Chapter 17

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In dieser Nacht schlief ich so gut wie noch nie zuvor. Ich glühte regelrecht vor Hoffnung auf ein bisschen Heilung. Es würde mir so viel bedeuten wenigstens einen Teil meiner Beine wieder eigenständig bewegen zu können.

Da ich so schnell eingeschlafen bin und durchgehend geschlafen habe, war ich schon um sieben wach. Ich wusste nicht was ich machen sollte bis Lukas wach wurde. Ich konnte ja nichts alleine machen. Mein Rollstuhl stand unten und ohne kann ich nichts anstellen. Ich schaute zu Lukas und sah ihm eine halbe Stunde beim Schlafen zu. Er war so unglaublich hübsch. Ich legte leise meine Beine über die Bettkante und setzte mich auf. Dann fuhr ich mit einer Haarspange die noch in meinen Haaren hing von der Hüfte aus über meine Beine um zu testen bis wohin ich was spüre. Sie müssen dem Ganzem Zeit geben. Sowas passiert nicht von heute auf morgen. Das sagte der Arzt zu mir bevor wir gegangen sind. Ich fuhr nochmal mein Bein ab. Und nochmal. Egal wie sehr ich aufdrückte ich spürte einfach nichts. Gar nichts. Nicht mal ein leichtes Kribbeln oder Jucken wie wenn eine Fliege über dich läuft. Nichts. Einfach nichts. Nachdem ich über meinen Beinen verteilt lauter rote Striche hatte, steckte ich mir die Haarspange einfach wieder irgendwo in meine Haare, zog meine Beine wieder ins Bett und kuschelte mich unter die Bettdecke, in der Hoffnung noch mal schlafen zu können.

Ich wälzte mich hin und her, von der rechten auf die linke Seite. Von der linken Seite auf den Bauch. Vom Bauch auf den Rücken. Immer so weiter, bis ich mich schließlich langsam auf den Boden sinken ließ und mich irgendwie rüber zu Lukas zog. Bei seiner Matratze angekommen, schob ich ihn ein bisschen zur Seite und zog mich - vorsichtig um ihn nicht zu wecken - hinter ihn. Ich kuschelte mich an seinen Rücken und genoss seine Körperwärme. Irgendwann schlief ich von seinen gleichmäßigen Atemzügen wieder ein und wurde erst wach als Lukas sich bewegte. Er hatte sich umgedreht und die Augen immer noch geschlossen. Ich fuhr in Gedanken vertieft mit meinen Fingern vorsichtig über seine Wange. Meine Finger kribbelten von der Berührung. Lukas' Mundwinkel zuckten leicht nach oben. Ich hob seinen Arm an, rutschte näher zu ihm und ließ seinen Arm leicht auf mich fallen. Ich spielte mit einer Haarsträhne von ihm und dachte über alles mögliche nach. Über Luis, über Lily, über Mama und Papa, über Helena und Henry. Aber vor allem dachte ich an Lukas. An sein schönes Lachen und dieses Strahlen in seinen Augen. Ich schaute hinter Lukas und sah uns in dem Spiegel an seinem Kleiderschrank. Ich beobachte uns eine Weile im Spiegel, ließ aber meinen Kopf wieder fallen.

Irgendwann - ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen war - wachte Lukas auf und sah mich fragend an. "Wie bist du hier her gekommen?" fragte er. Ich kannte zwar inzwischen seine raue Morgenstimme, aber trotzdem haute sie mich immer wieder vom Hocker. "Ich hab mich fallen lassen. Ich hab hunger." antwortete ich. Lukas ließ seinen Kopf wieder fallen und lachte, was in seiner Morgenstimme unglaublich süß klang.

"Na dann lass uns was essen... Gleich nach dem ich meinen Kuschelbedarf gestillt habe." sagte er, zog mich zu sich ran und versteckte sein Gesicht in meinen Haaren. Ich sog heimlich seinen Geruch ein und schloss die Augen. Ein bisschen später -Lukas lag inzwischen halb auf mir- grummelte mein Magen um mich daran zu erinnern, dass er was zu essen braucht. "Na gut. Dann gehen wir halt was essen." murmelte Lukas, gab mir einen Kuss auf die Wange und ließ sich von mir fallen. Dann rappelte er sich auf und hob mich hoch. "Willst du erst was essen und dann dich anziehen oder stört es dich wenn meine Familie dich so sieht?" Ich hatte eine kurze Hose aus einem weichen Stoff und ein Top an, von daher störte es mich herzlich wenig wer mich sieht. "Essen!" antwortete ich. Lukas öffnete mit seinem Ellenbogen die Tür und schloss sie mit dem anderen Ellenbogen. "Du würdest auch erst was essen wenn du nur in Unterwäsche wärst. Hab ich Recht?" lachte er. "Wahrscheinlich schon. Nichts geht über Essen." lachte ich mit.

Nach dem Essen -es gab Pancakes und Rührei- trug Lukas mich wieder hoch und ich erlaubte ihm mir was zum Anziehen rauszusuchen. Währenddessen saß ich in der Badewanne und entspannte mich ein bisschen. Duschen wird in der Woche nichts, da ich meinen Dusch-stuhl nicht mitgenommen habe und nicht extra ins Bad von Marie wollte. Ich spürte die Wärme vom Wasser, aber Berührungen konnte ich nicht spüren. Mein Handy klingelte und ich streckte mich um an das Fensterbrett zu kommen auf dem mein Handy lag. Ich schaffte es und nahm ab ohne drauf zuschauen wer es war. "Ja?" fragte ich. "Hey Hanna. Wie geht es dir? Wie ist es bei Lukas?" fragte eine mir bekannte Stimme am anderen Ende. "Oh hey Lily. Mir geht es super. Ich bin froh mal woanders sein zu können, das hier ist wirklich Hammer. Aber wie geht es dir? Das interessiert mich mehr." sagte ich. "Naja. Ich komm ganz gut zurecht. Hast du... Hast du ihn gesehen?" fragte Lily vorsichtig. "Ja, er hat mich vom Bahnhof abgeholt. Er hat mich auch nach dir gefragt."
"Ok... Gibt's was neues bei dir und Lukas?" wechselte sie das Thema. "Jap. Eine große Neuigkeit." begann ich. Ich erzählte ihr was gestern vorgefallen war, mit meinen Beinen und von dem was der Arzt gesagt hatte.
Wir quatschten noch eine Weile und verabschiedeten uns dann. Es klopfte an der Tür und sie ging einen Spalt auf. Lukas kam rein und legte die Klamotten auf einen Hocker. Aber er kam nicht einfach ganz normal rein sondern hielt sich die Hand vor die Augen. Süß. "Du kannst die Hand wegnehmen. Man sieht eh nichts vor lauter Schaum." lachte ich. Er schaute kurz zwischen zwei Fingern durch und ließ dann die Hand fallen, als er sah das ich Recht hatte.

"Wenn du dich kurz umdrehst und mir ein Handtuch gibst, kannst du mir raus helfen." sagte ich nach ein paar Minuten peinlichen Schweigens. Ich zog den Stöpsel, damit das Wasser ablaufen konnte und Lukas drehte sich um. Nachdem das Wasser verschwunden war, nahm ich das Handtuch aus Lukas' Hand welche er hinter sich hielt. Damit verdeckte ich das wichtigste, während Lukas die Klamotten vom Hocker nahm, damit ich mich daraufsetzen konnte.
Dann hob er mich aus der Wanne und setzte mich auf dem Hocker ab. "Schrei einfach, wenn du mich wieder brauchst." Ich nickte und Lukas verschwand.
Ich trocknete mich so gut wie möglich ab und schaute mir an was für Klamotten er mir rausgesucht hatte. Rote Spitzenunterwäsche, einen schwarzen Skaterrock und eine ärmellose schwarz weiß karierte Bluse. Ich zog alles an -wobei ich fast vom Hocker fiel- und rief nach Lukas. Meine nassen Haare stopfte ich in einen unordentlichen Dutt. Die Tür öffnete sich und er streckte den Kopf rein. "Fertig?" Ich nickte. Lukas kam auf mich zu und hob mich hoch.

"Was machen wir heute?" fragte ich Lukas. "Keine Ahnung. Was du willst. Ich hätte vorgeschlagen, dass ich dir ein bisschen Hannover zeige und wir uns dann auf eine Wiese setzen und Picknick machen." antwortete er. "Oh ja das klingt cool." sagte ich schon voller Vorfreude. Ich schnappte mir den Rucksack der immer an meinem Rollstuhl hinten dran hing, mit den wichtigsten Sachen, und fuhr in die Küche. "Hallo Birgit. Lukas und ich wollen ein Picknick machen. Was können wir zum essen mit nehmen?" fragte ich seine Mutter die in der Küche stand und ein bisschen aufräumte. "Mich!" sagte Lukas todernst und wollte in den Rucksack steigen. Ich lachte laut los. "Dich esse ich später!" versuchte ich genauso ernst zu sagen. Birgit schüttelte nur grinsend den Kopf. "Im Prinzip könnt ihr alles nehmen was ihr findet." lachte sie. "Schau mal was du so im Kühlschrank findest." Ich fuhr zum Kühlschrank und fand zwei fertig Salate wo nur noch das Dressing reingekippt werden muss, Weintrauben, kleine Tomaten, Käsewürfel und Melone. Ich packte alles in den Rucksack und ließ die Melone von Michael schneiden. Lukas hatte währenddessen eine Decke, Getränke und leichte Jacken für Abends geholt. Das stopfte er auch in den Rucksack.

Kiss me (Lukas Rieger FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt