Siebenundvierzig.

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Es muss schon später Vormittag sein, als ich verschlafen aufwache. Die Sonne steht bereits hoch am Himmel und schmatzend gebe ich ein lautes Gähnen von mir, ehe ich mich vom Rücken zur Seite drehe und mich wieder in die Kissen drücke.

Auch wenn ich ihn gerade nicht berühre oder sehe, kriecht mir Louis' Geruch in die Nase und augenblicklich wird mir wieder bewusst, dass ich in seinem Bett liege - noch immer nackt. Langsam setzen sich die gestrigen Erinnerungen wieder wie in Puzzle in meinem Kopf zusammen.

Was für ein anstrengender Tag das doch war. Erst der Flug von Deutschland hierher, dann der Tag mit Gemma, Louis' unerwartete Anwesenheit, Liams Geständnis, die Situation mit Louis am See, Robin, die Party und dann die Kirsche auf dem Sahnehäubchen - der Sex. Lächelnd denke ich an jeden wundervollen Augenblick der letzten Nacht. Dann strecke ich einen Arm aus, doch die andere Betthälfte ist leer und blinzelnd öffne ich ein Auge. Louis ist offensichtlich schon aufgestanden, doch da die Laken noch warm sind, kann es nicht lange her sein.

Ich ziehe den Arm wieder zurück, lege ihn seufzend unter meinen Kopf  und versuche noch ein wenig zu dösen. Da Louis so ein Chaot ist, hätte ich eigentlich erwartet, dass er ein Langschläfer ist. Ich kann noch nicht einmal sagen wieso, aber es würde zu ihm passen. 

Tatsächlich muss ich wieder eingenickt sein, denn als ich langsam wieder zu mir komme, rieche ich etwas ganz anderes als Louis unvergleichlichen Duft. Sofort bin ich hellwach, als ich den Rauchgeruch wahrnehme und nur eine Sekunde später auch das nervtötende Piepen des Rauchmelders ertönt. 

Wie von der Tarantel gestochen springe ich aus dem Bett, hechte durch das Zimmer und reiße die Zimmertür auf. Der Gestank wird penetranter und schnell stürze ich in die Küche, bleibe wie angewurzelt stehen und versuche mir rasch einen Überblick zu verschaffen. Louis steht mit einem leicht verzweifelten Blick und einer qualmenden Pfanne am weit geöffneten Fenster, während die Küche im dichten Dunst vor sich hinnebelt. Nur in Boxershorts und Tanktop bekleidet sieht er mit einer Pfanne in der Hand wirklich... nett aus.

Er fächert den Rauch weg, als er mich bemerkt und über das laute Schrillen hinweg ruft: "Mir ist ein bisschen was angebrannt." Ach was... da wäre ich jetzt gar nicht drauf gekommen, denke ich mir grinsend. Mein Blick wandert an die Decke, um den Alarm zu suchen, doch in diesem Moment verstummt er auch schon.

"Jungs... Was soll denn dieser Lärm? Und was zur Hölle tust du in der Küche, Louis? Willst du unsere Wohnung abfackeln?", höre ich Katies zischende Stimme und überrascht drehe ich mich zur Seite. Sie steht auf einem Stuhl, hat eine Hand in die Hüfte gestemmt und hält in der anderen einen Ziehstock für Dachbodenluken, mit dem sie den Alarm beendet hat und zeigt damit auf Louis. "Entspann dich, Katie. Es ist doch nichts passiert, ich wollte lediglich ein Frühstück für Harry und mich machen", gibt Louis wieder und verdreht die Augen dabei.

"Du und Frühstück machen?! Um Gottes Willen, du bist eine Niete in der Küche, das wissen wir beide", motzt sie, doch an Louis Mundwinkel kann ich erkennen, dass sie diese Diskussion mit Sicherheit nicht zum ersten Mal führen. "Und wenn du unbedingt deinen Lover beeindrucken willst, denk das nächste Mal doch bitte auch an mich. Kaum ist ein Kerl in deinem Schlafzimmer, lässt du mich links liegen und ich bekomme nichts mehr zu Essen", brodelt es weiter aus ihr heraus und ich kann mir ein Kichern nicht mehr unterdrücken. 

"Und du!", keift sie und ich erstarre, weite überrascht meine Augen, als der Stock jetzt auf mich gerichtet ist, sogar meine Brust berührt. Perplex hebe ich auch meine Arme und Hände, als würde man mich verhaften wollen, ehe sie noch einmal den Stab in meinen Oberkörper bohrt. "Die Zusammenführung eurer Haustiere hat ja hervorragend funktioniert. Am Geräuschpegel konnte man erkennen, dass sie sich prächtig verstehen, aber jetzt bring deine Schlange gefälligst zurück in ihr Terrarium. Freilauf ist hier unerwünscht."

Kaum hat sie die Worte ausgesprochen, hüpft sie wie eine Feder vom Stuhl und wirft ihre Haare zurück, ehe sie dann aus der Küche verschwindet. Als ich an mir runter sehe, wird mir erst so richtig bewusst, dass ich splitterfasernackt hier stehe und auf einmal pruste ich los. Auch Louis grinst breit und kommt auf mich zu, nachdem er die schmutzige Pfanne auf die Arbeitsfläche gestellt hat.

"Also mir gefällst du so", schnurrt er leise, als er bei mir ist und legt sachte einen Finger auf meine Brust, lässt diesen langsam Richtung Süden wandern. Gebannt verfolge ich ihn und atme automatisch schneller, als er mein Schambein erreicht. Doch zu meinem Bedauern stoppt er, lacht ein wenig und lässt die Hand auf meiner Hüfte liegen und drückt mir einen Kuss auf die Lippen. "Trotzdem habe ich Hunger. Und leider hat Katie Recht, ich bin eine verdammte Niete in der Küche", schmollt er. Entzückt von diesem niedlichen Gesichtsausdruck lächle ich, und lege eine Hand an seine Wange. "Das ist mir so egal. Außerdem kann ich dann für uns kochen", antworte ich leise. Louis grinst: "Na da bin ich ja beruhigt. Aber weißt du was?" - "Was denn?"

Er greift nach meinen Händen, kommt noch ein Stückchen näher und lehnt sich an mich, während er meine Hände zu seinem Hintern führt. "Mein Po tut gar nicht mehr so doll weh vom Training", raunt er legt nun seine Hände auf meine Arme. "Oh... war die Massage also gut?", schmunzle ich. Also sein erstes Mal gestern scheint gut gewesen zu sein, wenn er jetzt schon wieder ganz scharf drauf ist. Mein Freund wirft mir einen schelmischen Blick zu. "Schon mööööglich... aber ich finde, du solltest es noch einmal machen, damit ich mir auch ganz sicher sein kann."

Ich will gerade protestieren und sagen, dass ein Mann doch eine Erholungspause braucht, halte mich jedoch zurück, als ich merke, dass mein Körper da anderer Meinung ist. Lächelnd lehne ich mich vor, drücke meine Finger in seine Pobacken und küsse ihn voller Sehnsucht und Leidenschaft, ehe wir stolpernd und ineinander verschlungen zurück in sein Schlafzimmer taumeln.

_____

"Bist du total bekloppt? Du kannst doch nicht einfach die ganze Nacht wegbleiben und mir nicht Bescheid geben. Warum bist du nicht an dein Handy gegangen? Weißt du eigentlich, was für Sorgen ich mir gemacht habe?", ruft Gemma aufgebracht durch den Flur, als ich nachmittags ihre Wohnungstür hinter mir schließe. "Dir auch hallo Schwesterherz", antworte ich lächelnd und gehe auf sie zu, um sie in meine Arme zu schließen. "Jaja, du scheiß Idiot. Wo warst du?", fragt sie direkt etwas ruhiger und erwidert meine Geste der Zuneigung.

"Bei Louis." - "Bei Louis?" -  "Bei Louis", wiederhole ich mich und nicke. "Was hast du bei dem gemacht? Ist das nicht der Kerl, der dir das Herz gebrochen hat?", hakt sie nach und zieht misstrauisch eine Augenbraue hoch. "Er hat es wieder repariert", träume ich vor mich hin und genieße das Klopfen in meinem Herzen, als ich an ihn denke. 

"Wie meinst du das? Kannst du mich bitte mal aufklären?", fragt meine Schwester nun bestimmter und sieht mich abwartend an. "Najaaaaa", fange ich ausgedehnt an und kratze mich etwas verlegen am Hinterkopf, schließlich hat Gemma vor drei Monaten meinen Liebeskummer mitbekommen, "Er hat sich entschuldigt, wir sind nun zusammen und er zieht zu mir nach Hamburg. Leider gibt es keine Flugtickets mehr für meinen Flug in 4 Tagen, aber er muss sich auch hier noch um ein paar Dinge kümmern. Er kommt in zwei Wochen nach." Das ist so in etwa die Kurzfassung des Gespräches zwischen Louis und mir von heute Mittag.

"Das ist nicht dein Ernst, Harry!", geschockt schaut meine Schwester mich mit großen Augen an, "Du kennst ihn doch gar nicht. Was ist, wenn er dich wieder verletzt?" Seufzend fahre ich mir durch die Haare. Ich weiß, dass meine Schwester nur das Beste für mich will, aber ich finde nicht, dass ich das Recht dazu habe, Louis' Gründe zu erklären. "Sagen wir es so... er hat eine schwere Vergangenheit hinter sich, er brauchte etwas länger. Bitte glaub mir, wenn ich dir sage, dass es für ihn auch nicht leicht war."

Gemma schaut mich nachdenklich an, wahrscheinlich überlegt sie, was so Schlimmes vorgefallen sein könnte, ehe auch sie seufzt. "Harry... du bist mein Bruder. Du weißt, dass ich dir alles Glück dieser Welt wünsche. Und wenn du mir sagst, dass es ernst ist, dann stehe ich voll hinter dir." Ich denke zurück an den gestrigen Tag und Louis' Zusammenbruch am Bach. Er sah wirklich gebrochen aus und hat seine ganzen Gefühle offenbart. Das würde man nicht machen, wenn es einem nicht unglaublich wichtig ist, das ist jedenfalls meine Meinung. Absolut überzeugt von dem Zauber zwischen Louis und mir, nicke ich: "Es ist uns ernst."

Escape and follow - [Larry-AU]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt