"Das kannst du nicht machen, Harry!", zischt Eleanor, als sie am nächsten Tag nach Feierabend mit in meine Wohnung huscht und mir in mein Schlafzimmer folgt. "Siehst du doch", murmle ich, während ich die Türen des Kleiderschranks aufreiße und ein paar Klamotten aufs Bett werfe.
"Du hast doch den Manager vorhin im Meeting gehört. Absolute Urlaubssperre für die nächsten zwei Monate", versucht sie es weiter, doch ich bleibe stur. "Ich mache auch keinen Urlaub", gebe ich schulterzuckend von mir und ziehe meine Reisetasche hervor. "Ne, stimmt. Du machst blau. Harry, das kann ordentlich Ärger geben. Du riskierst deine Stelle."
"Ist mir egal. Es geht um Louis. Ich kann hier nicht seelenruhig vor mich hinleben und arbeiten, während drüben sonst was passiert. Außerdem habe ich mir vorhin eh schon einen gelben Schein geholt." Resigniert seufzt Eleanor, setzt sich aufs Bett und fängt dann an, meine Klamotten ordentlich zusammenzulegen, damit sie später nicht allzu verknittert sind. Wenn ich nicht so in Sorge wäre, würde ich jetzt grinsen, denn ich weiß, dass Eleanor weiter versuchen wird, mich zur 'Vernunft' zu bringen. Allerdings ist ihr ebenso wie mir bewusst, dass sie es nicht schaffen wird, von daher hilft sie mir eben gleich.
T-Shirts, Socken, Unterwäsche und Hosen finden nach und nach ihren Weg in die Tasche und auch ein paar Hygieneutensilien aus dem Badezimmer kommen dazu. "Eleanor, das ist wirklich sehr lieb von dir, aber Handtücher und so'n Kram brauche ich nicht. Ich werde bei Louis oder meiner Schwester schlafen, nicht in einer einsamen Hütte", lache ich, als ich sehe, wie sie gerade ein großes Duschhandtuch in die Tasche quetscht. "Achja... sorry", grinst sie und zieht Besagtes wieder aus der Tasche. Kopfschüttelnd aber doch schmunzelnd schüttle ich den Kopf.
Als ich etwa 30 Minuten später mit meiner Tasche aus der Wohnung trete und mich im Flur von Eleanor verabschiede, wirft sie mir noch einmal einen skeptischen Blick zu. "Wenn das rauskommt, Harry. Ich kann dich da nicht rausziehen, das weißt du." - "Ja, ich weiß und trotzdem hast du mir eben geholfen. Danke", lächle ich. "Ach, schon okay", winkt sie ab, ehe sie ihren Zeigefinger hebt und damit auf mich zeigt, "Und wehe du bringst deinen Schatz nicht mit, dann kannst du was erleben."
"Keine Sorge, ich werde mein Bestes geben", erwidere ich entschlossen und bete gleichzeitig, dass 'mein Bestes' ausreicht, um die Angelegenheit zu klären. "Wie hast du eigentlich noch so spontan ein Flugticket ergattert? Für Louis hattet ihr doch keines mehr bekommen?", fragt sie noch nach, zieht aber bereits ihren Schlüssel aus der Handtasche. "1. Klasse", erwidere ich knapp. "Was? Will ich wirklich wissen, wie teuer das war?" - "Willst du nicht. Aber egal, wenn ich mein Geld irgendwie ausgebe, dann liebend gern für Louis." Und das stimmt. Ja, es ist richtig, dass das Ticket wirklich schweineteuer war und mir beim Anblick des Preises fast schlecht geworden ist. Aber nichts hätte mich abschrecken können, um jetzt zu Louis zu kommen. Und genau das habe ich jetzt vor. Rasch verabschiede ich mich von meiner Kollegin, Nachbarin und Freundin, ehe ich den Wohnblock verlasse und zur S-Bahn-Station laufe.
Das Wetter ist genau wie meine Stimmung. Beschissen. Am liebsten würde ich mich nach England teleportieren und auf der Stelle bei Louis sein, aber die Realität sieht natürlich anders aus. Ungeduldig trommle ich mit meinen Fingern auf meinem Oberschenkel, während ich auf der Bank im Wartebereich sitze. Natürlich muss mein Handy in dem Moment klingeln, als auch die S-Bahn einfährt. Mir rutscht das Herz in die Hose, als ich sehe, dass es Zayn ist.
Bitte lass nichts passiert sein!
"Ja?", frage ich mit leicht zittriger Stimme und quetsche mich gemeinsam mit den anderen Menschen in die volle Bahn. "Hi Harry." Er hört sich nicht glücklich an und mein in der Hose hängendes Herz, flutscht gleich durch's Hosenbein und platscht auf den dreckigen Boden der Tram.
"Was gibt's?", versuche ich gelassen zu klingen, doch meine Sorge überhöre selbst ich nicht. "Ich glaube, er wurde bedroht oder erpresst oder wie auch immer. Ich konnte Louis vorhin ein bisschen zum Reden bringen. Er war total durcheinander, aber wenn ich ihn richtig verstanden habe, ging es darum, dass er den Kontakt zu dir abbrechen sollte. Würde er dies nicht tut, wärst du Opfer einer Messerattacke geworden und hättest die gleichen Narben wie Louis bekommen?", erzählt er, hebt am Ende jedoch die Tonlage der Stimme, sodass es sich wie eine Frage anhört.
Das hört sich aber sowas von nach Robin an!
"Oh Scheiße...", fluche ich leise, um nicht gänzliche Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Verdammt, warum habe ich Louis nur alleine in England gelassen? Ich hätte ihm auch ein beschissenes Firstclass-Ticket besorgen sollen, welches er sich nicht leisten konnte. Mein Versprechen, auf ihn zu achten, habe ich gebrochen und jetzt ist sowas passiert. Ich bin mir zu 100% sicher, dass auch dieses Video gestellt ist und Louis dazu gezwungen wurde. Ich habe ihm 'ich hasse dich' an den Kopf geworfen und das nur, weil er mich in Sicherheit wiegen wollte. Er hat alles gemacht, um mich zu schützen. Ich bin so ein Idiot...
"Harry?", holt Zayn mich zurück aus meinen Vorwürfen an mich selbst. "Hm?", brumme ich. "Von was für Narben hat er gesprochen?" Louis' bester Freund hört sich etwas ängstlich an und ich kann es ihm nicht verübeln. Dennoch kann ich es ihm nicht sagen, das muss Louis tun, wenn er das möchte. Und genau das sage ich Zayn auch. Er ist zwar nicht zufrieden mit meiner Antwort, hakt aber auch nicht weiter nach, weil er wahrscheinlich weiß, dass ich nicht mit der Sprache rausrücken werde.
Die Bahn kommt nach ein paar Minuten wieder zum Stehen und erneut drängle ich mich durch die Leute, um nach draußen zu kommen. Zügig begebe ich mich zu den Rolltreppen, um auch wieder an die Erdoberfläche zu gelangen. "Wo ist er jetzt, Zayn?" - "Wir sind bei ihm. Katie ist auch da. Aber was soll ich machen, Harry? So kann das doch nicht weitergehen."
Er hat absolut Recht. Und ich werde diesem Fiasko ein Ende setzen. Auch wenn ich mir jetzt schon sicher bin, dass Robin seine Finger im Spiel hat, werde ich mir noch Louis' Bestätigung holen und dann kann diese Nullnummer von Mann etwas erleben.
"Bleib einfach nur bei ihm. Ich bin unterwegs", sage ich und betrete dann die Eingangshalle des Flughafens, den ich erst vor zwei Tagen gesehen habe. "Wie meinst du das?" - "Ich bin gerade am Flughafen. In ein paar Stunden bin ich da. Sag ihm am besten noch nichts, damit er nicht irgendetwas Dummes tut." Zayn antwortet erst nichts, doch sein erleichtertes Ausatmen, lässt mich lächeln und auch wissen, dass ich das Richtige tue.
"Danke, Harry."
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Escape and follow - [Larry-AU]
FanfictionDer 22-jährige Harry lernt in dem ortsansässigen Fitnessstudio Louis kennen. Er hat etwas an sich, was Harry nicht uninteressant findet, doch Louis scheint Harry nicht sonderlich leiden zu können, zudem ist dieser vergeben. Unglücklich verliebt zu s...