Ich gebe eine kleine Standpauke und fühle mich cool deshalb

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Ich hatte meine Hände immer noch vor meinen Augen. Alles war still, ich hörte, wie ein Körper zu Boden fiel. Jemand sog scharf die Luft ein. Ich zuckte zusammen, als plötzlich großes Geschrei ertönte. Schnell nahm ich die Hände von meinen Augen. Ab da geschah alles sehr schnell: die Mannschaft entriss sich den Händen der Wachen, andere Männer sprangen vom Dach und Olivia rannte quicklebendig auf ihre Leute zu, während vor ihr der Henker zusammensackte. Mein Vater kläffte wild Befehle durch die Gegend, die keiner mehr beachtete, Wachen schoben sich vor uns, Kanonenschüsse ertönten und Schwerter wurden gezogen. Da wusste ich, was ich zu tun hatte.

Ich raffte mein Kleid auf und floh unbemerkt in das Schlossinnere. Ich rannte auf mein Zimmer. Ich riss mir das Gewand vom Körper und kramte in Windeseile meine Klamotten von der Zeit als Piratin heraus. Ich zog mich an, schnallte meinen Gürtel an und steckte mein Schwert ein. Sofort flog ich wieder die Treppen hinunter in den Innenhof und stoppte. Ich konnte keinen Blick durch das Kampfgetümmel werfen. Vor allem wusste ich nicht, an welcher Seite ich kämpfen sollte. Mein Herz hatte einen klaren Standpunkt, aber mein Kopf war komplett andere Meinung. Hin- und hergerissen starrte ich mit dem Schwert in der Hand auf das Getümmel.

Gott sei Dank wurde mir die Entscheidung bald abgenommen, als Olivia zu mir rannte. "Wenn ich bitten darf", sagte sie schnaufend, wartete aber nicht auf eine Antwort und zog mich grob am Arm durch die Menge. Ab und zu musste ich einen Schlag abwehren oder mich ducken, ansonsten kamen wir unbemerkt am anderen Ende des Hofes an. Olivia schubste mich zu einem anderen ihrer Männer, der meine Hände fest an meinen Rücken drückte, sodass ich aufschrie. "Majestät!", rief Olivia laut. Der Blick meines Vaters huschte zu uns. Panik legte sich in seinen Ausdruck. Wenn er davor nicht Angst hatte, dann jetzt auf jeden Fall. "Wir haben Ihre Tochter! Wenn Sie nicht wollen, dass ihr etwas geschiet, lasst uns frei!" Sie hielt ein Messer, das plötzlich in ihrer Handfäche erschienen war, an meine Kehle. Ich stieß ein gurgelndes Geräusch aus. Mein Blick traf den des Käpt'ns, die dann wütend ihren Blick auf Olivia richtete. Die aber war auf den König fixiert. "GENUG!", brüllte da mein Vater und langsam ebbten die Kampfgeräusche ab. "Lasst sie gehen", sagte er zähneknirschend und hob eine Hand. Seine Soldaten zogen sich zurück. "Da. Nun habe ich euren Wunsch erfüllt. Meine Tochter!" Olivia grinste den König an. "Ich glaube nicht." Ich wurde aus dem Hof gezogen und mir wurde eine Augenbinde angelegt.

Ich stolperte über jeden Stein, der mir unter die Füße kam. Der Typ, der mich hielt, war auch keine große Hilfe. Er schleifte mich halb auf dem Boden, weil ich zu langsam war. Meine Ohren waren von den Fußstapfen von etwa achtundreizig Männern und zwei Frauen erfüllt. Mein Schwert hatte ich auch nicht mehr gesehen. Ich wusste nicht einmal, was passiert war. Aber ich hörte die Stimme vom Käpt'n. Sie diskutierte mit Olivia, aber das war mir völlig egal. Alles, was mich interressierte, war, dass sie gesund und lebendig war. Ich hörte auf ihre Stimme und war so überglücklich, dass ich vergaß zu gehen. Mit einem Stöhnen sackte ich zu Boden und zog mir mehrere Wunden zu. Grunzend zog mich der Rüpel weiter.

Zwei Mal fiel ich noch, dann hatte ich genug: ich schätzte, wo seine Beine waren und trat kräftig zu. Keuchend schlug der Mann auf dem Boden auf und ich konnte mich gerade noch rechtzeitig wegreißen, um nicht mit ihm zu fallen. Anstatt wegzulaufen, sagte ich: "Ich kann selbst laufen." Und spuckte dorthin, wo ich hoffte, dass es neben ihm war. Ich ging ein ein paar Schritte weiter und prallte dann gegen einen weichen Körper, der sich kein Stück bewegte. Allerdings würde ich diesen Körper überall und unter allen Bedingungen wiedererkennen.

Ich stolperte zurück und räusperte mich. Ein weibliches Lachen erklang. "Ich kann irgendwie verstehen, warum du sie so lange behalten hast." Das war definitiv das Miststück namens Olivia, das mich in Fesseln und Augenbinde gesteckt hatte. Ich sagte nichts, denn mir fiel plötzlich ein, dass ich ein Taschenmesser in meiner hinteren Hosentasche hatte. Schnell zuckte ich mit den Schultern und zog mit der Bewegung geschickt das Messer aus der Tasche. Das hatte ich noch nie geschafft und ich war stolz auf mich.

"Wenn ich dir doch sage, dass ich keine andere Wahl hatte", sagte die Kapitänin und ich konnte ihr Augenverdrehen förmlich hören. Olivia lachte. "Na klaaar." Sie dehnte das letzte Wort ironisch. Der Käpt'n setzte an, etwas zu sagen, als ich einen Triumphschrei aussteiß, weil ich meine Fesseln durchschnitten hatte. Mir blieben nur ein paar Sekunden, also riss ich mir schnell die Augenbinde herunter. Vor mir standen zwei überrascht dreinblickende Frauen. Ich verschränkte die Arme. "Kann ich jetzt bitte alleine laufen? Ich renne schon nicht weg. Versprochen und so." Der Käpt'n blinzelte, fing sich aber zuerst und nickte stumm. "Danke", sagte ich gereizt. Olivias Grinsen wurde noch breiter. "Ihr seid mir ja zwei." Sie legte einen Arm um meine Schulter und zog mich weiter.

"Ahh", seufzte Olivia, als ein Schiff in Sicht kam. Nein. Nicht irgendein Schiff. Das Schiff. "The blue dragon. Ich hab es schon lang nicht mehr gesehen. Danke, dass wir mit euch mitfahren können. Unser Flugzeug wurde ja leider von diesen unterbelichteten Schwachköpfen zerstört. Nichts für Ungut", sagte sie an mich gewandt. Ich zuckte die Schultern. Sie hatte wohl gemerkt, dass ich nicht zum Hof dazugehöre. Sie hatte mich auf ihre Art und Weise mit einbezogen, auch, wenn sie mir wahrscheinlich nicht traute. Aber sie traute dem Käpt'n und die hatte ihr versichtert, dass ich ungefährlich sei, wogegen ich fast, aber nur fast, protestiert hätte.

Von außen betrachtet sah The blue dragon noch viel besser aus, als von innen. Die Segel blähten sich majestätisch auf, während im Bauch sanft die Maschinen ratterten. Ich wusste noch, dass es mich früher anfangs sehr gestört hatte. Jetzt war das Geräusch wie ein Willkommensgruß. Der Bug glänzte und die Gallionsfigur schien mir zuzuzwinkern. Die Wellen schwappten leicht gegen die Verkleidung des Schiffes und das wiederum ächzte jedesmal, wenn es die Position änderte. Mir blieb die Luft im Hals stecken und mir kamen fast die Tränen. Wie ich das vermisst habe...

She saved me from the storm | ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt