Fünfundfünfzig.

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Doppel-Update!!! :)

Für Drachenreiter80 und WeShipTheBullshit ;)

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Es ist mitten in der Nacht, als ich langsam zu mir komme. Noch immer liege ich in meiner Jeans und oberkörperfrei in meinem Bett. Ich muss mich ziemlich umher gewälzt haben, denn mein Kissen ist ganz zerknautscht und meine Decke liegt auf dem Fußboden. Mein Kopf dröhnt, mein Hals ist ausgetrocknet und meine Augen brennen, als ich mich ächzend aufrichte.

Meine Knochen fühlen sich an, als wäre ich einen Marathon gelaufen und meine Augen kneife ich zusammen, als ich die kleine elektrische Lichtquelle neben dem Bett betätige. Zum Glück habe ich dort auch immer eine Wasserflasche stehen, sodass ich schnell meine Kehle befeuchten kann. 

Mein Blick wandert währenddessen zu meinem Handy, welches ebenfalls den Weg aufs Laminat gefunden hat. Noch immer will ich nicht wahrhaben, was in den Stunden, bevor ich eingeschlafen bin, passiert ist. Warum hat Louis das gemacht? Was hat er sich dabei gedacht? Oder hat er überhaupt an mich gedacht, als er diese Frau geküsst hat? Und warum überhaupt eine Frau? Er ist doch schwul. Oder hat er mir das auch vorgemacht? Ach verdammt, das macht alles doch überhaupt keinen Sinn.

Mit einem skeptischen Blick schiele ich auf den Boden, wo mein Handy liegt, hebe es dann aber auf und gehe wieder in den Chat des Unbekannten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich keine Antwort erhalten werde, dennoch frage ich nach, mit wem ich es zu tun habe. Nervös kaue ich an meinem Daumennagel, gebe mir dann aber doch einen Ruck und lasse das Video erneut starten.

Ob das so eine gute Idee ist? Wieder zieht sich meine Brust zusammen. Louis dort mit diesem Mädchen zu sehen, fühlt sich einfach nicht richtig an. Natürlich nicht - er sollte bei mir sein. Nur ich sollte ihn küssen.

Ich halte die Luft an, als ich der Meinung bin, etwas gesehen zu haben, was ich beim letzten Mal noch nicht registriert habe. Mit dem Zeigefinger ziehe ich die Abspielleiste ein Stückchen zurück und drücke wieder auf Play.

Tatsächlich!

Louis schaut für einen winzigen Augenblick direkt in die Kamera, ehe er sich zu der Frau dreht und sie küsst. Wusste er etwa, dass er gefilmt wird? Wenn ja, steht er entweder darauf, anderen - in diesem Fall mir - seelische Schmerzen hinzuzufügen oder... keine Ahnung. Zum Schluss schiebt sich wieder die Zeitung ins Bild und auch das kommt mir plötzlich komisch vor, habe ich dieser Sache gestern noch keine große Aufmerksamkeit geschenkt. Anscheinend war es dem Filmer wichtig, dass das Datum zu erkennen ist, denn zufällig ist das nicht passiert. Warum, frage ich mich immerzu. Das ist doch total bescheuert.

Auch Liams Nachricht kommt mir wieder in den Sinn. Louis hat nach unserem Gespräch, beziehungsweise meinem Monolog, geweint. Warum sollte er weinen, wenn er mir wehtun wollte? Das passt doch alles vorne und hinten nicht. Mit einem Mal kommt mir seine Mutter in den Sinn und unumgänglich auch Robin. Könnte einer von beiden etwas damit zu tun haben? Meine Augen werden groß und schluckend raufe ich mir die Haare. Ich war total geblendet von diesem Kuss, nur darauf war ich fixiert und habe nicht die weiteren Umstände beachtet. Könnte etwa... oh Gott...

Wir haben knapp 4 Uhr, in England ist es also kurz vor 3 Uhr nachts. Unmöglich kann ich jetzt Liam anrufen, der schläft tief und fest. Zu gerne hätte ich seine Meinung dazu gehört.

"Denk nach, Harry", murmle ich zu mir selbst und schließe die Augen, in der Hoffnung eine Lösung zu finden, wie ich stattdessen Louis erreiche. Zunächst fällt mir nichts ein, bis mir dämmert, dass Louis ja noch immer nicht meine Firmennummer kennt, da ich die Nummer unterdrückt hatte. Bei Louis ist mir gerade herzlich egal, dass wir mitten in der Nacht haben und schnell bin ich auf den Beinen, um mein Diensthandy aus der Küche zu holen. Noch einmal überprüfe ich, ob die Nummer wirklich nicht übermittelt wird und wähle dann Louis' Nummer, auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass er rangeht.

Mein Herz setzt aus und ich halte vor Schreck die Luft an, als ich dann doch seine kratzige Stimme höre. "Was willst du? Hast du mich nicht schon genug genervt?" Er klingt vollkommen verschlafen, dennoch ist sein grantiger Unterton nicht zu überhören. Ist er sich sicher, dass ich am Telefon bin? Vielleicht hat er einfach nur im Halbschlaf das Gespräch angenommen und jemand anderen erwartet. Einmal schlucke ich, ehe ich tief Luft hole, um möglichst gefasst zu klingen: "Dann gib mir eine vernünftige Erklärung und dann bist du mich los." Ich möchte nicht, dass er mich loswerden will, doch leider Gottes gehören immer zwei Personen dazu. Es bleibt still, Louis antwortet mir nicht und ehe ich wieder etwas sage, schaue ich aufs Display, ob die Verbindung überhaupt noch besteht.

"Louis, rede mit mir", bitte ich ihn, woraufhin ich ein Geräusch von ihm wahrnehme, welches mir einen Schauer über den Rücken jagt. "Warum... nein...warum... kannst du mich anrufen? Das geht nicht... du darfst das nicht... nein, nein, nein...nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein..." - "Louis! Was ist los?", frage ich alarmiert nach. Seine Stimme klingt abwesend, fast als würde er mit sich selbst und nicht mit mir reden.

"Du... er... du... oh Gott... das darf nicht sein... Harry... du... nein, ich.. ich wollte das nicht... du... du musst auflegen", stottert er verzweifelt rum und ich komme nicht mit. "Willst du denn, dass ich auflege?", ich versuche ruhig zu klingen, doch innerlich überschlagen sich meine Sorgen und Gedanken. Was muss nur in den letzten 48 Stunden passiert sein, dass er so durch den Wind ist? "Nei-, ja! Natürlich will ich das. Du solltest doch mittlerweile verstanden haben, dass wir keine Beziehung miteinander haben", sagt er plötzlich mit etwas festerer Stimme. 

Den aufflammenden Schmerz in meiner Brust ignorierend, runzle ich die Stirn. Warum legt er denn nicht selbst auf, wenn er kein Gespräch mit mir führen will? Ich glaube ihm nicht, dass er diese Beziehung so plötzlich doch nicht will. Auch passen seine schlaftrunkenen Worte nicht zu seinem letzten Satz. Da ist doch gewaltig etwas faul. "Du musst auflegen, Harry", wiederholt er sich und für mich ist das die Bestätigung, dass er eigentlich gar nicht auflegen will.

"Lou... ich weiß nicht, was los ist, aber du bist nicht gerade überzeugend. Mit mir möchtest du nicht reden, aber bitte vertraue dich jemandem an. Wir finden eine Lösung", flüstere ich, allerdings so laut, dass er es versteht. Sein scharfes Luftholen höre ich sehr wohl, doch antworten tut er mich nicht. Ich schließe meine Augen und schüttle den Kopf. Heute Nacht komme ich nicht weiter und es kotzt mich tierisch an, dass ich in Hamburg bin. Warum war ich vorgestern nur so optimistisch und habe nicht nach Louis gesucht? Wenn ich ihn gefunden hätte, hätte ich es vielleicht klären können.

Mittlerweile bin ich mir sicher, dass Louis nicht bloß kalte Füße bekommen hat. Nein, nein, da muss irgendetwas vorgefallen sein und ich bin mir irgendwie ebenfalls sicher, dass lediglich Robin und seine Mutter damit zu tun haben können. Wenn Louis aber nicht mit mir spricht, kann ich nicht helfen und das geht mir gewaltig gegen den Strich. Habe ich ihm nicht klar verdeutlicht, dass er bei mir sicher ist? Dass ich ihn mit meinem Leben beschützen würde? Dass jede Faser meines Körpers für ihn brennt? Dass ich ihn so akzeptiere und liebe, wie er ist? Dass ich nichts an ihm ändern möchte?

Er ist meine Schwäche. Auch wenn ich eigentlich ein selbstbewusster Mann bin und ein dickes Fell habe, so werde ich bei Louis weich. Bei ihm knicke ich ein und wenn dieser Herzschmerz nicht bald aufhört, bin ich irgendwann am Ende meiner Kräfte.

"Ich liebe dich, Lou", wage ich, leise zu sagen. Daraufhin dringt in meine Ohren das Geräusch eines verschluckten Schluchzers, ein Rascheln und kurz darauf das Zeichen, dass die Verbindung getrennt wurde.

Escape and follow - [Larry-AU]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt