Rhythm, baby, Rhythm

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Von einer Sekunde auf die andere entbrannte ein furchtbarer Kampf zwischen Pirat und Pirat. Die, die uns gefangen hatten gegen die Mannschaft, die mich einst gefangen hatte. Ich war so froh, den Käpt'n wiederzusehen. Allerdings war sie auf diesem Schiff. Das sie verletzte und ihre Kräfte schwächte. Trotzdem war sie gekommen. Plötzlich flog ein Schwert auf mich zu. Gerade noch fing ich es auf. Ich sah auf und kurz traf mein Blick den vom Käpt'n. "Hau rein", formte sie mit ihrem Mund. Ich nickte grinsend und sah auf das blaue Schwert in meiner Hand. Ich hatte es vermisst.

Ich hieb auf den nächsten feindlichen Piraten ein, den ich sah. Er wehrte den Schlag mit Müh und Not ab, aber nach zwei weiteren Schlägen lag er ohnmächtig auf dem Boden. Der Käpt'n hatte mich zwar gelehrt zu töten, Johannes allerdings hatte mir gezeigt, dass es nicht nötig war, jemanden zu töten, um ihn zu besiegen.

Manchmal ließ ich meine Kräfte für mich arbeiten und schwebte ein bisschen, was den Gegner zuerst verwirrte, sodass ich ihm dann den Garaus machen konnte. Ich hieb und stach und verteidigte und griff an, es hatte schon etwas von einem Mechanismis, einem Rhythmus. Und sobald man aus diesem Rhythmus fiel, war man verloren. Ich hatte in meinen paar Jahren des Schwertkampfes gelernt, dass ein Schwert keine Verlängerung des Armes war. Es war auch keine Waffe und vor allem kein Werkzeug. Es war ein Partner. Wenn man sich ihm nicht völlig hingab und ihm nicht völlig vertraute, würde es nie mit (nicht für!) einen arbeiten. Es war wie ein Gefährte, wenn man es zu hart anpackte oder zu sanft, würde es einem entgleiten. Es war wie eine Taste auf dem Klavier, wenn sie falsch gestimmt war, würde das ganze Lied falsch klingen. Da konnte man so gut spielen wie Mozart.

Da stockte mein Rhythmus. Ich sah, dass Tom in die Enge getrieben wurde. Er hatte sichtbar keine große Kampferfahrung. Da sprang Brosnan schon an seine Seite, aber ich war abgelenkt und mein Gegenüber nutzte das sogleich aus. Er stach mir in den rechten Arm und sogleich fiel mein Schwert klappernd zu Boden. Ich spürte noch nichts, aber meine Muskeln waren sofort außer Gefecht gesetzt und meine Hände gehorchten meinem Gehirn nicht mehr. Der Pirat stach erneut auf mich ein und ich wich zurück. Mein rechter Arm hing nutzlos an meine Schulter gekettet. Mir blieb nur eine Wahl: ich flog in die Höhe. Ich würde dem Käpt'n und der Crew nichts mehr bringen, sondern sie eher ablenken. Der Pirat, der mich besiegt hatte, hob mein Schwert vom Boden auf. Ich sah ihm fassunglos dabei zu, wie er zur Reling lief und das Schwert ins Wasser warf.

Ich schaltete sofort jegliche Flugkräfte aus und stürzte kopfüber auf das Wasser zu. Nur ein Gedanke vor Augen: Noch einmal werde ich dich nicht verlieren. Ich hörte einen Schrei, der verdächtig nach dem Käpt'n klang. Da prallte ich schon auf dem Wasser auf und brach mir gefühlt einhundert Knochen. Ich riss die Augen auf und verfluchte mich selbst. Ich hätte das wirklich überdenken sollen. Manchmal wunderte ich mich über meine eigene Dummheit. Das Salzwasser griff meine Augen an und ich fühlte mich, als wäre ich zu einem Eisklotz mutiert. Zum einen, weil es eiskalt war und zum anderen, weil ich mich nicht bewegen konnte. Konzentrier dich doch, verdammt nochmal. Nach ein paar Sekunden konnte ich mich wegen dem Luftmangel dazu drängen, die Arme auszustrecken und nach etwas Scharfem zu tasten. Noch ein paar weitere Sekunden verstrichen, als ich endlich etwas zu fassen bekam und erleichtert feststellte, dass es mein Schwert war.

Ich holte tief Luft, als ich wieder an die Oberfläche brach. Meine Lungen brannten und ich drohte, das Bewusstsein zu verlieren. Außerdem brannte meine Wunde wie tausend Feuerteufel auf meiner Haut. Ächzend rettete ich mich gerade noch auf das Schiff, als mich die Stille umfing.

"Prinzessin?" Ich grummelte. "Ähäm. Prinzessin. Aufwachen." Ich kannte diese Stimme. Olivia. Widerwillig öffnete ich die Augen. Mit einem Schlag wurde ich wieder in die Realität zurückgeworfen. Mein Gehirn suchte nach dem Schmerz im Arm, aber der war gänzlich verschwunden. Ich starrte die Stelle an und sah nur eine fette Narbe. Schon wieder dieses Heilmittel. Olivia lachte hell. "Ich bin überrascht, dass sie noch lebt. Also du meintest zwar, ihr habt das schon einmal gemacht, aber...naja, das hab ich dir dezent nicht abgekauft. Obwohl ich es nach der Flugaktion hätte ahnen müssen. Tja, wir sollten froh sein, dass sie noch lebt. Sonst hätten wir keine Geisel mehr." "Mensch, Olivia, nenn sie nicht so. Du weißt, dass sie das nicht ist." Ich richtete mich auf. Der Käpt'n stand mit verschränkten Armen auf der anderen Seite des Zimmers. Ihres Zimmers, bemerkte ich. "Was soll das denn heißen?", fragte ich mit rauer Stimme. "Naja, die Creme? Die dir bei deinem Arm geholfen hat. Eigentlich dürfen die nur Demirobots benutzen, denn normale Menschen würden sterben." Olivia zuckte mit den Schultern.

Schnell sortierte ich meine Gedanken. Moment. "Käpt'n?!", stieß ich aus ich und starrte ungläubig zu ihr. Sie sah mich schuldbewusst an. "Als ihr mir damals bei meiner Schusswunde diese Creme gegeben habt, wusstet ihr nicht, ob ich es überleben würde?" Sie zog leicht den Kopf ein. "Alsoo...ich wusste es zumindest nicht." Olivias Kopf schnellte zu ihr. "Was soll das heißen?", fragte sie mit einem misstrauischen Blick. "Nichts", sagte der Käpt'n und hob abwehrend die Hände. Sie und Olivia lieferten sich einen kurzen Anstarrwettbewerb, dann wandte Olivia sich plötzlich wieder an mich. "Ich erwarte dich in spätestens einer Stunde an Deck. Spätestens. Wir haben etwas zu besprechen." Ich nickte verwirrt und sie verließ den Raum.

Der Käpt'n sah ihr nachdenklich hinterher. Ich roch, dass etwas faul war, vertraute aber darauf, dass sie es mir sagen würde, wenn es soweit war. Dann stieß sie sich von der Wand ab und kam zu mir ans Bett. "Und schon wieder hast du mein Bett gekapert", sagte sie und ich konnte die kleinen, süßen Lachfältchen an ihren Augen sehen. Ich grinste zurück. "Du hast mir vielleicht einen Schrecken eingejagt, als du ins Meer gefallen bist. Ich hatte Angst, du wärst einfach ohnmächtig geworden." "Pfff, ich doch nicht." "Und außerdem scheinst du es zu mögen, mich zu Tode zu erschrecken, indem du ins Meer springst." Ich hob eine Augenbraue. "Und du scheinst es zu mögen, vor Panik zu schreien, wenn ich dich zu Tode erschrecke, indem ich ins Meer springe." Der Käpt'n gab einen kleinen, entspannten Lacher von sich. Ich konnte nicht aufhören zu denken, wie schrecklich ich sie vermisst hatte. "Touché", sagte sie und hob erschlagen die Arme. "Du solltest dich jetzt fertig machen. Wir wollen Olivia ja nicht sauer machen." "Nun jaaa." "Also wirklich, du solltest wissen, dass man diesen Fehler nur einmal machen sollte." Ich zuckte mit den Schultern. "Zieh dich jetzt um. Au revoir, mon chéri." Wenn ich jetzt nur die Zeit einfrieren könnte...

She saved me from the storm | ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt