Zweiundfünfzig.

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Kurzerhand beschließe ich schnell bei Louis' und Katies Wohnung vorbeizufahren, denn irgendwie habe ich ein schlechtes Gefühl bei seiner Nachricht. Viele Nachrichten habe ich von Louis in den letzten Tagen zwar nicht erhalten, aber wenn, dann klangen sie irgendwie anders.

Mit leicht erhöhtem Tempo jage ich über die leere Landstraße, lasse Baum für Baum hinter mir und trommle zum Beat der Radiomusik auf dem Lenkrad herum. Der miefende Gestank eines Gülletraktors zieht in meine Nase, doch dabei verziehe ich nicht das Gesicht, sondern grinse vor mich hin, da mir dieser Geruch doch einfach nur zeigt, was meine Heimat ist. Als ich auch am letzten Maisfeld vorbei rausche, sehe ich bereits das Ortsschild und drossele langsam die Geschwindigkeit. 

Nur zwei Minuten später biege ich in die Straße ein, in der Louis noch für ein paar Tage wohnt. Ich parke das Auto am Straßenrand und hechte dann ziemlich zügig über den Asphalt, geradewegs auf die Haustür zu. Nachdem ich die Klingel betätigt habe, klimpere ich ungeduldig mit dem Schlüsselbund in meiner Hand herum und warte darauf, dass man mir öffnet.

Zu meiner Erleichterung geschieht das auch zügig und ich entdecke Katies lächelndes Gesicht hinter der Tür. "Hi Harry, was machst du denn hier? Ich dachte, du bist schon wieder im Flieger?", fragt sie nach und macht eine Handbewegung, um mich rein zu bitten. Dankbar nicke ich, betrete den Flur und streife meine Schuhe ab. "Ich wollte nur eben zu Louis, bevor ich nachher wieder fliege", informiere ich sie. "Oh, okay. Louis ist aber gar nicht da."

"Nein? Wo ist er denn?", hake ich verwundert nach und runzle die Stirn. "Ich weiß es nicht. Vor einer Stunde ungefähr ist er abgehauen, hat mir aber nicht gesagt, wohin. Vielleicht ist er ja bei Zayn oder so."

Hmm, ja, vielleicht ist er das. Hoffentlich ist er das. Noch einmal schaue ich auf mein Handy, doch Louis hat mir nicht geantwortet.  Meine Nachricht wurde noch nicht einmal zugestellt. Vielleicht hat er keinen Empfang oder sein Akku ist leer. Seufzend schiebe ich es wieder zurück in meine Hosentasche. Er wird mit Sicherheit bei Zayn sein, wo sollte er sonst sein? Meine Sorge schiebe ich beiseite, denn ich will ihn jetzt nicht wie ein liebeskranker Hund suchen, nachher fühlt er sich noch eingeengt oder erdrückt. Zudem würde es meine Zeit eh kaum zulassen, da ich ansonsten noch meinen Flieger verpasse.

"Na gut. Dann will ich dich nicht länger aufhalten, Katie. Komm, lass dich noch einmal drücken", sage ich lächelnd und ziehe sie auch sogleich in eine Umarmung. "Ich danke dir, Harry. Ich danke dir so sehr, dass es dich gibt und du Louis aus seinem Loch gezogen hast. Ich wünsche euch nur das Beste. Bitte pass auf ihn auf und lass ihn nicht mehr gehen", nuschelt sie an meine Brust und gerührt von ihren Worten, drücke ich sie noch ein bisschen fester. "Keine Sorge. Ich würde alles für ihn tun und werde ihn nicht mehr loslassen. In meinem Herzen ist er bereits fest verwurzelt", gebe ich von mir und meine jedes Wort vollkommen ernst.


Ein paar Stunden später stehe ich, genauso wie vor ein paar Monaten, mit Gemma und Niall am Flughafen, während ich mich von ihnen verabschiede. Noch immer hat Louis sich nicht gemeldet und ich muss zugeben, dass mich das schon verletzt und ich enttäuscht bin. Aber was habe ich schon für eine Wahl? Zu Hause war er nicht und ich kann den Flug nicht verschieben, da ich morgen früh wieder arbeiten muss. 

Noch einmal lasse ich meinen Blick über die Menschen in der Halle schweifen, doch kein Louis in Sicht. Es ist genau wie beim letzten Mal, als ich gehofft hatte, dass er noch in der letzten Minute auftaucht. Dieses Mal ist nur der Unterschied, dass er meine Flugdaten exakt weiß, da ich sie ihm persönlich gesagt und auch aufgeschrieben habe. Doch erneut zerplatzt der Wunsch seines Auftauchens und seufzend wende ich mich ab.

Nach dem Prozedere des Boardings sitze ich auf meinem Platz und starre abwesend auf die Flugbahn. Könnte doch etwas passiert sein? Ich verstehe einfach nicht, warum Louis mir nicht antwortet oder was er so Dringendes zu erledigen hätte. Allerdings hätte er mir bestimmt nicht Bescheid gegeben, dass er nicht kommt, wenn etwas passiert wäre. Ach verdammt, wahrscheinlich mache ich mir mal wieder viel zu viele Gedanken. Es wird schon alles gut sein und ich sollte einfach nur froh darüber sein, dass Louis und ich endlich zusammen sind. Für mich selbst nicke ich und mit diesem Gedanken, schließe ich die Augen und döse während des Fluges nach Hamburg.


Wieder im Norden Deutschlands angekommen, nehme ich mir ein Taxi und lasse mich von diesem nach Hause bringen. Es ist bereits dunkel, doch als ich meine Wohnungstür aufschließe, halte ich inne. Man hört leise die Dunstabzugshaube surren und das Radio dudeln, während aromatische Gerüche verschiedenster Kräuter und Gewürze den Weg in meine Nase finden.

Für den Bruchteil einer Sekunde wünsche ich mir, dass es Louis ist. Dass er mich überraschen wollte und schon vorher geflogen ist und nun ein köstliches Abendessen für uns zaubert. Da jedoch einen Augenblick später die Tatsachen, dass Louis nicht kochen kann und weder meine Adresse hier kennt noch einen Schlüssel hat, in mein Gehirn wandern, ist das natürlich unmöglich. Zudem glaube ich kaum, dass ein Einbrecher sich erstmal entspannt in die Küche stellt und eine Runde kocht, von daher kann es nur eine Person sein.

Meinen Krempel lasse ich vorerst im Flur stehen, ehe ich auf Socken in die Küche laufe. Natürlich weiß ich bereits vor dem Öffnen der Tür, wen ich dort erwarte und kann mir daher ein Grinsen nicht verkneifen. 

"Oh, der Herr des Hauses ist wieder im Lande", werde ich erfreut von Eleanor begrüßt. "Du weißt aber schon, dass ich dir den Schlüssel nur für Notfälle gegeben habe?", frage ich mit hochgezogener Augenbraue, schmunzle dabei aber. "Hallo? Das ist ein Notfall. Schließlich darfst du nicht verhungern", sagt sie äußerst empört und schaut mich an, als würde ich den Ernst der Lage nicht kapieren.

"Ist ja gut, ist ja gut", lache ich, "In Zukunft solltest du trotzdem nicht mehr einfach so in meine Wohnung reinschneien." - "Was, warum? Wie war die Party?", fragt sie, dreht sich dabei wieder zum Herd und rührt in einem der Töpfe. Ich lasse mich auf einem der Stühle am Esstisch sinken und stütze meinen Kopf auf einer Hand ab, während ich verträumt an den Tag der Party denke. "Die Party war toll... also jedenfalls der Großteil", sage ich langsam, noch nicht ganz wissend, womit ich anfangen soll.

"Das klingt spannend. Erzähl!", fordert sie mich auf, kramt im Küchenschrank klappernd nach Tellern und Besteck. "Nun... ich bin also hin und plötzlich stand da Louis. Ich war ziemlich schockiert, weil ich ja eigentlich davon ausgegangen bin, dass er mit Liam keinen Kontakt mehr pflegt. Tja, es hat sich dann herausgestellt, dass Liam unsere Handynummern ein wenig manipuliert hat und wir somit keine Möglichkeit hatten, miteinander zu kommunizieren. Mit Louis habe ich mich ausgesprochen und ja... jetzt sind wir zusammen und in 10 Tagen zieht er hierher."

Eleanor hat die Augenbrauen zusammengezogen, den Kochlöffel zwischen den Zähnen, während sie gerade das Wasser der Kartoffeln abgießt. Danach stellt sie den Topf beiseite, nimmt den Holzlöffel aus dem Mund und zeigt stattdessen damit auf mich. "Du verascht mich", meint sie und blickt mich auch an, als wäre sie ziemlich sicher, dass ich sie auf den Arm nehmen will, doch grinsend schüttle ich den Kopf. "Nein, es stimmt wirklich."

"Uhh, wie geil ist das denn bitte. Ich freu mich so für dich. Und ich freu mich auch diesen Louis endlich kennen zu lernen und wehe er sieht nicht so gut aus, wie du ihn immer beschrieben hast." Eleanor wirbelt in der Küche umher, greift zu den Tellern, befüllt diese und kommt dann damit an den Tisch. "Haha, natürlich sieht er gut aus. Aber lass bloß die Finger von ihm, das ist meiner", grinse ich und nehme die Gabel in die Hand. "Keine Sorge. Da er schwul ist und ich keinen Schwanz habe, werde ich wohl eh keine Chance haben", lacht sie und greift ebenfalls zum Besteck. "Dem habe ich nichts hinzuzufügen... Danke, dass du gekocht hast. Guten Appetit." - "Gerne doch. Lass es dir schmecken."

Escape and follow - [Larry-AU]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt