Neunundfünfzig.

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Die nächsten vier Tage verlaufen ruhig. Ich weiche Louis nicht von der Seite und es fühlt sich an, als würden wir Ewigkeiten in einem Wartezimmer einer Arztpraxis sitzen. Nur, dass wir nicht auf einen gefragten Termin beim Doktor hinausfiebern, sondern auf unsere Abreise.

Katie hantiert gerade mit dem Staubsauger herum, während Louis die Wäsche aus der Waschmaschine holt und damit zu mir auf den Balkon tritt. "Gib her, ich mach' das schon", biete ich ihm an, nehme sogleich den vollen Wäschekorb entgegen und stelle diesen auf den Boden. Der Wäscheständer steht zusammengeklappt an der Wand und mit beiden Händen greife ich danach, um diesen aufzustellen. Den kleinen bunten Korb mit den Wäscheklammern stelle ich auf die Brüstung, ehe ich Kleidungsstück für Kleidungsstück aufhänge.

Eigentlich dachte ich, Louis wäre wieder reingegangen, doch überraschenderweise höre ich ihn hinter mir seufzen. Kurz blicke ich über die Schulter, sehe, wie er sich an den kleinen Tisch setzt, ehe ich wieder den feuchten Klamotten Beachtung schenke. "Was ist?", frage ich. "Ach, ich bin ein wenig verwirrt von diesem Gefühl." - "Von welchem Gefühl?"

"Du und ich. Wir putzen nur diese scheiß Wohnung und trotzdem fühlt es sich so toll an, mit dir macht es sogar fast schon Spaß. Es ist ein neues Gefühl und doch ist es schon irgendwie vertraut, so als hättest du immer hierher gehört.... und so ausgesprochen, hört sich das total bescheuert an", murmelt er leise und zaubert mir damit ein Lächeln auf die Lippen. "Ich weiß, was du meinst. Mir geht es nicht anders."

Mein Freund antwortet nichts, aber das braucht er auch nicht. Im Moment ist es einfach nur angenehm, normalen Tätigkeiten nachzugehen, ohne dabei in Stress, Drama und Sorge zu ertrinken.

"Dennoch würde ich gerne mal wieder rausgehen. Seit Tagen hocke ich in dieser Wohnung und habe das Gefühl mich zu verstecken. Und eigentlich hatte ich dir doch versprochen, mich nicht mehr zu verstecken", höre ich ihn sagen und glaube dabei seinen Blick in meinem Rücken zu spüren. "Wir können ja auch etwas unternehmen. Worauf hast du Lust?"

Louis zögert einen Moment, räuspert sich dann aber: "Ich weiß nicht... warst du schon Mal klettern? Also, wenn du möchtest... könnten wir ja was Essen gehen, also... nur wir beide und dann nach Braynesville fahren. Dort gibt es einen Hochseilgarten und die haben heute ein Mitternachts-Special. Es kostet zwar etwas mehr als normal, aber ich bezahl natürlich. Es... war nur so eine Idee. Wenn du darauf keine Lust hast, können wir auch was anderes machen. Oder wir bleiben hier. Ganz wie du möchtest. Oder wir-", rattert er runter und lachend unterbreche ich ihn. "Lädst du mich gerade zu einem Date ein?", schmunzle ich und drehe mich zu ihm, als auch das letzte Stück Stoff hängt. 

Schnell öffnet er den Mund, schließt ihn aber sofort wieder, ohne etwas zu sagen und schaut mich etwas überfordert an. "Ähm... vielleicht?", sagt er dann aber doch, als ich auf ihn zugehe und vor ihm in die Hocke gehe. Meine Hände lege ich auf seine Beine, die nervös auf und ab wippen. "Liebend gern würde ich mit dir auf ein erstes Date gehen", grinse ich, woraufhin Louis seine angespannten Schultern fallen lässt. Noch immer ist er total unsicher im Umgang mit mir und ich hoffe, dass sich das irgendwann legt. Ich habe das Gefühl, er sieht uns in dieser Beziehung nicht auf einer Ebene. Vielleicht täuscht es, aber mir kommt es wirklich so vor, als würde Louis zu mir aufsehen und er sich selbst irgendwie unterordnen. Das will ich aber nicht. Ich möchte in einer gleichberechtigen Beziehung leben und hoffentlich schaffe ich es, Louis dieses Gefühl ebenfalls zu vermitteln. 

"Worauf hast du denn heute Hunger?", fragt er mich, doch ich schüttle den Kopf. "Dein Date, deine Auswahl. Du entscheidest und ich lasse mich überraschen", grinse ich und drücke ihm dann einen Kuss auf den Oberschenkel, ehe ich aufstehe. "Wann möchtest du los?" - "Ist gegen 18 Uhr für dich in Ordnung?" Lachend schüttle ich etwas den Kopf, beuge mich dann vor und drücke ihm kurz meine Lippen auf den Mund. "Wie gesagt. Dein Date, deine Regeln. Aber vorher habe ich noch etwas zu erledigen. Ich denke, in einer Stunde bin ich wieder da."

Ich drücke mich wieder hoch und laufe zurück in die Wohnung. "Was hast du denn zu erledigen?", fragt Louis mich und folgt mir ins Schlafzimmer. Meine Tasche liegt offen auf dem Fußboden und rasch fische ich ein schwarzes Shirt heraus. Es mag bescheuert klingen, aber es kommt mir für mein Vorhaben passender vor, als mein buntes, welches ich jetzt noch anhabe. "Ich verspreche dir, dass es nicht lange dauern wird. Ich werde nur-" In diesem Moment klingelt es an der Tür und Louis runzelt die Stirn, dreht sich dann aber um und verlässt das Schlafzimmer. Ich weiß schon, wer der Gast ist und mit meinem neuen T-Shirt verlasse ich ebenfalls den Raum und trete auf den Flur.

"Zayn? Was machst du denn hier?", fragt Louis überrascht seinen besten Freund, als dieser hinter der Wohnungstür erscheint. "Ich wollte Harry abholen", antwortet er ihm und nickt mir einmal zu, als er mich erblickt. Mit großen Augen und zusammengezogen Augenbrauen schaut Louis abwechselnd zu mir und dem Schwarzhaarigen. "Was? Wie?! Was habt ihr vor?" Er klingt absolut misstrauisch. Seufzend fahre ich durch meine Haare, überlege kurz, ob ich mir eine Ausrede einfallen lasse, entscheide mich aber schnell dagegen. Ich hasse es selbst, angelogen zu werden. "Wir statten jemandem einen kurzen Besuch ab."

Jetzt reißt er seine Augen geschockt weit auf und schüttelt etwas panischen den Kopf. "Nein! Nein, das macht ihr nicht! Seid ihr total bescheuert?! Ich will euch nicht im Krankenhaus besuchen", ruft er laut und erstaunt über seine Lautstärke zucke ich sogar kurz zusammen. "Keine Sorge. Wir werden uns nur ein bisschen unterhalten", mischt Zayn sich ein, doch Louis ignoriert ihn und schaut nur mich an. Ich erwidere seinen Blick und bemerke seine stumme Bitte, zu bleiben. Doch dieses Mal gebe ich nicht nach und rasch schlüpfe ich in meine Sneakers. 

"Dann komme ich eben mit", meint Louis eingeschnappt und greift ebenfalls zu seinen Schuhen, doch schnell halte ich sein Handgelenk fest. "Nein, bitte. Bleib hier, tu mir den Gefallen." Ich will wirklich nicht, dass er mitkommt. Mit Sicherheit würde dieser geistige Tiefflieger namens Robin ihn wieder einschüchtern und das will ich vermeiden. "Dann bleib du auch hier. Ich will keinen gewalttätigen Freund", fleht er und sieht mich mit feuchten Augen an. Ich muss schlucken, während meine Augen zwischen seinen hin und her huschen. Natürlich will er keinen Schlägerfreund, schließlich musste er früher genügend Gewalt erleben, nur war er immer das Opfer.

Meine Hände lege ich an seine Wangen und tröstend drücke ich meine Lippen auf seine Stirn. "Ich verspreche dir, dass ich nicht handgreiflich werde", hauche ich und bete innerlich, dass ich dieses Versprechen auch halten kann. "Robin versteht aber nur die Sprache der Fäuste, also kannst du genauso gut hierbleiben", meckert er und geht einen Schritt zurück, sodass meine Hände runterfallen. "Louis, soll er straflos davon kommen? Das kann ich nicht durchgehen lassen, nicht nachdem, was er dir angetan hat und damit meine ich nicht nur die letzten Tage."

Louis schnaubt und sieht zur Seite. Kurz ist es noch still, ehe ich seufze und wieder auf ihn zugehe und ihm einen Kuss auf die Wange gebe. "Wir sind bald wieder zurück", erkläre ich ihm, woraufhin er lediglich mit der Zunge schnalzt und sich ruckartig umdreht. Er steuert das Wohnzimmer an und lässt scheppernd die Zimmertür in die Zarge knallen. Einen Moment starre ich noch die Tür an, schüttle dann aber den Kopf und sage eben Katie Bescheid, dass sie auf Louis Acht geben soll, ehe ich mich an Zayn wende. "Wir können."

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Oh oh.... hoffentlich machen die beiden keinen Blödsinn... Lou ist jedenfalls nicht begeistert :(

Escape and follow - [Larry-AU]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt