Der Käpt'n hatte mir den Rücken zugedreht und studierte ihr Bücherregal. Das ganze Zimmer war bis zur Decke mit Büchern und sogar Schriftrollen gefüllt. Das war ungewöhnlich, denn heutzutage gab es nicht mehr viele Möglichkeiten, sich weiterzubilden, vor allem als Demirobot. Vor mir stand ein massiver Schreibtisch, auf dem eine Seekarte ausgebreiet lag und an dem ein gemütlich aussehender Samtsessel stand. Es war die einzige Sitzgelegenheit in dem Raum. An der Wand sah ich sehr viele Säbel und verschiedene Arten von Schwerter, mittelalterliche, japanische, römische. Erstaunt und fasziniert starrte ich die Schwerter an. Ich hatte schon immer ein Fabel für Schwerter gehabt, durfte aber niemals eines besitzen.
Da drehte sich der Käpt'n um. Sie sagte nur ein Wort: "Respekt." Ich erstarrte. "Respekt?", fragte ich verwirrt. "Ja", antwortete sie, "durch diese Aktion gerade hast du dir viel Respekt verschafft bei meinen Männern. Ich habe es an ihren Blicken gesehen. Und ich muss sagen, ich war auch...erstaunt. Ich wusste, dass du einen starken Charakter hast, aber was du da gerade getan hast, weist darauf hin, dass dein Instinkt so gut ausgeprägt ist, dass du sogar kämpfen kannst." Ich nickte. "Ja, mein Dad hat darauf bestanden, dass ich in jedem einzelnen Kampfsport ohne Waffen unterrichtet werde. Ich nehme an, dadurch habe ich ein Gefühl bekommen. Aber...ein Schwert durfte ich nie auch nur anschauen. Dabei habe ich schon so viel über sie gelesen." Ich sah zu Boden, mir war es plötzlich peinlich, dass ich mich ihr so geöffnet hatte. Der Käpt'n schnaubte.
Sie nahm einen glänzenden Säbel aus dem Halter. Der Griff war lederumwickelt und die Parierstange beziehungsweise der Handschutz war silbern. Auf der leicht gekrümmten Klinge standen Inschriften auf Latein: "Cogito ergo sum at sentio ergo vivo." Ich überlegte kurz, ich hatte lange Zeit Latein, also müsste ich das übersetzen können. "Ich denke also bin ich, aber ich fühle also lebe ich?" Der Käpt'n sah mich überrascht an. "Du kannst Latein?" Ich nickte. "Ich dachte, nur ein paar aus dem Adelstand können Latein?" Oh nein. Ich hatte mich verraten. Das hatte ich vermeiden wollen. "Ja- nein, bei meiner Familie wurde eine Ausnahme gemacht." Sie nickte, wirkte aber nicht zufrieden. Plötzlich hielt sie mir das Schwert, mit dem Griff zuerst, hin. "Das hier ist mein Lieblingsschwert. Hier. Nimm. Es ist leicht." Ich schluckte schwer und nahm es in die Hand. Es war tatsächlich leichter als ich es erwartet hatte.
Ich spürte, wie seine Macht mich erzittern ließ. Plötzlich verstand ich, warum mein Vater es mit allen Mitteln von mir fernhalten wollte. Mit Kampfsport wehrte man sich. Mit einem Schwert konnte man töten. Ein Schwert zu tragen, führte sehr viel Verantwortung mit sich und wenn man nicht genug Training hatte, konnte man sich selbst verletzen oder gar töten. Und trotzdem fühlte es sich so richtig an, dieses Schwert zu halten.
Der Käpt'n hatte mich die ganze Zeit mit einem Schmunzeln beobachtet. Sie wirkte plötzlich viel sanfter. Ich sah ihr in die Augen. Mir fiel erst jetzt auf, wie wunderschön sie war. Ihre Augen funkelten immerzu entschlossen, aber auch verschlossen. (See what I did there?) Sie hatte ihren Hut abgenommen, also sah ich jetzt ihre ganze wellige Haarpracht. Das dunkelblonde Haar fiel ihr sanft in ihr Gesicht. Ihre weiße Bluse mit dem schwarzen Korsett darüber hob sich deutlich von ihrer von der Sonne gebräunten Haut ab. Ihre Lederhose und die braunen Stiefel vollendeten ihr perfektes Piraten-Aussehen. Sie sah wirklich klischeehaft aus. Aber wunderschön. Im Gegensatz zu den anderen Piraten, die alle nur eine kurze Jeanshose und ein T-Shirt trugen. Ich sah an mir herunter und musterte mit gequältem Blick mein zerrissenes Kleid.
"Was ist los?", fragte der Käpt'n leicht besorgt. Besorgt? Das war ja fast schon niedlich. "Ich- naja, könnte ich mir von dir vielleicht Klamotten ausleihen?" Ohne es zu merken hatte ich von der Sie-Form zur Du-Form gewechselt. Sie nickte verstehend und nahm mir das Schwert aus der Hand. Sie legte es zurück in seine Halterung. "Komm mit zu meiner Kajüte, du kannst dir dann was aussuchen." Ich nickte schüchtern.
Sie führte mich in das allerletzte Zimmer im Gang. Sie öffnete die Tür und hielt sie mir auf. Ich deutete ironisch einen Knicks an und sie verdrehte belustigt die Augen. Im Gegensatz zu ihrem Arbeitszimmer war ihr Zimmer eher spartanisch eingerichtet. Im Raum stand nur ein großes Bett, ein Nachtkästchen und ein Schrank. Sie steuerte geradewegs auf den Schrank zu und öffnete die Türen. Die Fülle an Klamottem überraschte mich. "Nimm dir, was du willst", sagte sie. Ich rang meine Hände. "Käpt'n?" "Hm?" Ich räusperte mich. "Wie heißt du?", fragte ich. Es war mir bewusst, dass das heutzutage eine sehr riskante Frage war, ich selbst hatte meinen Namen ja auch noch niemandem preisgegeben, aber ich hatte das Gefühl, wir hatten eine Verbindung aufgebaut. Aber ihr Blick wurde sofort distanziert. "Niemand hier weiß, wie ich heiße und das wird auch so bleiben." Ich nickte niedergeschlagen. Das war verständlich. In schweren Tagen wie diesen war der Name das einzige, was sicher war. Diese einzige Sicherheit preiszugeben, hieß, dass man der anderen Peron zutiefst vertraute.
Sie verließ das Zimmer und ich suchte nach etwas Passendem. Ich entschied mich schließlich für ein einfaches Top und eine kurze Jeanshose, damit ich mich nicht zu sehr von den anderen Piraten unterschied. Ich betrachtete kurz die Schuhe, entschied mich aber dagegen. Ich mochte es schon immer lieber, barfuß zu gehen.
Plötzlich fiel mir Johannes wieder ein. Ich verließ eilig den Raum und rannte durch den Flur in die Küche. Dort lag Johannes auf seiner Decke, er sah völlig fertig aus. Und das Geschirr auch. Er hatte alles alleine gemacht. "Oh Johannes..." Er lächelte nur erschöpft. "Alles gut. Du musstest etwas weitaus Schlimmeres durchmachen. Außerdem mache ich das eh jeden Tag drei Mal." Er zuckte die Schultern. Ich hatte ein unglaublich schlechtes Gewissen. "Alle Mann an Deck!", schallte es plötzlich von oben. Was erwartet mich jetzt schon wieder...?
Hallo Menschen,
ich hab gerade einen richtigen Schreibfluss, yeyyy...
Wie immer, weist mich gerne auf Rechtschreib- oder Grammatikfehler hin. Wenn es euch gefällt, lasst doch einen Stern da und ich freue mich immer über Unterhaltungen in den Kommentaren.😂😂
Das wars dann auch,
Love y'all,
Eure Vidka😁❤
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She saved me from the storm | ✅
Ficção Adolescente'"Für das, was ich jetzt tun werde, brauche ich das nicht." Sie nahm mein Schwert, immer noch perplex. Dann zog ich meine Weste aus. "Atlas?", fragte sie verwirrt. Ich strich mir verlegen durch die Haare und nahm allen Mut zusammen. "Falls das hier...