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Das Ticken der Wanduhr wollte einfach kein Ende nehmen. Es war der letzte Schultag vor den großen Sommerferien. Die Sonne schien mit voller Pracht in das Klassenzimmer, in dem die Jalousien schon lange nicht mehr ihren Zweck erfüllten, und ließ den Raum von Minute zu Minute unerträglicher werden. Wie kommen Lehrer eigentlich auch auf die Idee am letzten Schultag auch noch richtigen Unterricht zu machen? Die Parallelklasse machte es sich bereits im Schatten einer großen Kastanie gemütlich und das Lachen einiger Schüler war zu hören, während die Klasse von Herrn Schwartz sichtlich gelangweilt und ungeduldig auf das Einläuten der Ferien wartete.

Ein junges Mädchen mit schulterlangen, dunkelblonden Haaren und Sommersprossen saß in der hintersten Reihe und schaute immer wieder von der tickenden Wanduhr zurück aus den Fenster. Ihre Anspannung und ihre Ungeduld waren förmlich in ihren kristallblauen Augen zu erkennen. Das eintönige Gerede von Herrn Schwartz hat sie mittlerweile komplett ausgeblendet, so dass das junge Mädchen erst wieder durch das energische Antippen ihrer Sitznachbarin Nora aus ihren Gedanken gerissen wurde. „Hannah, ich weiß, es ist der letzte Schultag und alle warten sehnlichst danach endlich aus dem Schulgebäude rauszukommen, aber das wird auch nicht viel schneller gehen, wenn du nur aus dem Fenster guckst. Wir sind doch schon dabei die Zeugnisse auszuteilen. Würdest du jetzt bitte nach vorne kommen und dein Zeugnis entgegennehmen?", sagte Herr Schwartz leicht genervt, konnte sich aber dennoch ein kleines Grinsen nicht verkneifen, als Hannah dank Nora hochschreckte und völlig perplex nach vorne Richtung Tafel starrte: „Bitte, was?", fragte Hannah und merkte wie ihr die Röte zu Kopf stieg. Sie hasste es, wenn sie rot wurde, denn kontrollieren konnte Hannah das Rotwerden beim besten Willen nicht. Im Gegenteil; Wenn Hannah auf ihre Röte im Gesicht angesprochen wurde, nahm ihr Gesicht zur Belustigung ihrer Mitschüler ein noch dunkleres rot an. „Dein Zeugnis, Hannah. Würdest du dir das jetzt endlich hier vorne abholen?", wiederholte Herr Schwartz. „Oh...ehm... ja sicher", sagte Hannah, lief nach vorne zum Lehrerpult und versuchte das Gekicher ihrer Mitschüler zu ignorieren. Sie nahm ihr Zeugnis entgegen und wollte so schnell wie möglich wieder auf ihren Platz zurück als sie zu Ben schaute, der demonstrativ einen roten Schnellhefter hochhielt und mit der freien Hand immer zu seinem Ordner und ihrem Gesicht zeigte. Hannah merkte, wie ihr Gesicht förmlich glühte und senkte den Blick. „Und wieder hat es funktioniert. Eine Tomate ist nichts dagegen", lachte Ben und einige Mitschüler stiegen mit in das Lachen ein. Hannah wäre am liebsten im Erdboden versunken. Immer wieder dasselbe. Ben musste immer solch eine Situation ausnutzen, um Hannah noch mehr in Verlegenheit zu bringen. Nora schaute ihre Banknachbarin mitfühlend von der Seite an. Sie wusste, dass es das Beste war Hannah erst einmal zu ignorieren, damit die Schamesröte schneller aus dem Gesicht verschwinden konnte und ihr noch mehr peinliche Blicke erspart blieben. „Gleich ist es soweit, Hannah, dann sind endlich Ferien und wir sind erlöst", sagte Nora nach einer Weile. Hannah wendete ihren Blick zu Nora und grinste sie schief an: „Ja, ich weiß. Die letzten Minuten hier in diesem miefigen Klassenzimmer ziehen sich aber auch wie Kaugummi und ich kann es kaum erwarten sie endlich wieder zu sehen. Das grenzt schon an Folter!" Nora wollte gerade antworten, als die Schulglocke ertönte, alle Schüler aufsprangen und ihre Taschen schulterten, um mit schnellen Schritten die Klasse zu verlassen. „So ihr lieben, dann wünsch ich euch schöne erholsame Ferien", versuchte Herr Schwartz noch seine Schüler zu übertönen, die jedoch schon gar nicht mehr zuhörten.

„Endlich erlöst", dachte Hannah und schnappte sich ihren Rucksack. „Nora, ich wünsche dir viel Spaß in Italien. Das wird bestimmt ein ganz toller Urlaub!", sagte Hannah und drückte Nora fest an sich. „Es ist echt schade, dass du die ganzen Ferien nicht da bist. Ich hätte dir meine beste Freundin so gerne vorgestellt." „Glaub mir Hannah, nach allem, was du mir erzählt hast, hätte ich Meike auch sehr gerne kennen gelernt, aber mein Bruder heiratet ja nicht jeden Tag", lachte Nora. „Maite. Meine beste Freundin heißt Maite", sagte Hannah und grinste, als Nora ihre Stirn in Falten legte, dann aber lachte. „Meike, Maite klingt doch alles gleich! Nun geh schon. Ich sehe es dir doch an, dass du so schnell wie möglich nach Hause willst. Du redest ja schon die ganze Zeit von nichts anderem mehr, außer, dass Maite endlich wieder in Köln sein wird." Dankend sah Hannah ihre Freundin an und drückte sie noch einmal zum Abschied. „Danke Nora und nach den Ferien will ich Fotos von der Hochzeit sehen und von deinem angeblich schrecklichen Kleid!". „Haha sehr witzig, das Kleid ist wirklich grauenvoll. Du wirst schon sehen und viel Spaß mit Maite!", rief Nora Hannah noch hinter her, aber Hannah war schon aus dem Klassenzimmer verschwunden und mit einem breiten Lächeln im Gesicht den Flur Richtung Ausgang gerannt.

Beste FreundinnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt