Chapter 31

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Als ich am nächsten Tag aufwachte hatte ich einen Mordshunger. Ich hörte das Wasser im Bad laufen, also war Leo vermutlich duschen. Ich stand auf und schaute meinen Tagesplan. Noch vor dem Frühstück musste ich einen Spaziergang im Park machen, dann Essen und dann wieder schwimmen. Dann Gangschule, Mittag, Physio, freies Laufen, Fahrrad fahren und nochmal Gangschule. Zu guter Letzt noch Abendessen und dann Schlafen. Ich legte den Plan zurück auf den Tisch und suchte mir dann was zum Anziehen raus. Heute wollte ich was bequemes anziehen, deswegen entschied ich mich für eine Leggins und ein Longshirt. Socken und Unterwäsche noch dazu und dann wartete ich kurz bis Leo frisch geduscht aus der Dusche kam. Dann ging ich ins Bad und duschte ebenfalls.
Gemeinsam gingen wir raus in den Park, weil auch er laufen musste. Eine Pflegerin nahm uns die Krücken ab und hielt uns die Tür auf. Dafür, dass es erst 8 Uhr war schien die Sonne ziemlich stark. In den letzten Tagen hatte ich vergessen trotzdem die Zeit hier zu genießen. "Danke." sagte ich an Leo gerichtet, der wie ich die Augen zu hatte und die Sonnenstrahlen genoss. "Wofür?" fragte er und schaute mich nun an. "Für gestern Abend." sagte ich und lächelte ihn an. "Lass uns einfach nicht darüber sprechen. Du hättest das selbe für mich getan."
Wir liefen los und achteten gar nicht auf die Menschen um uns drumherum. Wir redeten, lachten und genossen die Gegenwart des jeweils anderen. Ich bin froh, dass kein anderes Zimmer mehr frei war. "Also du hast drei große Brüder und eine kleine Schwester?!" fragte ich nochmal nach. Er nickte. "Ach du Schreck. Und das hast du überlebt? Mir ist meine große Schwester und mein kleiner Bruder manchmal schon zu viel." lachte ich. "Ich wurde oft aufgezogen und geärgert, aber das ist es ja, was eine gute Geschwisterbeziehung ausmacht." lächelte er. "Oha krass. Trotz des geringen Altersunterschied mache ich gar nicht so viel mit meiner Schwester..." stellte ich fest. "Mach das mal. Gerade als deine Schwester kann sie deine beste Freundin sein." sagte er.

Leo erzählte mir lustige Geschichten aus seiner Kindheit mit seinen Brüdern und ich hatte endlich ein ehrliches Lächeln auf den Lippen.

Heute konnte ich mich bei den was ich tat, nie konzentrieren, weil Leo mich dauerhaft ablenkte. Heute hatte er genau die selben Termine wie ich und ich bin sicher, dass er die Pfleger darum gebeten hat.
Beim Schwimmen, zog er mich unter Wasser und sprang halb auf mich drauf. Bei der Gangschule stellte er mit immer ein Bein und lachte wenn ich fiel. Beim Mittagessen bewarf er mich mit Erbsen. Bei der Physio musste er warten bis ich fertig war und er dann durfte und er tat so als wolle er unbedingt der Physiotherapeutin helfen und kitzelte mich, wenn er mich 'massieren' wollte. Und jetzt hatten wir freies Laufen. Manche schummelten und versteckten sich im Zimmer um nicht laufen zu müssen, aber ich wollte laufen. Gerade als wir raus gehen wollten, kam ein junger Pfleger auf uns zu. "Hanna, Leondre. Ich muss euch jetzt leider die Krücken abnehmen. Der Arzt sagt, ihr seid soweit um alleine zu laufen." sagte er. Ich reichte ihm sofort die Krücken und Leo zögerte noch einen Moment eh er sie abgab. Ich fragte nicht weiter nach.
Wir liefen die selbe Runde wie schon am Morgen, ließen uns aber deutlich mehr Zeit, da wir ohne Krücken viel langsamer voran kamen. "Wieso haben wir heute eigentlich exakt die gleichen Termine?" fragte ich auch wenn ich die Antwort schon wusste. Ich wollte testen, ob er ehrlich zu mir ist. "Naja, früher oder später hätte ich die Termine sowieso machen müssen, also habe ich einfach darum gebeten sie mit dir zu machen." sagte er und zuckte dabei mit den Schultern.

Die letzten paar Tage vergingen wie im Flug und ich habe tatsächlich angefangen es zu genießen.
Die letzten beiden Tage, an denen Leo schon weg war, telefonierte ich wieder mehr mit meinen Eltern, mit Lily und vor allem mit Lukas. Er hatte am Wochenende nichts vor und wollte mich besuchen kommen. Er hatte endlich seinen Führerschein gemacht und würde alleine zu mir kommen.
Diese Nachricht motivierte mich dann für die letzten Tage, an denen ich wieder alleine war. Ich habe es ja nicht für möglich gehalten, aber inzwischen konnte ich rennen. Zwar noch nicht ganz so lange Strecken, aber ich war vollkommen zufrieden mit dem was ich in diesen zwei Wochen geschafft habe. Ich muss mich unbedingt irgendwie bei Leo bedanken. Vielleicht finde ich ihn auf Instagram. Ich war schon echt doof zu vergessen ihn nach seiner Nummer zu fragen.

Tag der Abreise. Meine Koffer waren gepackt und ich hatte nur noch kurz einen Besuch beim Chefarzt und dann durfte ich gehen. Gehen. Ohne Rollstuhl. Ohne Krücken. Ganz unabhängig. Meine Eltern hatten mir bereits gestern Abend verraten, dass sie mein Zimmer renoviert haben, aber wie es aussieht weiß ich nicht. Ich ging in das Chefarztzimmer und ließ mich noch einmal kurz untersuchen. "Alles prima. Du bist eine klasse Patientin. Bei dir scheint alles von alleine zu gehen. Ich wünsche dir viel Erfolg mit deinen neuen Fähigkeiten und hoffe dich hier nie mehr sehen zu müssen." lachte er. Ich mag diesen Arzt. "Dankeschön. Das hoffe ich auch. Tschüss." Ich schüttelte ihm noch die Hand und ging dann zum Letzten Mal in mein Zimmer. Dort nahm ich meinen Koffer und meine Handtasche, den Schlüssel noch und dann ging ich. Den Schlüssel gab ich bei der Empfangsdame ab und dann lief ich raus. Etwas weiter sah ich schon meine Eltern. Ich rannte auf sie zu und je näher ich kam desto deutlicher sah ich die Tränen meiner Mutter und auch Papa wischte sich kurz über die Augen.

Daheim angekommen begutachtete ich erstmal mein Zimmer und war erstaunt. Es sah so schön aus. Ich hatte ein großes Himmelbett und einen normalen Kleiderschrank. Einen neuen Schreibtisch mit Stuhl, einen Schminktisch, ein Regal und gegenüber vom Bett sogar einen Fernseher. Sie hatten sogar meine Wand gestrichen. Alles war in einem hellen grau, einem leichten rosa und goldenem Akzent, wie zum Beispiel die Lampen, gehalten. Es gefiel mir sehr. Ich ließ mich ins Bett fallen um es aus zu testen. "Schau dir Mal das Bad an."sagte Henry der ganz freudig auf und ab sprang. Offensichtlich freute er sich, dass ich wieder da war und mir mein Zimmer so gefiel. Ich stand auf und ging ins Bad. Ich erkannte es kaum wieder. Dadurch, dass ich nicht mehr so viel Platz brauchte um mit dem Rollstuhl lang zukommen, hatten sie mir eine Badewanne reingestellt und eine neue kleinere Dusche. Das Waschbecken wurde weiter oben angebracht, genauso wie die Toilette. Es sah aus wie ein normales Bad. Ich ging ins Wohnzimmer zu meinen Eltern und bedankte mich überschwänglich bei Ihnen. Dann rannte ich die Treppen hoch in Helenas Zimmer. "Helena!" sagte ich und umarmte sie. "Ein Engel hat mir geraten mehr Zeit mit dir zu verbringen, also stell dich schon mal darauf ein." lachte ich. "Alles klar. Was haben die dir denn für Drogen gegeben?" fragte sie grinsend. "Die 'Gute Laune'-Droge. Und das geile ist, dass diese Droge keine negativen Nachwirkungen haben." sagte ich grinsend und verschwand auch wieder aus ihren Zimmer. Dann ging ich wieder in mein Zimmer und packte meinen Koffer aus. Der Schrank hatte zwei Schiebetüren. Die eine war gleichzeitig ein Spiegel und die andere war das selbe hellrosa wie auch an der Wand.
Lukas würde morgen kommen und weil ich gerade eh nichts besseres zu tun hatte, bezog ich schon mal Bettwäsche für ihn. Dann machte ich mich Bettfertig -natürlich durfte dabei ein Bad in der neuen Badewanne nicht fehlen- und chillte mich dann ins Bett. Hunger hatte ich nicht, deswegen machte ich auch schon alle Lichter aus. Schlafen konnte ich aber noch nicht. Dafür war ich viel zu aufgezogen. Deswegen ging ich auf Instagram und suchte gefühlt das ganze Internet nach einem Leondre Devries ab. Und tatsächlich habe ich ihn dann gefunden. Suhtorii. Wie kommt man auf so einen Namen? Ich schrieb ihm direkt und keine zwei Sekunden später kam schon eine Antwort.

L: Ob du es glaubst oder nicht aber ich hab dich auch gerade gesucht😂

H: Ha! Ich war schneller😂

L: Lass morgen schreiben ich bin fix und fertig und brauche dringend Schlaf.

H: Ok. Ich inzwischen auch. Schlaf schön.

Er schickte mir noch schnell seine Nummer und ich speicherte ihn als 'Leoboii💕' ein. Dann schloss ich mein Handy ans Ladekabel und legte es auf mein Nachtschränkchen. Ich kuschelte mich ein und schlief erstaunlich schnell ein.




Kiss me (Lukas Rieger FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt