Sechsunddreißig.

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>>13. August<<

Ich dachte eigentlich, dass es besser wird. 

Doch je näher Tag X, in diesem Fall Louis' Hochzeit, rückt, desto nervöser werde ich. Fast fühle ich mich, als ob ich selbst heiraten würde. Ich fühle mich so machtlos und manchmal frage ich mich wirklich, wie es sein kann, dass Gefühle einen Menschen so sehr steuern können. Es ist ein ewiger Kampf zwischen Verstand und Herz. Immer wieder überlegt mein Herz, ob es nicht doch noch einen Weg geben würde, um Louis von dieser bescheuerten Heirat abzubringen - doch vergeblich. Mein Verstand mischt sich immer wieder ein, macht mir deutlich, dass es nichts bringt, dass Louis sonst schon damals anders gehandelt hätte und dass er inzwischen vielleicht gar nichts mehr für mich empfindet.

Seufzend schüttel ich mich kurz, hole mich aus meiner Trance und fokussiere mich wieder auf den flackernden Bildschirm vor mir. "Was ist los?", fragt Eleanor mich, die neben mir auf meinen Sofa sitzt. "Ach nichts", murmle ich und greife einmal in die Popcornschüssel. "Jetzt spuck's schon aus", drängt sie grinsend. Mit einer Hand fahre ich über meine Gesicht und schaue dann mit einem traurigen Lächeln zu meiner Sitznachbarin. "Habe nur gerade an Louis gedacht." Vor ein paar Wochen habe ich ihr von Louis erzählt, weil ich einfach jemanden zum Reden brauchte. Klar, ich hätte auch Liam und Niall anrufen können, allerdings ist mir ein persönliches Gespräch immer lieber.

"Du bist immer noch in ihn verliebt", stellt sie mit gerunzelter Stirn fest und seufzend nicke ich. "Glaub mir, wenn es dafür einen Ausschalter geben würde, hätte ich ihn längst betätigt." Eine Weile schaut sie nachdenklich zu mir, ehe sie aufsteht und zu meine Vitrine läuft. Wissend lache ich, als sie zum Wein greift, den wir vom Standortleiter damals geschenkt bekommen haben. Auch zwei Weingläser nimmt sie mit, ehe sie diese vor mir auf dem Couchtisch abstellt. Da wir am Anfang hier nur uns gegenseitig hatten, sind wir mittlerweile sehr gut befreundet und kennen uns in der Wohnung des jeweils anderen auch bestens aus. Eleanor hüpft zur Küchenzeile, öffnet die oberste Schublade und kramt den Korkenzieher hervor. Als hätte sie das Können studiert, versenkt sie diesen im Korken und zieht ihn mit einer geübten Bewegung aus der Flasche.

Als sie wieder bei mir am Couchtisch steht, füllt sie unsere Gläser mit der rötlichen Flüssigkeit und stellt die angebrochene Falsche dann wieder in die Vitrine. "Sicher ist sicher", murmelt sie. "Hä?", frage ich nur dümmlich und beobachte die hübsche Frau, doch sie winkt nur ab, schnappt sich die Fernbedienung und beendet damit den aktuellen Film. Stattdessen switcht sie auf die MusikApp, erhöht die Lautstärke und dimmt schlussendlich das Licht. Schnell kommt sie wieder zu mir geflitzt, reicht mir eines der gefüllten Gläser und nimmt das Zweite zwischen ihre Finger: "Auf die beschissene Männerwelt, wer braucht die schon!", prostet sie mir zu und ich hebe eine Augenbraue. "Schätzchen... dass ich einen Schwanz zwischen den Beinen habe, ist dir aber schon aufgefallen?", ziehe ich sie auf, woraufhin sie kichert. "Okay, okay. Auf die beschissene Homo-Welt!", scherzt sie. "Du machst es nicht besser." Mit der flachen Hand schlägt sie sich gegen die Stirn und schüttelt den Kopf: "Oh man, dabei habe ich noch gar nichts getrunken... Auf uns!", sagt sie nun und lachend lasse ich mein Glas gegen ihres klirren.

Nachdem wir uns ein paar Schlücke genehmigt haben, stellt sie unser Gläser wieder auf den Tisch, erhebt sich und greift dann nach meinen Händen. "Komm, lass uns ein bisschen tanzen." Ohne auf eine Antwort von mir zu warten, zieht sie mich hoch und schiebt sich mit mir in die Mitte des Raumes um sich dort rhythmisch zum Beat zu bewegen.
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>>16. August<< 

Ich glaube, heute ist der beschissenste Tag meines Lebens. 

So schlecht habe ich mich wirklich noch nie gefühlt, jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern. Mir ist total schlecht und ich bin nervös, auch wenn ich den Fakt sowieso nicht mehr ändern kann. Louis und Katie heiraten heute in England, während ich in Deutschland sitze. Mir sind absolut die Hände gebunden.

Leider oder vielleicht doch glücklicherweise weiß ich nicht die Uhrzeit, zu der die Trauung stattfinden soll, sondern lediglich das Datum. Wenn ich mir als fiktive Uhrzeit einfach die 12 Uhr vornehme, würde die Hochzeit in einer Stunde sein. 

Seufzend fahre ich mir durch die Haare und greife zum gefühlt 87. Mal heute zum Handy. Kein verpasster Anruf, keine neue Nachricht und in den sozialen Medien gibt es auch nichts Neues. In diesem Moment frage ich mich wirklich, ob ich nicht vielleicht doch eine größere Hochzeit der beiden besser gefunden hätte. Dann wäre Liam vielleicht eingeladen worden und hätte mich updaten können, was so passiert. Doch leider sollte es ja nur im kleinen Kreis sein und so wusste auch Liam nicht, wo die Feier stattfinden sollte. Allgemein berichtete er mir, dass Louis ihm wohl ziemlich aus dem Weg ging. Sowohl im Fitnessstudio hält er sich zu Liams Anwesenheit nur in den Personalräumen auf, als auch bei privaten Treffen, bei denen Louis so gut wie immer absagt, wenn Liam dabei ist.

"Ist alles gut bei dir?", höre ich Eleanor fragen, als sie meinen Blick bemerkt. "Eine Stunde noch", antworte ich ihr leise und lege das Handy beiseite, um mich wieder der Excel-Tabelle auf meinen Bildschirm widmen zu können.

So sehr ich mich auch versuche zu konzentrieren, will es mir einfach nicht gelingen. Die Zahlen vor mir verschwimmen alle paar Sekunden erneut und stattdessen hüpft ein gut gelaunter Louis in meinem Kopf rum. Ich stelle mir vor, wie er wohl in einem Anzug aussieht, muss sogar kurzzeitig deswegen lächeln, ehe mir einfällt, dass ich das nicht tun sollte. Oder vielleicht doch? Sollte man sich nicht für ein Brautpaar freuen, auch wenn man selbst darunter leidet? Eigentlich schon, doch in diesem Fall geht es einfach nicht, da diese Hochzeit nicht auf Gefühlen basiert, sondern zwischen zwei Freunden stattfindet, die Angst haben, sich vor ihren Eltern zu outen. Eigentlich ist das sogar eine ziemlich traurige Geschichte.

Den ganzen restlichen Tag schludere ich so vor mich hin und am Abend weiß ich, dass es nun endgültig zu spät ist. Louis und Katie sind verheiratet und ich bin noch immer hoffnungslos in den attraktiven Mann mit dem blauen Augen verliebt und komme einfach nicht von ihm los. Ich stehe kurz vor der Verzweiflung.

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Man köööööönnte an dieser Stelle das Buch beenden...Immerhin ist Lou jetzt verheiratet... doch ich befürchte, dass ich dann genauso wie Harry auswandern müsste, damit man mich nicht findet xD

Escape and follow - [Larry-AU]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt