, erstarrte dann jedoch. "Sekunde. Sagtest du gerade Seemann?" Er nickte. "Oh. Oh nein, das ist nicht gut. Ähh, ich glaube, ich muss dann mal-", hob ich an, aber dann sah ich mich um. Ich hatte ursprünglich nach einem Fluchtplan gesucht. Das konnte ich jetzt in die Tonne treten. Ich war nun mal auf einem Schiff. Auf einem Schiff im gottverdammten unendlich weiten Ozean. "-gehen?", vollendete der Pirat meinen Satz. Er lachte. "Naja, wenn du Jesus bist, dann tu dir keinen Zwang an. Allerdings fehlen dir dazu-", er zeigte auf meinen unteren Bereich, vollendete seinen Satz aber nicht. Ich verdrehte die Augen. Er lachte abermals und streckte mir seine Hand hin. "Mein Name ist Jack und ich bin der Netteste hier an Bord. Nun ja, abgesehen von dem Weichei von Küchenjungen vielleicht." Ich nahm seine Hand nicht. Er zuckte die Schultern und stand auf. Bis jetzt hatte ich nicht einmal bemerkt, dass wir knieten. Ich hatte über einem Eimer und er neben mir gekniet. "Du solltest froh sein, dass der Hai bei dir war", sagte er und ich richtete sich auf. "Unser Radar hat nur ihn angezeigt, du wärst zu klein gewesen. Gut, dass ich hervorragende Augen habe." Seine Iris glänzte kurz blau auf und ging dann wieder zurück zu braun. Das konnte nicht sein. Er war so einer. Einer von ihnen. Einer von denen, die ihre DNA verändert hatten, um mächtiger, stärker, besser zu werden. Ich wandte mich verzweifelt mit verschränkten Armen ab. Ich sah nun den Bug und die Gallionsfigur des Schiffes. Letztere war ein Lindwurm (nein, kein Drache, da ist ein Unterschied), der aus blau angehauchtem Titanium bestand. Ich sah ihn leider nur von hinten und für längere Betrachtungen war keine Zeit. "Bist du der Kapitän hier?", fragte ich mit zitternder Stimme. Er lachte laut. "Ich wünschte es. Aber nein. Ich führe dich zu ihr." Ihr? Ich sah mich um. Er hatte eine Hand ausgestreckt, die ich abermals ignorierte, was er mit einem kleinen Lacher kommentierte.

Er führte mich unter Deck, wo ein langer Gang mit mehreren Türen geradeaus führte. Er öffnete die erste Tür rechts und hielt sie mir auf. Aus dem Raum drangen laute und ausgelassene Stimmen. Vorsichtig betrat ich, was sich dann als solchen herausstellte, den Saal. Sofort verstummte alles. Das wird interessant...

Halloo Menschen,
ich bins mal wieder, kennt ihr mich noch? Ich habe diese Geschichte angefangen und hoffe, sie endet nicht so wie meine letzte. Naja, wie immer habe ich keinen Plan wie es ausgeht.
Enjoy!
Eure Vidka😁❤

She saved me from the storm | ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt