Vierundzwanzig.

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Das Training heute ohne Liam ist irgendwie langweilig. Sonst hat man immer jemandem zum quatschen, aber so? Auch die Tatsache, dass meine Kopfhörer ans Handy angeschlossen sind und meine Ohren mit Musik beschallen, ändert nichts daran.

Zu gerne würde ich noch wissen, was Louis mir zu unserer letzten Nacht sagen wollte, doch leider ist er auch nach draußen verschwunden und hilft beim Aufbau. Aktuell ist er jedoch damit beschäftigt bereits aufgeblasene Luftballons zusammen zu binden und an verschiedenen Gegenständen festzubinden. Von den Ausdauergeräten aus habe ich die perfekte Sicht auf die Fläche und lasse daher meinen Blick kein einziges Mal woanders hingleiten. Zwar wird mir so nur mal mehr bewusst, wie attraktiv ich Louis finde, er jedoch anscheinend nichts auf ein 'mehr' gibt, allerdings ist mir das in diesem Moment egal. Er ist und bleibt trotzdem eine Augenweide.

"Hallo, darf ich dir Gesellschaft leisten?", höre ich jemanden sagen und ich brauche einen Augenblick, um zu realisieren, dass ich gemeint bin und diese Stimme auch kenne. Als ich jedoch meinen Kopf zur Seite drehe, blicke ich direkt in die Augen von Nick. Wir haben mitten in der Woche und das Studio ist so gut wie leer, da alle arbeiten sind und ausgerechnet er kommt auch hier her? Genau in diesem Moment fällt mir auch ein, dass ich ihm seit unserem Kuss im Club nicht mehr geantwortet habe und wir generell auch nicht mehr geschrieben haben. "Also, was ist nun?", fragt er ungeduldig und schaut mich erwartungsvoll an, sieht dabei aber kein bisschen sauer aus.

"Ja klar...kein Ding... Hey erstmal", stammle ich vor mich hin und beobachte ihn dabei, wie er sein Laufband einstellt und langsam das Tempo erhöht. "Du hast dich gar nicht mehr gemeldet", erwähnt er, ohne mich anzuschauen. "Ich hab's ehrlich gesagt vergessen", gebe ich zu, denn so schnell will mir keine passende Ausrede einfallen, außerdem habe ich auch keine Lust, mir irgendeine Lüge zu merken. "Achso." - "Tut mir leid." Ich schlucke und hoffe, dass er meine Entschuldigung annimmt, einfach weil ich es überhaupt nicht gut vertragen kann, wenn jemand sauer auf mich ist. Das trage ich ewig mit mir herum.

"Schon okay, ich bin dir nicht böse, falls du das denkst. Mir ist es selbst etwas unangenehm. Ich war so betrunken, habe nicht nachgedacht und ... tja, dann war ich etwas stürmisch. Vielleicht sollten wir das einfach vergessen?", fragt er und ich höre die Hoffnung in seiner Stimme. Mein Blick huscht für den Bruchteil einer Sekunde zu Louis, der nun am DJ-Pult rumwerkelt, ehe ich wieder zu Nick schaue. "Ja, vielleicht wäre das ganz gut", grinse ich und halte ihm die Faust hin. Da ich ganz genau weiß, dass es nichts mit uns wird, kann ich ihm gegenüber auch freundschaftlich sein und das Geflirte weglassen. Meine Gefühle zu Louis werden wahrscheinlich nicht so schnell verschwinden und dann will ich auch jemand anderem nichts vormachen. Nick grinst ebenfalls und schlägt dann mit seiner Faust gegen meine.

Nachdem wir das geklärt haben, verläuft unser Gespräch auch schon um einiges lockerer und wir haben wirklich Spaß beim Training, doch nach einer weiteren Stunde bin ich am Ende meiner Kräfte. Nick will noch weiter trainieren, also verabschieden wir uns vorerst und ich verschwinde in der Umkleide. Ich habe den ganzen Raum für mich und leise zur Radiomusik summend ziehe ich mir mein Shirt über den Kopf, wische mir damit einmal den Schweiß vom Gesicht und schmeiße es dann in meine Tasche. Nachdem ich auch Schuhe, Socken, Hose und Unterwäsche abgestreift habe, greife ich zum Duschgel und Handtuch. Dieses hänge ich an die Haken neben der Tür bei den Duschen.

Eigentlich mag ich die Duschen in so einer Sammelumkleide überhaupt nicht, ich weiß nicht wieso, aber ich habe das Gefühl, dass der Wasserstrahl viel härter ist und manchmal schon auf der Haut wehtut, als bei mir zu Hause. Allerdings finde ich es genauso ekelhaft ungeduscht und verschwitzt in die normalen Klamotten zu schlüpfen, sodass ich lieber diese Duschen hier wähle. Das Wasser braucht einen Moment, ehe es lauwarm wird und ich mich unter den Strahl stelle. Bei dieser Hitze draußen kann ich einfach nicht heiß duschen. Einen Moment lang schließe ich die Augen und genieße einfach nur das wohlige Gefühl vom sauberen Wasser auf meiner Haut, ehe ich dann zum Duschgel greife und mich einseife.

Als mein Körper wieder vom Schaum befreit ist, greife ich schnell zum Handtuch und rubbel mir ein wenig die Haare trocken, ehe ich es mir um die Hüfte binde. Ich verlasse die Duschen und bleibe wie angewurzelt stehen, als ich Louis in der Umkleide sehe. Er sitzt gegenüber meiner Tasche und scheint sogar gewartet zu haben. Auch wenn ich es nicht will, aber ich kann einfach nicht verhindern, dass mein Herz wieder wie verrückt anfängt zu klopfen, einfach nur weil ich ihn sehe. So heftig habe ich mich wirklich noch nie in jemanden verguckt. Schnell räuspere ich mich und gehe dann langsam zu meinen Sachen, darauf bedacht auf dem rutschigen Boden nicht auszurutschen. Nur mit einem Handtuch bedeckt und Louis im Raum, wäre das eine peinliche Angelegenheit.

"Was möchtest du? Hat das Personal keine eigenen Umkleideräume?", frage ich und versuche so emotionslos wie möglich zu klingen. Mit Sicherheit will er noch das sagen, was er vorhin schon tun wollte, bevor wir von der anderen Mitarbeiterin unterbrochen wurden. Und so wie es sich anhörte, ging es um unsere gemeinsame Nacht. Unglaublich, dass das schon zwei Wochen her ist.

"Personal", spottet er flüsternd, doch ich verstehe es. Und ehe ich nachfragen kann, hat er auch schon den Kopf geschüttelt, steht auf und schaut mich an: "Ich wollte mich nochmal bedanken, wegen Lottie." - "Lottie?", hake ich nach. "Ja, meine Schwester." Jetzt wo er es sagt, fällt mir auch auf, dass wir uns gar nicht vorgestellt hatten, ich kannte wirklich nicht ihren Namen. "Ist doch selbstverständlich", sage ich, doch er schüttelt den Kopf hin und her. "Nein, ist es nicht, glaub mir." 

Da ich nicht weiß, was ich antworten soll, nicke ich einfach nur und greife nach meiner Sporttasche, um die frischen Klamotten bereit zu legen. Hoffentlich verschwindet Louis gleich wieder, ich weiß nämlich nicht, ob ich mich hier jetzt umziehen kann, wenn er dabei steht, auch wenn er mich bereits nackt gesehen hat.

"Bist du eigentlich noch wütend auf mich?", fragt er nach einer Weile zögerlich und ich kann nicht verhindern, dass ein kleines aber bitteres Lachen aus meinem Mund kommt. "Wieso sollte ich? Ist ja nicht so, dass du schadenfroh auf meinen Gefühlen herumgetrampelt bist", erlaube ich mir spitz zu sagen, wofür ich auch direkt Louis' bestürzten Gesichtsausdruck sehe. "So war das nicht, Harry", erwidert er zähneknirschend.

"Ist schon gut, lass uns einfach nicht weiter darüber diskutieren", sage ich schnell, damit mir dieses Gespräch nicht zu nahe geht. Warum reitet er jetzt weiter darauf rum? Ich habe das Gefühl, dass er noch etwas sagen möchte, aber offensichtlich entscheidet er sich dagegen: "Gut, dann... werde ich mal wieder gehen." Er spricht langsam und scheint noch in Gedanken zu sein, als er nickt, sich jedoch keinen Zentimeter bewegt.

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Woran Louis wohl gerade denkt?


Escape and follow - [Larry-AU]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt