Chapter 18

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Lukas' Pov:
Wir gingen durch die Straßen Hannovers und schauten uns jedes Schaufenster an. Bei einem staunte Hanna, weil sie ein schönes Armband sah. "Gefällt dir das?" fragte ich sie. "Ja..." hauchte sie fast. "Soll oder eher darf ich dir das kaufen?" fragte ich weiter. "Nein, das möchte ich nicht." sagte sie entschlossen und fuhr weiter. Ich lief neben ihr her und beobachtete sie von der Seite. "Wollen wir in den Park gehen und dort dann was essen?"fragte ich sie. "Hast du schon hunger?" fragte sie und sah mich stirnrunzelnd an. "Nein, aber ich glaube, dass das spannender ist als sich sämtliche Schaufenster anzuschauen." murmelte ich vor mich hin. "Gut, dann machen wir was spannenderes. Wir gehen in die Läden rein." grinste sie und zeigte auf den New Yorker der direkt neben ihr war. "Wenn du das willst gerne." Ich schiebe sie durch die Tür rein und sie sah sich um. "Wir gehen jetzt in die Herrenabteilung und verpassen dir zumindest für zwei Minuten ein Umstyling." Sie steuert von selbst den Fahrstuhl an, da die Herrenabteilung unten war. "Wenn du meinst." sagte ich skeptisch und folgte ihr einfach.

Eine halbe Stunde später hatte ich eine pinke Hose und einen karierten Pullover an. Dazu braune Lederschuhe und ein lila Halstuch. Ich stellte mich vor den Spiegel und betrachtete mich skeptisch. "Wow. Ich hab gedacht, dass ich scheiße aussehe, wenn ich aufwache, aber DAS... Hanna werde bitte keine Modeberaterin oder so." Ich nutzte den Moment um eine lustige Story für Instagram zu machen und zog dann schnell wieder meine normalen Klamotten an. "So. jetzt können wir was essen." grinste Hanna.

Im Park angekommen breitete ich die Decke aus und Hanna ließ sich darauf fallen. Sie 'sortierte' ihre Beine und lehnte sich entspannt an den Baum der da stand.
Ich setzte mich zu ihr und wir starrten eine Weile in den endlos weiten Himmel.
Es herrschte Schweigen zwischen uns, aber kein unangenehmes Schweigen, sondern ein angenehmes.
Keiner traute sich etwas zu sagen, weil wir beide einfach diesen Moment genossen. Die Gegenwart von Hanna war so angenehm, dass ich nie wieder was anderes machen wollte als bei ihr zu sein. Bei ihr hab ich nicht das Gefühl DER Lukas Rieger zu sein sondern ein stinknormaler Jugendlicher. "Was willst du nach der Schule machen?" durchbrach ich schließlich die Stille. Hanna öffnete ihre Augen und sah mich an. "Ich weiß nicht genau. Eigentlich wollte ich in die therapeutische Richtung gehen. Sowas wie Ergotherapie oder Physiotherapie. Vielleicht auch irgendwas mit Psychologie. Aber dank meiner körperlichen Einschränkung werde ich wahrscheinlich irgendwas im Büro machen müssen. Steuerberater oder so. Und ja ich weiß, dass ich für Ergotherapie und Physiotherapie kein Abitur brauche." antwortete sie. Ich legte meinen Kopf schief und sagte: "Ich denke du kannst es trotzdem schaffen einen deiner Wünsche zu erfüllen. Ich meine es gibt bestimmt auch Psychologen die im Rollstuhl sitzen und wer weiß, vielleicht sitzt du ja irgendwann nicht mehr im Rollstuhl." Hanna sagte nichts mehr dazu und zog den Rucksack auf ihren Schoss. Den öffnete sie und sah hinein. Sie holte alles an Essen raus und stellte es zwischen uns sodass wir beide an alles dran kamen. Dann nahm sie sich einen Salat und begann den zu Essen. Ich nahm mir ebenfalls einen Salat.

Während des Essens redeten wir über alles mögliche. Von Luis und Lily angefangen über meine Tour hin zu der Geschichte von Mike Singer und mir.
"Ich weiß, dass ich mich nicht korrekt benommen habe und Fehler gemacht habe, aber auch er ist nicht ganz unbeteiligt. Ich versuche inzwischen immer häufiger auch in der Öffentlichkeit zu zeigen, dass von meiner Seite aus alles okay ist. Aber von ihm kommt halt gar nichts." sagte ich.
Hanna lehnte sich an mich und sagte: "Ich weiß nicht so wirklich was ich dazu sagen soll. Mike hat offensichtlich kein Interesse an Kontakt mit dir, also kannst du ihn schlecht dazu zwingen, aber ich finde es gut, dass du der Öffentlichkeit zeigst, dass es jetzt nur noch an Mike liegt. Du kannst es Mike nicht immer Recht machen, aber das was du tun konntest hast du getan, deswegen hilft jetzt nur abwarten."
Wir redeten noch eine Weile darüber und machten uns langsam auf den Weg nach Hause, weil es langsam kalt wurde.

Als ich am Abend im Bett lag und Hannas ruhigen Atem zuhörte, dachte ich über sie nach. Ich mag es wenn sie lächelt, wenn sie sich über mich aufregt, wenn sie mich wegen meiner Dummheit auslacht, wenn sie schläft, wenn sie versucht Ernst zu bleiben ja sogar wenn sie traurig ist. Sie ist so ein hübsches Mädchen und hat so viel Verständnis für einfach alles. Sie ist dankbar, hilfsbereit und freundlich. Sie ist immer für jeden da. Sie kümmert sich um Probleme von Leuten mit denen sie so gut wie nichts zu tun hat. Sie ist einfach für sie da. Das finde ich faszinierend. Ich könnte das nicht. Dazu bin ich manchmal viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt.
Ich setzte mich auf und machte ein kleines Licht an. Ich sah Hanna solange beim Schlafen zu bis ich müde wurde, das Licht wieder ausmachte und mich hinlegte. Es dauerte nicht lange, da schlief ich schon.

Am nächsten Morgen wachte ich von einem schluchzen auf. Ich setzte mich auf und sah zu Hanna. Sie lag auf dem Rücken, starrte an die Decke und weinte. "Hey... Was ist los?" fragte ich sie. Sie zeigte auf ihre Beine und sagte einfach nur: "Stechen." Dann fing sie richtig an zu weinen. Sie schluchzte lauf auf und ich sprang sofort auf und rann in das Schlafzimmer meiner Eltern. "Mama? Mama! Wach auf!" sagte ich hektisch. "Es ist kurz nach vier! Lass mich schlafen..." murmelte sie und drehte sich um. "Ich würde dich nicht um 4 wecken wenn es nicht wirklich wäre. Hanna hat extreme Schmerzen in den Beinen. Wir müssen ins Krankenhaus fahren oder so." Nun stand sie sofort auf, zog sich schnell irgendwas über und folgte mir in mein Zimmer. Hanna versuchte überall hinzuschauen nur nicht zu ihren Beinen. Mama zog die Decke runter und zog scharf die Luft ein. Ich sah zu ihren Beinen und mir klappte ebenfalls der Mund auf. Ihre Beine waren komplett angeschwollen und rot. Ich hob sie hoch und trug sie die Treppe runter. Mama wuselte um mich drum rum und holte eine Decke und den Autoschlüssel. Dann öffnete sie mir alle Türen die mir den Weg versperrten. Ich legte Hanna auf den Rücksitz, deckte sie zu und setzte mich so zu ihr, dass sie ihren Kopf auf meinen Schoss legen konnte. Mama fuhr schneller als erlaubt -was um die Uhrzeit eh keinen juckt- zum Krankenhaus. Dort trug ich Hanna direkt in die Notaufnahme. Als eine Schwester mich sah, holte sie direkt eine Liege. "Was ist passiert?" fragte sie mich. "Keine Ahnung. Sie ist hüftabwärts gelähmt, zeigt aber schon Besserungen. Sie lag weinend im Bett und sagte sie hat einen stechenden Schmerz. Ihre Beine sind sehr geschwollen und rot. Mehr weiß ich nicht." sagte ich hektisch. Ich war wie ausgewechselt und bekam nur noch die Hälfte mit. Irgendein Arzt meinte, dass irgendwas eingeklemmt ist und sie operieren müssen oder so. Keine Ahnung.
Ich saß mit Mama im Flur vor einer Tür an der groß und fett 'OP 3 - Zutritt verboten' stand. Irgendwann konnte ich nicht mehr sitzen und lief im Gang auf und ab. Stunden vergingen und es kam niemand raus. Inzwischen war es kurz vor acht. Ich hatte mich gerade wieder hingesetzt, als ein Handy klingelte. Es war das von meiner Mutter. Sie ging ran. "Ja?... Wir sind im Krankenhaus.... Hanna hatte Schmerzen und geschwollene Beine... Lukas ist bei mir, aber Marie ist daheim... Ich weiß nicht. Sie wird noch operiert... Danke Schatz... Bis gleich." Es war also Papa. Ich starrte auf die Uhr und dann auf die Tür. "Papa und Marie bringen uns gleich was zu Essen." sagte Mama leise. Sie wusste das nicht Mal Essen mich jetzt glücklich macht. Ich starrte wieder zur Uhr. Und wieder zur Tür. Und dann ging die Tür plötzlich auf.



Kiss me (Lukas Rieger FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt